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Achtung Falle: Scheinselbständigkeit

Besonders in der letzten Zeit wird vornehmlich im Zuge von Prüfungen durch die Gebietskrankenkasse die Tätigkeit als Selbständiger nicht anerkannt und von einer „Scheinselbständigkeit“ ausgegangen.
Ernst Denk

Es ist als positive Entwicklung zu sehen, dass auch in Österreich immer mehr Menschen an Stelle eines Angestelltenverhältnisses den Schritt in die Selbständigkeit wagen und meist in der Form eines Ein-Personen-Unternehmens (EPU) als Subunternehmer für andere Marktteilnehmer tätig werden. Grund hierfür kann einerseits der Wunsch nach Unabhängigkeit, Flexibilität und freier Arbeitseinteilung sein, andererseits bieten gerade diese Selbständigen der Wirtschaft als Auftraggeber die Möglichkeit, kostenschonend und flexibel auf die jeweiligen Markterfordernisse zu reagieren und wirtschaftliches Risiko weiterzugeben.

Abgaben rückwirkend für fünf Jahre

Hierbei wird jedoch des Öfteren eine „Falle“ sowohl für den als Subunternehmer Tätigen als auch für dessen Auftragnehmer übersehen: Besonders in der letzten Zeit wird nämlich vornehmlich im Zuge von Prüfungen durch die Gebietskrankenkasse die Tätigkeit als Selbständiger nicht anerkannt und von einer „Scheinselbständigkeit“ ausgegangen. Ergibt eine Prüfung der Gebietskrankenkasse, dass tatsächlich ein Dienstverhältnis vorliegt, so können die Abgaben rückwirkend für fünf Jahre eingefordert werden. Dazu kommen noch mögliche Nachforderungen für Lohnsteuer durch die Finanzbehörden. Die Folge davon sind neben der möglichen Beendigung der guten Zusammenarbeit mit Subunternehmern Belastungen der Unternehmen, welche unter Umständen existenzbedrohende Folgen für die Beteiligten haben. Betroffen sind hiervon insbesondere Branchen, welche in den letzten Jahren vermehrt auf die Zusammenarbeit mit Subunternehmen gegriffen haben, wie Immobilienmakler, Bau- und Baunebengewerbe, Unternehmensberater, Trainer, Pfleger, Journalisten, Reinigungspersonal und EDV-Unternehmer. Hierbei ist es für die Sozialversicherungsträger und die Finanzbehörden ohne jeglichen Belang, ob der Subunternehmer sich bewusst für die Selbständigkeit entschieden hat und eine Zusammenarbeit in Form eines Dienstverhältnisses ausdrücklich abgelehnt wird. Sofern nach den Bestimmungen des ASVG von einem Dienstverhältnis ausgegangen wird, liegt eine Pflichtversicherung vor und müssen die Subunternehmer angestellt werden. Grundlage für diesen zunehmenden Zwang in die Unselbständigkeit ist eine völlig unbestimmte Rechtslage, nämlich § 4 Abs. 2 ASVG: Gemäß dieser Bestimmung ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, „wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird“. Der Inhalt dieses völlig unbestimmten Gesetzesbegriffs wurde in den letzten Jahren durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes teilweise – wenn auch widersprüchlich - ausgefüllt, dieser wird jedoch durch die Gebietskrankenkassen immer weiter ausgelegt, was dazu führt, dass keinerlei Privatautonomie der Beteiligten mehr vorliegt. Ausgegangen wird hierbei keinesfalls von den tatsächlich vorliegenden schriftlichen oder mündlichen Vereinbarungen zwischen Subunternehmer und Auftraggeber, sondern diese bilden bloß einen Anhaltspunkt. Einzig von Bedeutung ist die faktische Abwicklung des Vertragsverhältnisses, welche durch Befragung und Interpretation durch die Gebietskrankenkassen, meist im Zuge einer Prüfung, ermittelt wird. Hierbei werden die Subunternehmer oftmals durch eingehende Befragungen zu widerlegen versucht und ist hier schon die Teilnahme eines Subunternehmers an einer Weihnachtsfeier des Auftraggebers Anlass dafür, von einer Scheinselbständigkeit auszugehen. Oftmals kommt sowohl der Subunternehmer als auch der Auftraggeber in die Situation einer Beweislast, wenn der Anschein gegen eine selbständige Tätigkeit spricht, und werden oftmals für die Entscheidung Kriterien herangezogen, welche mit dem tatsächlichen Wirtschaftsleben nichts zu tun haben.

