Die Stimmung der Unternehmer, Finanzmarktteilnehmer und Konsumenten hat sich zu Anfang des Jahres etwas verbessert. Zu den erwarteten Versorgungsengpässen ist es aufgrund des bisher milden Winters nicht gekommen, dennoch sind die konjunkturellen Hoffnungsschimmer zu schwach und die Aussichten auf das Frühjahr zu unsicher, um die Länderrisikobewertung in Europa zu verbessern, so die aktuelle Länder-Risikoanalyse des Kreditversicherers Coface. Norwegen ist weiterhin das einzige Land der 162 von Coface bewerteten Ländern mit der Bestnote A1. Die anderen Länder Westeuropas befinden sich zwischen A2 und A3 – mit Ausnahme von UK und Irland, die aufgrund des Brexit eine A4 Bewertung erhalten haben und Italien seit dem jüngsten Wahlergebnis eine B-Note hat. Österreich ist seit Beginn der Energiekrise bei A3 eingestuft. Diese Bewertung ist vor allem dem schwierigen ökonomischen Umfeld der Nachbarländer insbesondere Deutschlands geschuldet, das ganz besonders von Russischen Gaslieferungen abhängig war und nun seine Gasbelieferung neu organisieren muss. Dies hat die Energiepreise in Europa auf neue Rekordwege gebracht und auch in Österreich die Produktions- wie auch die Verbraucherpreise in die Höhe schnellen lassen.
Österreich selbst ist ebenfalls von den Gaslieferungen Russlands abhängig. Erdgas stellt mit einem Anteil von 22,7 Prozent am Endkonsum die zweitwichtigste Energiequelle nach Öl (34.5 Prozent) dar. Im Februar 2022 stammten noch 79 Prozent aller Erdgasimporte aus Russland, im November waren es nur noch 38 Prozent. Zwar ist der Anteil im Dezember 2022 wieder deutlich gestiegen, dies lag aber weniger an höheren Lieferungen Russlands, sondern das insgesamt deutlich weniger Gas eingeführt wurde und damit mathematisch der Anteil Russlands stieg. „Es wurden neue Lieferbeziehungen mit Norwegen, Nord-Afrika und Zentralasien geknüpft. Zusätzlich zeigen die privaten und öffentlichen Energiesparmaßnahmen sowie der verstärkte Einsatz anderer Energiequellen Erfolg. Der Gaskonsum im Spätherbst war noch 20 Prozent geringer war als im Vergleichszeitraum 2022 und im Dezember (einem der energieintensivsten Monate des Jahres) lag er immerhin noch 11 Prozent unterhalb des Vorjahresniveaus.
Verbesserte Kaufkraft, unsichere Aussichten
Nach einem dynamischen Wirtschaftsjahr 2022 mit einer erwarteten Wachstumsrate von etwas unter 5 Prozent, erwarten wir für das aktuelle Jahr 2023 eine Wachstumsrate von 0,5 Prozent. Die Verbraucherpreise sollten sich weiterhin auf einem hohen Niveau bewegen. Diese werden von hohen Lohnforderungen mit beeinflusst. Daher sollte sich die Kaufkraft der privaten Haushalte im Verhältnis zum letzten Jahr etwas verbessern. Dies werde sich in der privaten Investitionstätigkeit niederschlagen. Zusammen mit den zu erwarteten weiteren Zinsanhebungen der EZB um bis zu 150 Basispunkte, die den Hauptrefinanzierungssatz auf bis zu 4,0 Prozent bringen dürften, und der Verringerung der Bilanzsumme ab März 2023 um 15 Mrd. Euro pro Monat, dürfte dies die Finanzierungskosten in Österreich erheblich erhöhen. Handelsseitig sollte sich China in der zweiten Jahreshälfte 2023 von der Pandemiewelle Ende letzten Jahres erholt haben. Dies wird die Nachfrage nach Produkten aus Westeuropa, auch aus Deutschland erhöhen, wovon die Zulieferindustrie in Österreich profitieren werde; andererseits könnte sich eine erstarkte Chinesische Nachfrage negativ auf Rohstoff- und Energiepreise auswirken.
Turbulenzen in Lateinamerika
Die Länderrisikoveränderungen finden zum Anfang des Jahres 2023 weniger in der westlichen Welt denn bei einzelnen Entwicklungsländern statt, wobei erneut die Herabstufungen überwiegen: In Lateinamerika kam es in den letzten Wochen vermehrt zu politischen Turbulenzen. Davon war vor allem Peru betroffen, das bis dato mit einer Risikoeinschätzung von A4 noch relativ gut für ein lateinamerikanisches Land bewertet worden war. Haiti ist ein weiteres Land der Region, dessen Länderrisiko herabgestuft worden ist. Der Inselstaat hatte noch nie eine gute Risikoeinschätzung und wurde seit Mitte der 2000er mit einem Risiko von D bewertet.