Für die nachstehenden Analysen der wichtigsten Teilmärkte des österreichischen Immobilienmarkts wurden folgende Annahmen getroffen:
Die Marktanalysen wurden von den Spezialisten mehrerer EHL-Unternehmen vorgenommen. Sie stehen Ihnen für weitere Informationen gerne zur Verfügung:
Wohnungsmarkt: Sandra Bauernfeind, Geschäftsführerin EHL Wohnen GmbH
Büromarkt: Stefan Wernhart, Geschäftsführer EHL Gewerbeimmobilien GmbH
Einzelhandelsimmobilien: Mario Schwaiger, Bereichsleiter Einzelhandelsimmobilien, EHL Gewerbeimmobilien GmbH
Investment: Franz Pöltl, Geschäftsführung EHL Investment Consulting GmbH
Aktuelle Situation
Im Vergleich zur Zeit vor Beginn der Krise sind die Anfragen hinsichtlich Anmietung oder Kauf einer Wohnung drastisch zurückgegangen und liegen zwischen 30 und 40 Prozent des Normalniveaus. Das ist angesichts der gegenwärtigen Prioritäten in einem durchschnittlichen Privathaushalt keineswegs überraschend. Bereits wenige Tage nach der von der Bundesregierung verhängten Einschränkung persönlicher Kontakte ist bereits klar ersichtlich, dass die Zugriffe auf Online- Informationen und die vermehrt zur Verfügung stehenden Online-Besichtigungen mittels 3D- Technik, die EHL bereits seit längerer Zeit seinen Kunden anbietet, stark steigen. Geplante Anmietungen, die vor Ausbruch der Krise angebahnt wurden und für die bereits Besichtigungen erfolgt sind, werden von einem großen Teil der Interessenten weiterverfolgt bzw. werden bereits dieser Tage abgeschlossen. Auch die Übergaben von Wohnungen werden von den Hausverwaltungen gemäß den derzeit geltenden Hygienevorschriften durchgeführt. Bei Eigentumswohnungen kommt es wegen der wirtschaftlichen Verunsicherung zu vereinzelten Rücktritten von Kaufangeboten, es gibt aber auch in geringerem Ausmaß neue Kaufanbote. Geringer fällt der Rückgang bei Vorsorgewohnungen aus. Die Zahl der Anfragen liegt bei etwa 50 Prozent des Normalniveaus. Hier steht den offensichtlichen negativen Einflussfaktoren ein steigendes Interesse seitens Investoren gegenüber, die nach dem Aktiencrash die vergleichsweise hohe Stabilität von Immobilieninvestitionen suchen.
Mittel- und langfristige Folgen
Die längerfristigen Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt werden voraussichtlich geringer ausfallen als auf den gewerblichen Immobilienmarkt, da die Nachfrage nach Wohnraum weniger stark von der konjunkturellen Situation abhängig ist als beispielsweise die Nachfrage nach Einzelhandels- oder Büroflächen. Steigende Arbeitslosigkeit kann allerdings im Wohnungsbereich einen dämpfenden Effekt auf die Nachfrage haben. Andererseits gehen wir davon aus, dass die Suche nach möglichst sicheren Veranlagungen bei solventen Käufern eine steigende Nachfrage nach Eigentums- und Vorsorgewohnungen bewirken wird. Die Schließung der meisten Baustellen und deutlich langsamerer Baufortschritt auf den wenigen verbliebenen wird die Produktion zusätzlicher Wohnungen empfindlich bremsen. Anzunehmen ist, dass dies auch über die Phase der krisenbedingten Einschränkungen hinaus der Fall sein wird, weil häufig Zulieferunternehmen mit ihrer Produktion in Verzug geraten. In Wien wird die für heuer erwartete Zahl von 19.000 zusätzlichen Wohnungen voraussichtlich nicht erreicht werden können – das Ausmaß der weiteren Entwicklung hängt von der weiteren Entwicklung der Pandemie und den wirtschaftlichen Konsequenzen ab.
