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Alternative Energiegewinnung

Ein Wiener Solarunternehmer mit Niederlassung auf den Malediven will die Energieversorgung von tropischen Hotels revolutionieren.
Thomas Malloth

Solarenergie am Wasser

Ein Wiener Solarunternehmer mit Niederlassung auf den Malediven will die Energieversorgung von tropischen Hotels revolutionieren.

Ein Neuling ist Martin Putschek nicht auf seinem Gebiet: Solarenergie. Putschek und seine Partner aus der europäischen Solarindustrie implementierten zusammen in 20 Jahren mehr als 500 Solarsysteme. Ein Erfahrungsschatz, von dem seine junge Firma Swimsol profitieren sollte. 2009, bei einem Besuch auf den Malediven, entstand eine neuartige Idee: Schwimmende Solaranlagen. Denn Gebiete wie eben die Malediven haben ganz spezifische Energieprobleme, erzählt Solarexperte Putschek: Auf vielen tropischen Inseln wird Strom mit Dieselgeneratoren hergestellt. Das ist nicht nur umweltschädlich, sondern auch teuer: Selbst beim aktuell niedrigen Ölpreis ist Dieselstrom mit knapp 0,20 Dollar pro kWh weltweit eine der teuersten Energieformen. Durch die allgegenwärtige Klimatisierung der Gebäude ist auch der Verbrauch enorm. Auf den Malediven gibt es neben den zahlreichen einheimischen Inseln über 100 Resortinsel, wobei eine typische Hotelinsel 2 Millionen Liter Diesel pro Jahr für die Stromerzeugung verbraucht. „Solarenergie ist nicht nur eine umweltfreundliche, sondern aufgrund der hohen Sonneneinstrahlung auch kostengünstigere Alternative zu Dieselstrom“, berichtet Putschek von den Swimsol-Anfängen.

Unbegrenzt Wasser

Allerdings brauchen größere Photovoltaikanlagen viel an freien Dach- oder Landflächen für die Solarmodule – Platz, der auf den kleinen maledivischen Inseln am Land schlichtweg nicht exisitiert. Wasserflächen hingegen sind beinahe unbegrenzt vorhanden…Aber nicht nur das.

Korallenriffe halten große Ozeanwellen ab, so dass innerhalb der Atolle das Wasser relativ ruhig ist. „Für diese Standorte wurde die schwimmende Solaranlage „Swimsol Lagoon“ entwickelt. Sie hält Wellen von mehr als eineinhalb Metern Höhe stand, ist wind- und korrosionsresistent und derzeit die einzige schwimmende Solaranlage, die am Meer eingesetzt werden kann“, erzählt Putschek stolz. Die Hauptkunden der schwimmenden Solaranlage sind Betreiber von tropischen Hotelresorts und Stromversorger. Putschek: „Für viele Hotelresorts ist Solarenergie die einzig geeignete Alternative zu teuren fossilen Energiequellen. Dank Swimsol Lagoon kann selbst ohne große Batteriespeicher 20-30% des Stromverbrauchs eines Resorts mit Solarenergie abgedeckt werden.“

Wie sieht er rückblickend seinen Einstieg in die schwimmende Solarwelt? „Während der Gründungsphase war vor allem der Kontakt zu Michael Tittmann, Gründer der Tittmann Solar GmbH, wichtig, da er über langjährige Erfahrung in der Solarbranche verfügte und dieses Wissen den Aufbau des Unternehmens wesentlich erleichterte.“ In weiterer Folge konnte mit der Technischen Universität Wien, im Speziellen dem Institut für Energietechnik und Thermodynamik sowie dem Institut für Fertigungstechnik, ein wichtiger Partner gewonnen werden, erzählt der Solar-Unternehmer. Die TU Wien war unter anderem für eine erste Machbarkeitsstudie verantwortlich und liefert bis heute wichtige Unterstützung in technischen Belangen. „Ein Meilenstein war die Fertigstellung eines ersten schwimmenden Prototypen im Maßstab 1:1 im Jahr 2013.“ Als bisherigen Höhepunkt würde Putschek die ersten kommerziellen Erfolge bezeichnen, die in den Jahren 2014 und 2015 erzielt werden konnten: So wurde im November 2014 von Swimsol die weltweit erste auf dem Meer schwimmende Solaranlage ans Netz des Hotelresorts „Four Seasons“ angeschlossen. Im April 2015 erfolgte dann die erfolgreiche Installation einer Solarplattform mit 28 kW Leistung auf der Resortinsel „Gili Lankanfushi“. Das jüngste System befindet sich auf einer lokalen Insel und besteht aus vier Plattformen mit einer Gesamtleistung von 96 kW.

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Spannende Momente

„Die wahrscheinlich größte Herausforderung für jedes neu gegründete Unternehmen ist die Finanzierung. Auch in der Geschichte von Swimsol gab es mehrere Momente, in denen das Weiterbestehen des Unternehmens auf dem Erhalt einer bestimmten Förderung beruhte. Solche Erfahrungen würde man natürlich lieber nicht machen, sie sind aber bei der Gründung eines Start-ups fast unvermeidlich“, erzählt Putschek von den Anfängen. Im Gegensatz dazu bleibt die erfolgreiche Installation der bisherigen Plattformen als sehr gute Erfahrung in Erinnerung, erzählt der Swimsol-Chef weiter. Worauf wird es in Zukunft für ein Unternehmen wie Swimsol ankommen? „Wichtige Ziele für die nächste Zeit sind die Gewinnung neuer Projekte auf den Malediven sowie der Eintritt in neue Märkte. Leichter als in der Vergangenheit wird voraussichtlich die technische Verbesserung des Produkts, da wir mittlerweile über die nötigen Erfahrungswerte verfügen“, so Putschek.

