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Anleger müssen sich im September warm anziehen

Rezessionsängste werden manchem Anleger auch in den kommenden Wochen schlaflose Nächte bereiten. "Der August war hart, und der neue Monat bietet nur wenig Hoffnung für die Bullen", sagt Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com.
Michael Neubauer

Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Er rechne bestenfalls mit Zwischenerholungen in einem übergeordneten Abwärtstrend. "Es wird immer deutlicher, dass die Notenbanken eine härtere Linie bei der Inflation fahren."

Die Zentralbanken seien zu schmerzvollen Schritten bereit, um die Teuerung in den Griff zu bekommen. Der Bulle symbolisiert an der Börse die Optimisten.

Im abgelaufenen Monat fiel der deutsche Leitindex DAX um insgesamt 4,8 Prozent. Das war sein schwärzester August seit sieben Jahren. Das Minus der alten Woche summierte sich auf rund ein Prozent. Zu allem Überfluss sei der September zudem statistisch der schwächste Börsenmonat des Jahres, gibt Analyst Jochen Stanzl vom Online-Broker CMC Markets zu bedenken. "Wegen all der Unsicherheiten rund um die zukünftige Zinspolitik der Notenbanken, die steigende Inflation und die Turbulenzen am Energiemarkt befürchten die Anleger in diesem Jahr Schlimmes."

Vor dem Hintergrund der Rekord-Inflation in der Eurozone rechnen Börsianer fest damit, dass die Europäische Zentralbank (EZB) am Donnerstag den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte anheben wird. "Es wird Zeit zu handeln statt zu reden", sagt Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. "Andernfalls wird die Inflation, die bereits außer Kontrolle geraten ist, noch mehr Schaden anrichten." Gleiches gelte für die US-Notenbank Fed und die Bank von England (BoE), die im Monatsverlauf die Zinsen wohl ebenfalls kräftig anheben würden.

Im Vorlauf zum EZB-Entscheid stehen zahlreiche Konjunkturdaten auf dem Programm, die Börsianer aufmerksam auf eventuelle Auswirkungen auf die Geldpolitik abklopfen werden. Den Zahlenreigen eröffnet am Montag das Stimmungsbarometer für die deutschen Einkaufsmanager. Wenig später folgen die europäischen Einzelhandelsumsätze.

Am Dienstag und Mittwoch stehen Zahlen zu Auftragseingängen und Produktion der deutschen Industrie auf dem Terminplan. "Auch wenn viele Unternehmen weiterhin auf einem großen Auftragsberg sitzen, dürfte die Produktion gefallen sein", sagt Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen. "Denn manches Unternehmen dürfte seine Produktion angesichts der hohen Energiekosten herunterfahren."

Am Mittwoch veröffentlicht zudem die US-Notenbank ihren Konjunkturbericht, das sogenannte Beige Book. Hiervon versprechen sich Investoren eine Bestätigung ihrer Einschätzung, dass die Fed ihren Leitzins Ende des Monats ebenfalls um 0,75 Prozentpunkte anheben wird. Die Notenbank werde ihren Kurs einer straffen Geldpolitik selbst dann bis ins Jahr 2023 hinein fahren, sollte die US-Konjunktur an Fahrt verlieren, prognostizieren die Volkswirtinnen Tiffany Wilding und Allison Boxer vom Vermögensverwalter Pimco.

Das Thema Inflation und ihre Bekämpfung beschäftigt auch die Politik. Daher wollen die Finanzminister und Notenbanker der EU am kommenden Freitag darüber beraten. Bereits zwei Tage zuvor diskutieren die Energieminister über die drohende Gaskrise und deren Folgen. Unabhängig davon erwarten Börsianer zum Auftakt der neuen Woche dünne Handelsumsätze an Europas Aktienmärkten, da die Weltleitbörse in New York wegen eines Feiertags geschlossen bleibt. (apa)