"Seit April sehen wir, dass auffällig viele Projekte gestrichen werden", sagte Ifo-Forscher Felix Leiss. Die Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau in Deutschland hätten sich in den vergangenen Monaten massiv verschlechtert. "Explodierende Baukosten, steigende Finanzierungszinsen und eingeschränkte Fördermöglichkeiten belasten die Kalkulation potenzieller Bauherren schwer", sagte Leiss. "Einige Projekte werden damit unrentabel."
Bis vor wenigen Monaten hätten die Weichen im deutschen Wohnungsbau noch auf Wachstum gestanden. Die Unternehmen verfügten auch immer noch über prall gefüllte Auftragsbücher. "Aber mit Blick auf die künftige Entwicklung greift die Angst um sich", sagte Leiss weiter. Sehr viele Betriebe befürchten Geschäftsrückgänge: Der Erwartungsindikator fiel auf minus 48,3 Punkte und markiert damit den niedrigsten Stand seit Beginn der Erhebung 1991. Der bisherige Tiefststand war erst im vergangenen April erreicht worden mit minus 47,4 Punkten.
Die Lieferengpässe bei Baustoffen haben sich mittlerweile etwa gebessert. "Dennoch ist das Material weiterhin vielerorts knapp und damit teuer", sagte Leiss dazu. Im August klagten 36,4 Prozent der deutschen Unternehmen über Lieferprobleme. Im Juli waren es noch 45,6 Prozent. Die hohen Energiepreise verteuerten das – in der Herstellung oft energieintensive – Baumaterial zusätzlich. Sehr viele Bauunternehmen planen vor diesem Hintergrund weitere Preiserhöhungen, fanden die Ifo-Experten heraus.
Wegen der Energiekrise befürchtet die Branche in Deutschland sogar vermehrt Firmenpleiten. "Wir werden sicherlich einen Zuwachs sehen", sagte Chefökonom Andreas Geyer von der Bundesvereinigung Bauwirtschaft (BVB) kürzlich. Die Insolvenzen seien dank der positiven Entwicklung zehn Jahre gesunken. Nun falle es den Betrieben schwer, die enorm gestiegenen Energiekosten an ihre Kunden weiterzureichen. (apa/reuters)