Fehlen einer persönlichen Arbeitspflicht

Besonders wichtig für das Vorliegen der persönlichen Unabhängigkeit und damit Selbständigkeit ist das Fehlen einer persönlichen Arbeitspflicht. Ein solches wird aber nur dann eingeräumt, wenn der Subunternehmer berechtigt ist, jederzeit nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen. Hierbei muss jedoch auch nachgewiesen werden, dass eine solche Vertretung – abseits von Urlaub und Krankheit – tatsächlich stattgefunden hat. Auch darf sich der Subunternehmer nicht durch andere Subunternehmer, die ohnedies schon für seinen Auftraggeber tätig sind, vertreten lassen. Hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsort muss der Subunternehmer völlig frei sein, es muss ihm möglich sein, für mehrere Auftraggeber parallel tätig zu sein und es darf der Subunternehmer weder einer Konkurrenzklausel noch einer Kontrolle durch den Auftraggeber unterliegen. Um seine wirtschaftliche Unabhängigkeit nachzuweisen, muss der Subunternehmer einen Erfolgslohn erhalten und sind sämtliche Betriebsmittel von diesem selbst zur Verfügung zu stellen. Dieser muss allein das Unternehmensrisiko tragen, eine vollumfassende unternehmerische Struktur (wenn möglich einschließlich Mitarbeiter, Buchhaltung etc.) aufweisen und bloß einer eingeschränkten sachlichen Weisung durch den Auftraggeber unterliegen. Der Subunternehmer darf daher keinesfalls in die Betriebsorganisation des Auftraggebers eingebunden sein.

Risikominimierung

Obwohl aufgrund der völlig unbestimmten Gesetzeslage und der nicht ganz einheitlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes niemals mit Sicherheit im Voraus das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit sichergestellt werden kann, sollten zur Risikominimierung folgende Eckpunkte bei der Gestaltung des Geschäftsverhältnisses beachtet werden: Es sollte ein schriftlicher Werkvertrag abgeschlossen werden, in welchem jegliche Analogien zum Angestelltenverhältnis zu vermeiden sind. Hierbei dürfen keinesfalls fixe pauschale Monatsentgelte oder gar Urlaubsregelungen vereinbart werden und muss ein zu erstellendes Werk, ein Projektanfang und der Projektverlauf dargelegt werden. Die Bezahlung ist leistungsbezogen festzulegen. Der Subunternehmer sollte nachweisbar mit seinen eigenen Betriebsmitteln arbeiten und eine vom Auftraggeber völlig unabhängige Unternehmensstruktur aufweisen. Des Weiteren sollte ausdrücklich vereinbart (und auch tatsächlich nachweislich gelebt) werden, dass sich der Subunternehmer nach Gutdünken jederzeit durch Dritte vertreten lassen kann und auch tatsächlich vertreten lässt. Aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre ist jedoch davon auszugehen, dass insbesondere bei Prüfungen durch die Gebietskrankenkasse im Zweifel von einem Dienstverhältnis ausgegangen wird. Bei Unklarheiten sollten daher jedenfalls alle Rechtsmittel ergriffen und schließlich auch der außerordentliche Rechtsweg an die Höchstgerichte gegangen werden.
Autor: Ernst Denk, Ehem. Lektor und Universitätsassistent für Verfassungs- und Verwaltungsrecht an der Universität Wien; Vorstandsmitglied zahlreicher Privatstiftungen sowie Mitglied diverser Aufsichtsräte Spezialgebiete: Wirtschaftsrecht, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, Liegenschafts- und Mietrecht, Mergers & Acquisitions, Verfassungs- und Verwaltungsrecht, Immaterialgüterrecht,Familien- und Erbrecht