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Angenehmes Klima

Gebäudekühlung. Die Raumkühlung und Klimatisierung spielt nicht nur in der Nutzung von Gebäuden eine immer größere Rolle. Das zunehmende Bedürfnis nach ausgeglichenen Raumtemperaturen das ganze Jahr über stellt auch die baulichen Möglichkeiten vor neue Herausforderungen. Kosten und Bedarf zu optimieren, ist angesagt.
Thomas Malloth

Gebäudekühlung. Die Raumkühlung und Klimatisierung spielt nicht nur in der Nutzung von Gebäuden eine immer größere Rolle. Das zunehmende Bedürfnis nach ausgeglichenen Raumtemperaturen das ganze Jahr über stellt auch die baulichen Möglichkeiten vor neue Herausforderungen. Kosten und Bedarf zu optimieren, ist angesagt.

Die Gebäudekühlung ist sowohl im Wohnbau als auch in gewerblichen und industriellen Gebäuden ein immer mehr in den Vordergrund rückendes Thema. Daniela Trauninger arbeitet seit 2010 an der Donau-Universität Krems am Department für Bauen und Umwelt und leitet dort das Zentrum für Bauklimatik und Gebäudetechnik. Gemeinsam mit ihrem Institutskollegen Markus Winkler forscht sie an Lösungen in Sachen Gebäudeklimatik. „Die Gebäudekühlung nimmt im Vergleich zum Heizenergiebedarf einen stetig höher werdenden Stellenwert ein“, beschreibt Trauninger den Trend, der auch den Wohnungsbau erfasst hat. Obwohl laut Bauordnung der Kühlenergiebedarf durch ausreichende Speichermassen und passive Kühlstrategien (Verschattung, Nachtlüftung etc.) minimal sein muss, nehme der Einbau von Klimageräten kontinuierlich zu, weiß die Forscherin. „Eine gute und umsichtige Planung kann bereits sehr viel Kühlenergie einsparen“, bestätigt Winkler. Ebenso beeinflusst der Gebäudetyp und damit die angestrebten Solltemperaturen den Kühlenergiebedarf ganz maßgeblich. In manchen Bereichen, wo die Klimarandbedingungen sehr eng gehalten werden müssen (z.B. in Museen oder Krankenhäusern), sind die Ansprüche an die Klimatisierung der Räume sehr hoch. In anderen Bereichen sind größere tageszeitliche Temperaturschwankungen durchaus zulässig.

Gebäude der Zukunft

Eine Veränderung ortet Susanne Formanek hinsichtlich der künftigen Rolle von Gebäuden. Die Präsidentin des Österreichischen Instituts für Baubiologie und Bauökologie (IBO) sowie Senior Expert bei der Österreichischen Energieagentur sieht in Zukunft viele unterschiedliche, wichtige Rollen, die Objekte übernehmen: „Gebäude rüsten sich für die Zukunft! Sie mutieren zu Abkühlorten, Lebensmittelproduzenten (Stichwort vertical farming), Gesundheitsoasen und Energielieferanten sowie -speichern (Stichwort Smart grids) und Kommunikationsplattformen wie auch Entertainern (Stichwort Sprachsteuerungen).“ Mit dem Anspruch, ein behagliches Sommerklima dauerhaft anzubieten, verändern sich aber auch wieder der Energiebedarf und die Infrastruktur, betont Formanek: „Zurzeit steigt durch die höheren Außentemperaturen, den erhöhten Komfortanspruch, fehlende Speichermasse im Leichtbau sowie Südorientierung der Gebäude ohne ausreichende Verschattung der Anteil der Klimaanlagen. Das bedeutet, dass der Stromverbrauch pro Haushalt ebenfalls steigt.“ Die starke Nachfrage nach Abkühlung könne aber auch mit Alternativen gestillt werden, weiß die Energieexpertin, die besonders auf einen Punkt Wert legt: „Betrachtet man die Ursachen des Klimawandels, so sollte unser gesetztes Ziel gänzlich ohne den Einsatz energieintensiver Klimatisierung erreicht werden.“ Wenn es in Regionen eine nächtliche Abkühlung unter 20 °C gibt, besteht ein begrenztes, aber nutzbares Potenzial zur „natürlichen“ Wärmeabfuhr, das jedenfalls ausgeschöpft werden sollte, so Formanek. Die „klimaneutrale Methode“ kann eine natürliche Lüftung mit einem effektiven Luftwechsel schaffen. „In den Ballungsräumen und überall dort, wo mit einem deutlichen Anstieg der Anzahl der Tropennächte zu rechnen ist, werden wir ohne Technologieunterstützung jedoch nicht auskommen“, glaubt die IBO-Präsidentin.

