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Assetklassen im Wandel: Wie geht es weiter?

Silvia Wustinger-Renezeder, CEO der CITA Immobilien Projektentwicklungsgesellschaft im Interview über die Herausforderungen in der Immoblilienwirtschaft, Klimawandel und Leistbarkeit.
Lisa Grüner
Dr. Silvia Wustinger-Renezeder
Dr. Silvia Wustinger-Renezeder
© REMG

Wie sehen Sie den Immobilienmarkt in Österreich und CEE in Zeiten von Corona, Klimaschutz, Inflation und sozialer Destabilisierung?    
Wir werden in der Immobilienwirtschaft in den nächsten Jahren neue sehr große Herausforderungen haben, um unsere mitteleuropäischen Städte dem Klimawandel der kommenden Jahrzehnte anzupassen.   Wenn Mitteleuropa eine Erwärmung wie im Süden Europas erleben wird, dann müssen die Häuser und die Straßenräume den klimatischen Herausforderungen entsprechend angepasst werden, um einen lebenswerten städtischen Lebensraum zu erhalten.   

Wie sehen die Veränderungen aus?  
Es wird eine neue Sanierungswelle hereinbrechen – Dämmung, Änderung der Beheizungssysteme, Kühlung und Beschattung der Räume, sowie eine Änderung der Energieversorgung – energieautarke Häuser, Freiräume und Balkone, grüne Inseln, Fassaden und Dachbegrünungen etc…. Das werden die Themen der nächsten Jahrzehnte sein, um unsere Städte klimafit zu machen   Die Immobilien werden weiter ein sicherer Hafen in Zeiten der Inflation bleiben – aber er werden sich zwei neue Assetklassen bei den Wohnimmobilien bilden. 

Einerseits werden die neuen bzw. renovierten und klimafitten Immobilien stabil bleiben und im Wert weiter steigen, andererseits werden die nicht renovierten Gebäude mit alten fossilen Heizsystemen und ohne Freiräume ohne Beschattung werden mit Leerstand zu kämpfen haben – bzw. könnten zu den neuen Slums verkommen …. Dagegen wird anzukämpfen sein. Auch Kühlung und Beschattung wird unser wichtigstes Thema sein.

Back to office, oder 25% Homeoffice? Wie wird sich das Büro als Assetklasse verändern?  
Nicht die Assetklasse Büro muss sich verändern – sondern der Arbeitgeber wird dramatische Anstrengungen unternehmen müssen, um Mitarbeiter zu finden und zu binden. Das Thema Mitarbeiterzufriedenheit wird das Büro gestalten und je nach Notwendigkeit wird für den jeweiligen Mitarbeiter Home-Office und Arbeit im Büro in seinem Team gestaltet und eingeteilt werden.   

Die Büros müssen den räumlichen Rahmen geben, um die besten Arbeitsplatzmöglichkeiten für den Mitarbeiter zu bieten. Danach werden sich die erfolgreichen Bürokonzepte orientieren.

Was tun, mit Büros, die niemand mehr will?    
Büros, die keiner mehr will, sind eine bestehende Bausubstanz, die ökologisch nachhaltig verwendet, also nicht abgebrochen, sondern umgenutzt werden sollte – je nach Lage für Wohnungen oder alternative mixed use Konzepte. Ein Beispiel dafür ist das 6 B 47 Projekt Althan Park.

Wie beurteilen Sie den Wohnungsmarkt?  
Der Wohnungsmarkt in Wien wird im Bereich der Mietwohnungen in den nächsten Jahren zu einem großen Überangebot an neuen Wohnungen führen. Die Mietpreise werden stabil bleiben und ich nehme an, dass die neuen gekühlten Wohnungen mit Freiräumen und guter U-Bahn Anbindung – so mancher nicht effizienten älteren Wohnung den Rang streitig machen wird – und es zu einem größeren Wohnungswechsel kommen wird – damit wird bei den älteren Wohnhausanlagen ein Leerstand entstehen – den sollte man für die Sanierung nützen. 

Im Bereich der selbstgenutzten Neubau Eigentumswohnungen wird das Angebot immer knapper werden, da viele Bauträger nur mehr großvolumigen Mietwohnbau oder kleine Vosorgewohnungen entwickeln und verkaufen – die gesuchte eigene Wohnung wird aber immer weniger auf den Markt kommen und dementsprechend teurer werden.

Und wie steht es mit dem Thema Leistbarkeit?  
Die Leistbarkeit bei den Mietwohnungen wird bei dem steigenden Überangebot am Markt sicher eher gegeben sein als die Leistbarkeit bei den Eigentumswohnungen, die immer mehr im Preis steigen werden. Auch die Investoren, werden nicht so sehr die Rendite im Auge behalten, als die sichere Anlage im Betongold – daher werden die neu errichteten klimafitten Wohnungen sehr preisstabil bleiben. 

Wie schätzen Sie diesen Markt bei Logistimmobilien ein?  
Die Nachfrage nach Logistikflächen wird sehr hoch bleiben – die Miete muss aber neu kalkuliert werden. Derzeit konkurriert der billige Bauplatz am Land weit entfernt mit den billigen Fahrtkosten mit und teuren Mieten bzw. Baugründen in der Stadt – wenn die Fahrkosten und die Mitarbeiterverfügbareit neu bepreist werden, dann kann langfristig Logistik auch am Stadtrand funktionieren.

Wie schafft man im Dreieck Entwickler – Investor -  Nutzer mehr Nachhaltigkeit?  
Wir haben Dank des green financing schon viel mehr Druck auf die Nachhaltigkeit aufgebaut. Wenn die Investoren nur mehr zertifizierte Gebäude erwerben, dann werden die Entwickler sich auf diesen Standard einstellen – davon profitieren die Nutzer, die sich nachhaltig in diesen Gebäuden wohler fühlen und auch langfristiger als Mieter zufriedene Mieter erhalten bleiben.

Wie steht es um die Finanzierung und ESG?  
Bei der Finanzierung wird die Nachhaltigkeit der Projekte immer mehr zu Thema – auch um an günstigere Finanzierungskonditionen zu kommen. Ich finde die radikale Änderung, die der Ausstieg aus der fossilen Energie mit sich bringen wird, ist noch nicht im Bewusstsein angekommen – das wird eines der spannendsten Themen für unsere Politik und Stadtplanung werden.