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Bad Boys

Auch am Immobiliensektor gibt es immer wieder solche, die sich nicht an die Regeln halten wollen. Hier einige spektakuläre Fälle.
Reinhard Krémer

Haltet den Dieb. Auch am Immobiliensektor gibt es immer wieder solche, die sich nicht an die Regeln halten wollen - doch die meisten der „bösen Buben“ verbringen dann ihren Lebensabend bei Vollpension mit extrem eingeschränkter Bewegungsmöglichkeit im Hotel Adler. Hier einige spektakuläre Fälle.

Erinnern Sie sich noch? Die Fälle tauchten Ende der 80er des vorigen Jahrhunderts zuerst in einer ORF-Sendung auf: Meist sehr junge, unerfahrene Menschen hatten eine Wohnung oder auch Beteiligungen an Zinshäusern erstanden - und mussten dann sehr bald feststellen, dass die Quartiere bereits auch anderweitig verkauft worden waren. Oft stritten sich gleich drei oder vier Familien um dasselbe Apartment. Eine Grundbuchseintragung hatte keiner von ihnen; dafür wurde beim Unterschreiben des Kaufvertrages das Geld gleich in bar übergeben. Es dauerte eine ganze Weile, bis sich auch die Behörden einschalteten, doch dann stellte sich rasch heraus: Der zentrale Punkt der Dramen war ein Rechtsanwalt namens Ronald Itzlinger. Itzlinger hatte seit 1989 desolate Mietshäuser vor allem in Wien gekauft und saniert. Gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Josef Fuchshuber hatte er die entstandenen Eigentumswohnungen über die „Wiener Liegenschafts-Verwaltung“ am Markt angeboten - und Dutzende Familien investierten. Itzlinger fungierte bei den Deals als Treuhänder - dabei wurde der Bock zum Gärtner: 170 Mal soll der Rechtsanwalt in den Treuhandtopf gegriffen haben.

Villa, Yacht und Rolls

Mit dem Geld trug Itzlinger dann dick auf: Er erwarb rund 75 Prozent des von der Börsenkammer wegen Überschuldung suspendierten Wiener Börsenmaklers Rotter und Co. für 13,49 Millionen Schilling (fast eine Millionen Euro) und baute sich unter anderem eine riesige rosa Villa am Fuße des Hainburger Braunsbergs mit eigenem Hubschrauberlandeplatz. Man fragt sich dann, ob der Mann allen Ernstes gedacht hat, dass die Sache auf ewig gut gehen würde. Sogar ein TV-Film wurde über den Möchtegern-Immobilien-Tycoon gedreht: „Der Hausherr“ hieß das heftige TV-Porträt über Itzlinger, für das die Macher sogar den begehrten „Professor Claus Gatterer-Preis“ erhielten. Auf drastische Weise zeigte der im März 1995 gesendete Film die armseligen Wohnverhältnisse, denen sich die Mieter in den rund 80 von Itzlinger verwalteten Zinshäusern ausgesetzt sahen. Der Jurist, der einst für die Erzdiözese Wien ausstehende Kirchenbeiträge eingetrieben hatte, ließ sich seinerseits in Filmstar-Pose in seinem Rolls Royce oder vor seiner pompösen Villa filmen. Doch der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht - auch im Fall Itzlinger: Als das Imperium des Advokaten zusammenbrach und sich dieser im Februar 1995 nach Südamerika absetzte, platzte die Bombe: Itzlinger hatte zwar die Gelder entgegengenommen, aber die Eigentümer notorisch nie ins Grundbuch eintragen lassen. Dutzende Familien standen schließlich durch Itzlingers Malversationen vor dem finanziellen Ruin. Dafür nannte der Anwalt neben seiner Villa ein Traumhaus in der Karibik, eine Jacht, ein Motorboot und einen Fuhrpark sein eigen, der sogar Ari Onassis zur Ehre gereicht hätte. Auf einen eigenen Chauffeur konnte da selbstverständlich nicht verzichtet werden.