Kühlmaßnahmen im Neubau und Bestand

Zu welchen – technischen – Maßnahmen der Gebäudekühlung gegriffen wird, hängt zunächst einmal davon ab, ob im Neubau oder im Bestand geplant wird. „Im Neubau geht so ziemlich alles“, meint etwa Christian Steininger, Haustechnikexperte bei Vasko+Partner. Besonders angesagt sind Lösungen mit Bauteilaktivierungen, erzählt Steininger, wobei es einiges dazu zu beachten gibt: „Es ist immer auch eine Lüftungsanlage – zur Entfeuchtung – notwendig bzw. dringend empfohlen. Auch das Thema Raumakustik ist in diesem Fall von Bedeutung.“ Im Bestand sind, so Steininger, Flächenkühlungen im Allgemeinen eher schwieriger aufgrund des notwendigen Platzbedarfs: „Hier kann man sich alternativ mit so genannten Fancoils – also Ventilatorkonvektoren – behelfen“, erläutert Steininger. Anbieten – vor allem im Altbau wegen der Raumhöhe – würde sich auch das Einziehen von Zwischendecken (Kühldecken), allerdings sollte es eine gute Belüftung geben, erläutert der Haustechnik-Spezialist: „Sonst hat man ein Kondensatproblem.“ Ähnlich verhält es sich bei einer Fußbodenkühlung: Diese ist in der Leistung begrenzt und ohne gute Belüftung ist man auch hier mit dem Kondensatproblem konfrontiert, resümiert Steininger.

Natürliche und technologische Kühlmaßnahmen

Wohnraumlüftungen: Sie sind technisch ausgereift und bei Passiv- und Niedrigenergiehäusern meist erfolgreich in Anwendung und können sowohl bei Neubau wie auch bei Bestandsgebäuden angewendet werden. Niedrigenergie- und Passivhäuser setzen den Einbau von Komfortlüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung voraus. Behaglichkeit und Energieeinsparungen werden dabei durch ein ausgeklügeltes Baukonzept erreicht.

Beschattung: Solare Einträge liefern im Sommer meist den größten Beitrag hinsichtlich der Erwärmung. Dieser Wärmeeintrag kann durch eine geeignete Beschattung deutlich reduziert werden. Ein Best Practice-Beispiel dazu ist das 2015 fertiggestellte BRG Kremszeile.

Bauwerksbegrünung: Bauwerksbegrünungen (Gründächer, Grünfassaden) in der Stadt sind mannigfaltig und bieten (neben der Schaffung von Lebensräumen für viele bedrohte Tierarten) in Städten gute Alternativen, bei Herausforderungen wie u.a. bei Starkregen Überflutungen zu verhindern, die Luftqualität zu verbessern, aber vor allem auch die Hitzeentwicklung zu bekämpfen und die Hitzeempfindung positiv zu beeinflussen – und zwar sowohl in den Gebäuden als auch außerhalb.

Einsatz von speicherwirksamer Masse: Mit dem Trägheitseffekt der speicherwirksamen Masse (abhängig vom Baumaterial) wird die Reaktionszeit des Gebäudes auf Temperaturschwankungen beeinflusst. So reagieren Gebäude mit leichter Bauweise rascher auf nächtliche oder wetterbedingte Abkühlungen, wärmen sich aber auch leichter auf. Best Practice-Beispiel dazu ist der Campus der Wirtschaftsuniversität Wien. Im Rahmen dieses großen und anspruchsvollen Projektes hinsichtlich des Energiekonzepts konnte die Bauteilaktivierung in optimierter Weise umgesetzt werden.

Fazit aus diesen Angeboten für Energieexpertin Susanne Formanek: „Die Kombination macht es aus: Begrünung, Beschattung, Belüftung ist die effizienteste!“

Manuel Krempl, Energieexperte bei der e7 Energie Markt Analyse GmbH, berichtet aufgrund jüngster Erfahrungen bei Planungswettbewerben, dass hier große Verbesserungen beim Kühlbedarf möglich sind – „wenn darauf geschaut wird“, wie er betont. So wird bei der Haustechnikplanung stark auf die Option Free Cooling geachtet (grob gesprochen: Kaltes Grundwasser oder natürliche Gewässer werden über Tiefenbohrung „angezapft“; kühle Umgebungsluft wird mittels Ventilatoren zur Kühlung genutzt). Welche Anlagen dabei effizient sind bzw. den gewünschten Bedürfnissen entsprechen, kann über die Website www.eurovent-certification.com leicht abgerufen werden, rät Krempl. Das Prinzip der Fernkälte ist ebenfalls ein Thema, zählt jedoch schon zu den umfangreicheren Projekten. Wien Energie hat ein solches Projekt derzeit in Arbeit. Das System ist vergleichbar mit Fernwärme, wobei hier ein Objekt über ein 2-Leiter Netz mit Kaltwasser versorgt wird, erläutert Krempl. Der Versorger stellt am Übergabepunkt Kaltwasser auf einem bestimmten Temperaturniveau zur Verfügung und die Abrechnung erfolgt nach kWh Kälte.

