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Aengevelt prognostiziert veränderte Anforderungen an Wohnungen

Home-Office, Home-Learning, Home-Fitness, Home-Shopping und Anderes wird auch nach Beendigung des Corona-Lockdowns zu dauerhaft veränderten Anforderungen an Ausstattung, Größe, Zuschnitt und Lage von Wohnungen führen. Aengevelt Research zeigt auf, welche zukünftigen Kriterien bei Neubau, Modernisierung und Umbau zu berücksichtigen sind.
Amelie Miller
Homeoffice
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© Pixabay

Die Signale sind eindeutig: Nach einer Studie des ifo-Instituts wollen 54% der Unternehmen das Arbeiten im Homeoffice dauerhaft anbieten. Die Hochschulen haben bereits über zwei volle Semester nahezu vollständig auf digitales Lernen umgestellt. Der Preissprung für Heimtrainer zeigt den Trend zum Workout in der eigenen Wohnung ebenso wie die Verdoppelung des Umsatzes des Online-Trainings- und Geräteanbieters Peloton. Amazon wächst von Rekord zu Rekord, ebenso wie zahlreiche weitere Versandhändler. Der Videokonferenzanbieter Zoom hat seinen Umsatz gegenüber dem Vorjahr vervierfacht. Die Verlagerung zahlreicher Aktivitäten des täglichen Lebens in die Wohnung ist teilweise den Lockdowns geschuldet, liegt aber auch im Rahmen eines langfristigen Trends, der sich bereits seit Jahrzehnten beobachten lässt und mit Begriffen wie „Cocooning“, „Homing“ oder „Hygge“ bezeichnet wird. 

Viele Gründe sprechen für die Beibehaltung solcher Heimaktivitäten: Geräte und technische Einrichtungen sind beschafft und wollen weiter genutzt werden, lästige und kostspielige Pendelfahrten werden gespart, vielleicht hat man sogar das Auto komplett abgeschafft, man hat sich in digitale Angebote eingefuchst und beherrscht sie jetzt, man hat gute Erfahrungen mit digitalen Angeboten gemacht, man verfügt über eine bessere Work-Life-Balance. 

An den Wohnungsmärkten sind die Trends bereits angekommen. Nach einer Umfrage von Aengevelt Research vom Oktober 2020 nehmen 59% der Marktakteure eine gestiegene Nachfrage nach größeren Wohnungen wahr. 76% sagen, dass Terrassen oder Balkone wichtiger werden, und knapp die Hälfte sieht eine Verlagerung der Nachfrage aus den Innenstädten in die Umlandbereiche – was bereits als „neue Stadtflucht“ bezeichnet wird. Die Immobilienexperten raten Eigentümern und Investoren, sich bereits jetzt auf die veränderte Nachfrage einzustellen:

  • Ein separates Arbeitszimmer wird immer wichtiger. Paarhaushalte brauchen Wohnungen mit mindestens 3½ Zimmern, mitunter fragen sie sogar Wohnungen mit zwei Arbeitszimmern nach, damit beide z.B. parallel an Videokonferenzen teilnehmen können. Bei konstanter oder leicht zunehmender Wohnfläche sind damit wieder Grundrisse gefragt, die mehr Räume bieten. Der Trend zu offenen Grundrissen ist damit gestoppt. 
  • Vermieter und Verkäufer können bei Arbeitszimmern auch mit besonderen Qualitäten punkten, wie guter Belichtung und integrierter arbeitsplatzgerechter Beleuchtung (LED-Einbaustrahler) oder sogar einer separaten Erschließung. Bei guter Belüftung eignet sich ein Arbeitszimmer auch als Standort für die Fitnessgeräte. 
  • Zum kritischen Faktor ist der Schallschutz zwischen den Räumen der gleichen Wohnung geworden, insbesondere zwischen dem Arbeitszimmer und anderen Zimmern, z.B. Kinderzimmern. 
  • Eine leistungsfähige IT-Infrastruktur wird zu einem Qualitätsmerkmal der Wohnung – mit Breitbandkabelanschluss und/oder schnellem WLAN im Gebäude, Stromanschlüssen und Multimediaanschlüssen überall dort, wo man sie braucht. 
  • Balkon oder Terrasse sind ohnehin Pflicht. Zunehmendes Gewicht gewinnen Qualitätsmerkmale wie Größe, Regenschutz, Regulierbarkeit von Sonne und Schatten sowie Abstellmöglichkeiten. 
  • Zunehmend werden effiziente Vorkehrungen gegen Sommerhitze in der Wohnung verlangt, die die Kehrseite der immer besseren Gebäudedämmung darstellt. Intelligente Lösungen bestehen in robusten Verschattungssystemen, in der Bauteilaktivierung mit Grundwasser oder im Umkehrbetrieb von Wärmepumpen. Notlösungen stellen Klimaanlagen mit Energiesparfunktion dar. 
  • Mit der Zunahme des Online-Shopping, auch bei Lebensmitteln, wird es wichtiger, Lösungen für die Paketzustellung zu finden. Die Installation von Kühlboxen für Lebensmittellieferungen ist sicherlich übertrieben, aber Einwurfklappen für Pakete wären sinnvoll, alternativ die Paketannahme durch Hausmeister, Kioske oder Dienstleister in der Nähe. 
  • Zunehmend zum Problem wird auch das Abstellen von Fahrrädern und E-Bikes, für das bessere Lösungen gefunden werden müssen als der Keller, viel zu kleine Garagen oder flächenintensive Fahrradboxen.

Matthias Brinkmann von Aengevelt Research: Corona wird auch im Wohnungsbau ein Umdenken auslösen. Die Architektur ist gefordert, Lösungen zu entwickeln, die bei Neubauprojekten, aber auch bei Maßnahmen im Bestand den veränderten Anforderungen entgegenkommen. Wir brauchen in Zukunft Grundrisse, technische Gebäudeausrüstungen und Ausstattungselemente, die die Verlagerung verschiedenster Aktivitäten in die Wohnung unterstützen.

Wenn Mieter oder auch selbstnutzende Eigentümer von Mobilitätskosten entlastet werden, steigen auch die Spielräume, größere Flächen und bessere Ausstattung zu finanzieren.

Prof. Dr. Volker Eichener von der Hochschule Düsseldorf, der die Aengevelt-Analyse geleitet hat: Der Anteil des Haushaltsnettoeinkommens, der für die Wohnung ausgegeben wird, wird weiter steigen, auch weil es bei den Mobilitätskosten zu Entlastungen kommt. Bundesweit wird der Bedarf nach Wohnfläche steigern, während sich die Summe der Büroflächen reduzieren wird. Ein positiver Nebeneffekt, den wir bereits bei den Lockdowns des Jahres 2020 beobachten konnten, ist, dass sich der PKW-Verkehr verringert und wir – auch finanzielle – Entlastungen der Verkehrsinfrastruktur erwarten können.