Kaiser, König, Häf´nbruder

Nachdem in der Fernsehfahndung „Aktenzeichen XY“ sein Konterfei über die Bildschirme geflimmert war, gab der Jurist schließlich auf. Er kehrte nach achtmonatiger Flucht nach Wien zurück und stellte sich der Polizei. Ex-Anwalt Ronald Itzlinger ging mit seinem Immobilienimperium mit Passiva von rund 500 Millionen Schilling in die Insolvenzstatistik des KSV ein; das Gericht nahm einen Gesamtschaden in Höhe von 118 Millionen Schilling (rund 8,6 Millionen Euro) an. Ein Dreiersenat des Oberlandesgerichtes Wien reduzierte die in erster Instanz über ihn verhängte Freiheitsstrafe von 9 1/2 auf 8 1/2 Jahre. Die Sache ging für Itzlinger letal aus: Er erlitt im September 1999 in der Justizvollzugsanstalt Sonnberg einen Herzanfall. Der einstige „Immobilienkaiser“ wurde ins Krankenhaus Hollabrunn eingeliefert, wo er binnen kürzester Zeit starb. Eine Tageszeitung trat dann noch unabsichtlich nach dem Verblichenen und berichtete über die Konkursabweisung einer Itzlinger Firma mit den Worten: „…das wird den Mann nicht freuen“. Ob die Kollegen da Recht hatten, wird man nie erfahren, denn da war der Anwalt schon fast ein Jahr lang tot …

Big Player

Deutschland hat rund zehn Mal so viele Einwohner wie Österreich – und so sind auch die Kriminalfälle oft von enormer Dimension: Wie jener des Bauunternehmers Utz Jürgen Schneider. Der hatte sich vor allem durch die aufwendige Sanierung historischer Immobilien in Frankfurt, München, Leipzig und Berlin einen guten Namen gemacht. Durch sein erstes erfolgreich saniertes und mit ordentlichem Gewinn weiterveräußertes Großprojekt kam Schneider auf den Gusto: Er wollte weitere Sahnestücke in Toplagen in diversen deutschen Großstädten aufkaufen, sie dann sanieren und schlussendlich mit Profit verkaufen. Weil das eigene Geld nicht langte, griff Schneider bei Krediten, die ihm gerne gewährt wurden, fest zu. Denn Schneider wusste, wie man auftritt: Bei eindrucksvollen Geschäftsessen in seinem Schloss im Taunus und mit getürkten Unterlagen für jeden neuen Bau gelang es Schneider, Hunderte von Millionen an Krediten aufzustellen. Lange Zeit ging alles locker über die Bühne, doch die Liegenschaften erzielten nicht annähernd den Preis, den Schneider seinen Geldgebern vorgegaukelt hatte. Die Mieteinnahmen blieben durch die Bank deutlich hinter den Prognosen zurück - zum einen wegen zu optimistischer Markteinschätzung, zum anderen wegen bewusst überzogener Flächenangaben und Mietprognosen. Schneider musste immer mehr Geld für neue Projekte daherkarren, um damit auch die Zinsen der alten bezahlen zu können. Am Ende wurde es den Banken doch zu bunt und sie begannen, ihre Kredite zurückzufordern. Am Gründonnerstag 1994 schließlich verabschiedete sich Utz Jürgen Schneider von seinen Mitarbeitern zum Osterurlaub in die Toskana. Wenige Tage später ratterte ein Fax in seinem Firmensitz ein: Jürgen Schneider sei krank, der Baulöwe ziehe sich aus dem operativen Geschäft zurück, ein Anwalt erhielt eine Generalvollmacht. Schneider war untergetaucht… Die Deutsche Bank und an die 50 weitere Institute blieben mit einem Schuldenberg von 5,4 Milliarden D-Mark (rund 2,7 Milliarden Euro) zurück. Jürgen Schneider und seine Gattin Claudia wurden schließlich 1995 in Miami festgenommen. Im Urteil, das Schneider für sechs Jahre und neun Monate hinter schwedische Gardinen brachte, kritisierte der Richter auch die Rolle der Banken: „Mit schier unglaublichem Leichtsinn rannten die Banken dem vermuteten Großinvestor die Türen ein, um - möglichst vor der Konkurrenz - ihre Kredite loszuwerden“, hieß es da. Ignoranz hatte Schneiders sinistres Treiben erleichtert: So erhöhte Schneider für einen Kredit bei den Angaben für den Neubau eines großen Geschäftsgebäudes auf der Frankfurter Zeil die Nutzfläche von tatsächlich 9.000 Quadratmetern in den Unterlagen auf 22.000 Quadratmeter. Gefakte Finanzierungsgutachten taten dann ihr übriges.