Aktuelle Situation
Die Krise hat bereits in den ersten Tagen zu einer deutlichen Reduktion der Nachfrage nach Büroflächen geführt. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die meisten Unternehmen derzeit mit Maßnahmen zur Bewältigung der Krise beschäftigt sind. Darüber hinaus verzeichnet der Markt auch erste Absagen für bereits geplante Anmietungen. Von weiter fortgeschrittenen Mietvertragsgesprächen, bei denen es schon eine Einigung über die wesentlichen wirtschaftlichen Parameter gibt, wird voraussichtlich ein Großteil weitergeführt werden und im Regelfall sollten diese auch tatsächlich erfolgreich abgeschlossen werden können. Büroanmietungen, die sich noch in einem frühen Stadium befinden, werden entweder sistiert oder mit mäßiger Geschwindigkeit fortgeführt.
Mittel- und langfristige Folgen
Zahlreiche Unternehmen werden nach Überwinden der Krise ihre Expansionspläne kritisch hinterfragen. Das wird teilweise zur zeitlichen Verschiebung von Anmietungen führen, und bei Unternehmen, die durch die Krise nachhaltig in Mitleidenschaft gezogen wurden, wird es auch zur Absage von Umzugs- und / oder Expansionsplänen kommen. Insgesamt wird es entscheidend sein, wie die staatlichen Stützungsmaßnahmen wirken und wann sich ein Ende der Pandemie abzeichnet. Bis sich die konjunkturelle Situation wieder entspannt hat, werden Mieter tendenziell eher Mietvertragsverlängerungen anstreben.
Positiv hervorzuheben ist, dass aktuell in Wien kein nennenswerter Leerstand zu verzeichnen ist (Q1 2020; 4,7 %) und auch die heuer auf den Markt kommenden Objekte bereits großteils vorverwertet sind. Ein starkes Überangebot an Flächen ist daher nicht zu erwarten, da die Fertigstellung von in Bau befindlichen Bürogebäuden deutlich verspätet erfolgen wird. Die langfristigen strukturellen Auswirkungen der Coronakrise auf den Büromarkt sollten keinesfalls unterschätzt werden. Ereignisse wie diese Pandemie könnten zu einer tiefgreifenden Umwälzung der Arbeitswelt führen. Die Digitalisierung wird deutlich rascher voranschreiten und analog zum Onlinehandel wird auch die Bedeutung des virtuellen Büros bzw. Heimarbeitsplatzes deutlich zunehmen. Als weitere Auswirkung für den Wiener Büromarkt ist eine geringere Nachfrage nach Co-Working-Flächen zu erwarten. Es ist davon auszugehen, dass Finanzierungen für neue Büroprojekte künftig noch penibler geprüft werden und Projekte von den Banken nur mit einem entsprechenden Vorvermietungsgrad finanziert werden.
Aktuelle Situation
Einzelhandelsimmobilien sind von den aktuellen Marktverwerfungen besonders betroffen. Abgesehen vom boomenden Lebensmittelhandel sind fast alle übrigen Flächen mit kleineren Ausnahmen für Anbieter des täglichen Bedarfs wie beispielsweise Drogeriemärkte und Apotheken derzeit auf behördliche Anordnung hin geschlossen. Allein in den Geschäften der 242 österreichischen Einkaufszentren kommt es laut aktuellen Schätzungen zu einem täglichen Umsatzausfall von rund 30 Mio. Euro. Zahlreiche Vermieter sehen sich mit Forderungen nach Mietreduktionen aufgrund der Unbenutzbarkeit der Flächen konfrontiert, insgesamt betrifft dies nach aktuellen Schätzungen Mieten im Ausmaß von rund 90 Mio. Euro pro Monat.
Mittel- und langfristige Folgen
Zu erwarten ist auch eine Verschlechterung der Bonität zahlreicher Mieter. Ein wesentlicher Teil der Einzelhändler, Gastronomiebetriebe und Dienstleistungsunternehmen wird nach der Krise nur dann solvent bleiben, wenn das staatliche Stützungspaket greift und die beschlossenen Einschränkungen spätestens im 3. Quartal aufgehoben werden können. Ungeachtet dessen ist damit zu rechnen, dass sich der Strukturwandel auf dem Markt für Einzelhandelsimmobilien verschärfen wird. Expansive Handelsketten werden ihre Expansionspläne redimensionieren oder zeitlich strecken, bereits begonnene Reduktionen des Filialnetzes werden vielfach beschleunigt werden. Auch wird der Trend zum Online-Einkauf durch die aktuelle Situation weiter verstärkt, da viele bisher nicht online-affine Kunden gezwungenermaßen beginnen, im Netz einzukaufen. Der Flächenbedarf von nicht durch Onlineeinkäufe substituierbaren Geschäftsmodellen im Bereich der Gastronomie und der Dienstleistungen wird hingegen kaum sinken. In einer besonders problematischen Situation befindet sich die Modebranche, da voraussichtlich ein Großteil der bereits für die Sommersaison eingekauften Ware bis zur Wiedereröffnung der Geschäfte wertlos geworden sein wird. Hier muss wohl auch bei den großen internationalen Ketten mit radikalen Schnitten gerechnet werden.