Auch die Finanzierung ist aufgrund des steigenden Bekanntheitsgrades und der ersten kommerziellen Erfolge gesichert. Durch eine erfolgreiche Kapitalerhöhung im April 2016 konnten 1,2 Millionen an frischem Geld gewonnen werden, somit steht einer großflächigen Vermarktung nichts mehr im Wege. Außerdem soll es für Privatinvestoren bald die Möglichkeit geben, sich an einzelnen Projekten zu beteiligen.

Mit dem erprobten Produkt will Putschek  in nächster Zeit auch in andere Märkte, wie z.B. Indonesien und Französisch-Polynesien, vordringen. Ein zentraler Bestandteil des langfristigen Zukunftsplanes ist das noch in Entwicklung befindliche Projekt „Swimsol Offshore“. Diese Version der Plattform soll bei Wellenhöhen bis zu 4 Metern und Wassertiefen bis zu 60 Metern funktionieren, ist Putschek überzeugt, und würde damit Solaranlagen mit mehreren 100 MW auf dem küstennahen Meer in der Umgebung von Großstädten wie Singapur möglich machen.

Solarprojekte am Vormarsch

Die Eröffnung völlig neuer Perspektiven verspricht ein Spin-off der TU Wien: die im oberösterreichischen Attnang-Puchheim residierende Heliofloat GmbH will alternative Ansätze für die Energie- und Wasserwirtschaft sowie für die Meerwasserentsalzung bieten. Ansatz war dieser, erzählt Geschäftsführer Roland Eisl: Bei großtechnischer Solarenergienutzung, etwa mit Photovoltaik oder Kollektoren, stellen Supportstrukturen einen erheblichen Kostenfaktor dar, insbesondere, wenn sie der Sonne nachgeführt werden sollen. So lag der Gedanke nahe, schwimmende Solarkraftwerke zu bauen, weil dann ein gesamtes Kollektorfeld einfach gedreht werden könnte. Herkömmliche schwimmende Plattformen auf Schiffen oder geschlossenen Auftriebskörpern müssten sehr massiv ausgeführt werden, dass die Wellenenergie keinen Schaden an der Struktur verursacht, so Eisl. Der Haken: Für solartechnische Anwendungen ist das nicht finanzierbar. So haben sich die findigen Ingenieure rund um Univ.-Prof. Markus Haider vom Institut für Leichtbau- und Struktur-Biomechanik der TU Wien auf die Entwicklung einer Supportstruktur auf Wasser gestürzt, die auch bei hohem Wellengang ruhig schwimmt. Mit dem Zusatzeffekt, dass diese Entwicklung auch preiswert sein soll, damit sie unter anderem auch für solartechnische Anwendungen kosteneffizient realisierbar ist.

Das Ergebnis: 

Eine Plattform, die auf Luftkissen schwebt (und nicht durch Wasserverdrängung schwimmt). Denn durch Luftkissen kann die Plattform vom Wellengang entkoppelt werden, erzählt Eisl weiter. Dazu wurden unten offene, flache Zylinder aus einem weichen, flexiblen Material entwickelt, die im Wasser treiben. Im oberen Bereich befindet sich Luft, die nicht entweichen kann, daher schwimmt der Zylinder, aber nach unten hin hat die Luft direkten Kontakt zum Wasser. Es gibt keinen abgeschlossenen Luftposter, sondern die Luftsäule über dem Wasser wirkt wie ein Stoßdämpfer. Die flexiblen Seitenwände der „Fässer“ nehmen nur geringe horizontale Kräfte auf, die bei herkömmlich schwimmenden Strukturen hohes Schadpotenzial bergen würden.

Die Heliofloat GmbH gibt es schon seit Anfang 2014. Seit Jahresbeginn sind die 3 Mitarbeiter des Unternehmens auf Investorensuche, wie Eisl berichtet, um eine erste Demonstrationsplattform (ca. 20x20m) ins Wasser zu bringen: „Umsatz haben wir dementsprechend noch keinen. Unsere Produkte werden zu fast 100% in den Export gehen. Unsere Plattformen ermöglichen es erstmals, großflächige Anwendungen auf dem offenen Meer zu realisieren. Das gibt‘s bis dato noch nicht.“ Die Kunden des Start-ups sind Unternehmen aus der Stromerzeugung, Öl- und Gasbohrfirmen (für Serviceplattformen oder Wohnplattformen neben den eigentlichen Bohrinseln), staatliche Organisationen, die Wasserflächen abschirmen wollen, um die Verdunstung zu minimieren.


Swimsol in Kürze

Die Swimsol GmbH hat ihren Firmensitz in Wien und einen weiteren Standort auf den Malediven. Derzeit beschäftigt das Unternehmen 15 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2014 einen Gesamtumsatz von 475.000 Euro. Das Entwicklungsbudget des innovativen Unternehmens beträgt 2,7 Mio. Euro.

Der nächste Schritt.

Ein zentraler Bestandteil des langfristigen Zukunftsplanes ist das noch in Entwicklung befindliche Projekt „Swimsol Offshore“.