Herausforderungen in der Zukunft

In Zukunft werden die Kühllasten und –mengen weiter steigen, glauben die Bauklimatik-Experten Daniela Trauninger und Markus Winkler von der Donau-Uni Krems. Grund dafür sind steigende Temperaturen durch den Klimawandel und eine zunehmende Verdichtung und Versiegelung einerseits und veränderte architektonische und technologische Rahmenbedingungen wie z.B. erhöhte Verglasungsflächen und eine Zunahme elektronischer Geräte andererseits. Gleichzeitig werden sich aber auch neue Technologien zur Gebäudekühlung durchsetzen und weiterentwickeln, ist Trauninger überzeugt: „Wir gehen davon aus, dass in Zukunft die Kühlung und Heizung nicht mehr getrennt voneinander betrachtet werden, sondern das System Gebäude umfassender z.B. auch als Speicher genutzt wird und Teil eines großen erneuerbaren Energienetzes sein wird.“ Die große Herausforderung besteht dabei in der Planung, Kommunikation und Vernetzung der Gebäude mit der gesamten Infrastruktur, bestätigt auch Winkler: „Um die Energiewende zu schaffen, ist es deshalb gerade im Bereich der Baubranche wichtig, die Akteure entsprechend auszubilden.“


Bauteilaktivierung

Dieses Konzept funktioniert anders als Großspeicherlösungen: Die bestehenden Bauelemente (Decken, Bodenplatten, Zwischenwände aus Ziegel, Beton, Lehm etc.) können als Speichermasse genutzt werden. Genau dieselben Elemente werden als Wärmeabgabesystem genutzt. Als dritte Funktion erfüllen diese Elemente – in Verbindung mit einer Wärmepumpe oder einem Erdspeicher als Kühlsenke – die Funktion der Kühlung. Dadurch ist ein geringer Energiebedarf notwendig und es werden keine separaten Systeme benötigt. Es werden dieselben Systeme genutzt, mit denen im Winter geheizt wird. Die Energiequelle für die „Kühle“ ist der Erdspeicher oder die Wärmepumpe. Die Initiative Sonnenhaus Österreich hat in den letzten Jahren verstärkt das Konzept Sonnenhaus mit Bauteilaktivierung vorangetrieben und es sind auch schon zahlreiche Gebäude mit diesem System gebaut worden. Im Sonnenhaus-Konzept wird mit der Kollektorflüssigkeit direkt mittels Kupferrohre die Wärme ohne Wärmetauscher in die Betondecken eingebracht, daher hat man keine Verluste durch den Wärmetauscher. Bei Bestandsgebäuden im Zuge einer Modernisierung, Sanierung oder Optimierung ist es erheblich schwieriger, da bereits ein Fußbodenaufbau vorhanden ist und genau überlegt werden muss, wie Systemplatten eingebracht werden können. Die Versorgung kann wieder mit Wärmepumpen geschehen, die dann natürlich auch zum Heizen genutzt werden können.


Kühlmaßnahmen im Wohnbau

Die Grazer Energieagentur (GEA) unterstützt in allen Bereichen des Energiesparens und innovativer Energietechnologien mit Förderberatung, Mobilitätsberatung und auch Energiecontracting. Die energieoptimale Planung von Gebäuden ist eine komplexe und individuelle Angelegenheit, dennoch gibt es eine Vielzahl an sinnvollen und teilweise einfach umzusetzenden Maßnahmen – vor allem im Wohnbau, wie GEA-Experte Helmut Schmiedbauer-Wenig erläutert.

Maßnahmen, die auch in einem heißen Sommer gar keine zusätzliche Kühlung notwendig machen: kluge, architektonische Maßnahmen, wie Beschattung, Außenrollos, große Massen im Inneren (massive Böden, massive Innenwände), gute Wärmedämmung, Gründach, Balkone über den Südfenstern, große Bäume im Hof bzw. ums Haus. Nicht zu große Fenster. Wichtig: keine oder wenigstens nur sehr kleine Horizontalverglasungen wie Wintergartendach, Stiegenhaus, Schrägdachfenster.

Günstige und energiesparende Kühlmaßnahmen, wenn doch noch zusätzlicher Kühlbedarf notwendig ist, wie z.B. Ventilatoren, große Blumentöpfe aus Ton mit großzügiger Bepflanzung, Innenjalousien etc.

Passive Maßnahme für Kühlung in der Sanierung: „Kühlende“ (kleiner G-Wert) oder sogar kleinere Fenster, Horizontalverglasungen (Wintergartendach, Stiegenhausdach) rückbauen, Außenrollos herstellen und eventuell sogar mittels Estrich neue Speichermassen in das Haus bringen.

Aktive Kühlung: Hier wird es erstmals energieintensiv. Kleine Split-Klimaanlagen (je eine Außen- und eine Inneneinheit) bzw. mobile Klimageräte im Bestandsgebäude kosten zwar nicht viel in der Anschaffung, aber verbrauchen im Hochsommer viel zusätzlichen Strom (kann bis zu 400 Euro betragen) und produzieren kalte Luft (könnte zu Zugerscheinungen kommen). Da die aktive Kühlung energie-intensiv ist, drängt sich hier eine Photovoltaikanlage nahezu auf.

Fazit: Am besten ist es im Neubau aber immer, wenn so geplant wird, dass auch im Hochsommer keine zusätzliche Kühlung notwendig ist.