Aktuelle Situation
Die Transaktionstätigkeit im Bereich des gewerblichen Investmentmarktes ist gegenüber dem Vorkrisenniveau deutlich reduziert, aber nicht völlig zum Erliegen gekommen. Insbesondere wenn Objekte bereits besichtigt wurden und Kaufverhandlungen ein fortgeschrittenes Stadium erreicht haben, werden diese vielfach fortgeführt. Allerdings sind auch zahlreiche Gespräche unterbrochen und neue Transaktionen werden derzeit kaum gestartet. Teilweise liegt das an rein technischen Problemen (keine Flüge, keine Besichtigungsmöglichkeiten, Heimarbeit, Mitarbeiter in Quarantäne, etc.), teilweise an der Verunsicherung über die weitere Entwicklung. Da Investoren bei neuen Angeboten noch abwarten, lässt sich auch noch nicht sagen, ob die von Bankenseite bekundete Bereitschaft, neue Finanzierungen zu gewähren bzw. ihre Kapazitäten, sich um neue oder noch wenig fortgeschrittene Investitionsvorhaben zu kümmern, tatsächlich gegeben sind.
Deutlich geringer sind die akuten Auswirkungen der Krise auf Investments in Wohnimmobilien. Das Interesse an Veranlagungen in Zinshäuser oder Neubauobjekte ist weiterhin gegeben, aufgrund der hohen Volatilität auf den Aktienmärkten sind auch einige neue, sicherheitsorientierte Interessenten dazugekommen. Sehr positiv ist, dass sich bisher noch keine Bestandshalter gezwungen sehen, Assets unter Zeitdruck zu verkaufen. Hingegen bekunden besonders liquiditätsstarke Investoren bereits jetzt vorsorglich großes Interesse, falls Objekte in der näheren Zukunft kurzfristig zu günstigen Konditionen zum Verkauf stehen sollten.
Mittel- und langfristige Folgen
Als Folge der Krise wird es zu einer stärkeren Differenzierung der Preise kommen: Die Renditen für Projekte, die langfristig gesicherte Cashflows bringen, könnten sogar noch etwas profitieren, generell aber werden die Risikoaufschläge tendenziell steigen. Das betrifft sowohl Eigenkapital-, als auch Fremdkapitalinstrumente. Die stabilsten Aussichten bestehen derzeit für Wohninvestments, da die Nachfrage nach Wohnraum nur in geringem Maß von der Konjunkturentwicklung abhängt, und private Haushalte in hohem Maß von den staatlichen Maßnahmenpaketen profitieren sollten. Büroobjekte mit langfristigen Mietverträgen mit bonitätsstarken Mietern werden ebenfalls weiter gesucht sein und sollten ihr Bewertungsniveau jedenfalls halten können. Bei den Renditen für teilvermietete Objekte oder solchen mit kurzen Restlaufzeiten ist hingegen mit steigenden Risikoaufschlägen und dementsprechend sinkenden Wertansätzen zu rechnen. Am herausforderndsten stellt sich die Situation in den Sektoren dar, die direkt und in voller Härte von den krisenbedingten Einschränkungen betroffen sind, beispielsweise Einzelhandels- und Hotelimmobilien. Beide generieren derzeit kaum laufende Erträge und die (potenziellen) Nutzer werden auch nach der Aufhebung der aktuellen Restriktionen noch länger mit den Folgen der Krise zu kämpfen haben. Dies könnte zu höheren Risikoaufschlägen sowohl seitens der Banken, als auch seitens der Investoren führen. Daher wird es umso wichtiger sein, starke Mieter/Betreiber, gute Lagen und nachhaltig erzielbare Mieten/Pachten zu vereinbaren. Immobilien, die dies nicht bieten können, werden mit schlechteren Bewertungen und tendenziell fallenden Preisen zu kämpfen haben.