Bad Banks – begrifflich einmal anders

Den mit unglaublicher Präzision arbeitenden Prüfern der Deutschen Bank war sogar entgangen, dass auf dem Bauschild - noch dazu unweit ihrer Zentrale - die Nutzfläche korrekt mit 9.000 Quadratmetern angegeben war. Und so fiel auch ihren Münchner Kollegen bei einem anderen Projekt gegenüber dem Bernheimer Palais nicht auf, dass gleich zwei ganze Stockwerke und damit einige Tausend Quadratmeter fehlten. Im Zuge des Prozesses macht sich der damalige Deutsche-Bank-Chef Hilmar Kopper bei Aktionären und Sparern des Instituts besonders beliebt, als er die Schneider-Schadenssumme als „Peanuts“ abtat. Der Fall Jürgen Schneider hatte auch noch ein satirisches Nachspiel: 1996 wurde er schließlich aus der Haft entlassen. Doch die Katze konnte offenbar das Mausen nicht lassen: Die Bonner Staatsanwaltschaft klagte Schneider 2013 wegen gewerbsmäßigen Betrugs an. Dabei handelte es sich um Fälle aus den Jahren 2008 und 2009 mit einem Gesamtschaden von 108.000 Euro. Doch diesmal bleibt Schneider der „Bau“ erspart: Das Bonner Landgericht hat das Betrugsverfahren gegen den heute 81-Jährigen wegen Verhandlungsunfähigkeit eingestellt; mehrere Gutachten waren zu dem Ergebnis gekommen, dass der einstige Bauunternehmer an verschiedenen Erkrankungen leidet und einen Prozess wohl nicht durchstehen könne.

Anleger im Orkan

Doch nicht nur bei den Immos gibt es „bad boys“, auch die Branche der Veranlagungen in Alternativenergie-Erzeuger, allen voran die Windkraftbetreiber, machte zuletzt stürmische Zeiten durch: Ein Orkan blies einige einst als Renditebringer angepriesene Unternehmen von der Bildfläche. Denn in Deutschland hatte schon vor der spektakulären Pleite des Windkraftbetreibers Prokon, bei dem schon lange Zeit vor dem finanziellen „Aus“ diverse Warnlichter aufgeleuchtet hatten, auch Windreich - im selben Sektor tätig - Insolvenz angemeldet. Dann wehte es auch den niedersächsischen Windkraftprojektierer Windwärts Energie in die Pleite. Die Anleihen oder Genussrechte der Unternehmen waren auch von österreichischen Anlegern erworben worden. Die Dimensionen waren gewaltig, denn allein bei Prokon bangten 75.000 Anleger um ihre Einlagen; bei Windwärts waren es „nur“ circa 1.600. Im Fall von Windreich wollten Investoren auch gegen die Schweizer Privatbank Sarasin vorgehen. Sarasin, so der Vorwurf, soll ihren Anlegern mehr Anleihen des Windparkbetreibers Windreich verkauft haben, als diesen lieb war. Es sollen Windreich-Anleihen zur Provisionsoptimierung in Anlegerdepots gebucht worden sein, ganz unabhängig davon, welche Investitionsstrategie diese eigentlich verfolgten. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen fünf amtierende und ehemalige Vorstandsmitglieder von Windreich, darunter den amtierenden Vorsitzenden und Alleinaktionär Willi Balz, einst als der „schwäbische Windkönig“ bezeichnet, wegen Verdacht auf Bilanzmanipulation, Kapitalanlagebetrug, Marktpreismanipulation und Kreditbetrug laufen noch. Für alle gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung.

Aus echtem Holz

Und schließlich soll auch neben diversen Investments, die aktuell heftig beworben werden wie jene in Olivenbäume - sind das eigentlich Immo-Investments, wenn der Boden, auf dem die Bäume stehen, dazugehört? - auch noch auf die heimische Teak Holz International (THI) hingewiesen werden, deren Wirken sich für Anleger als nicht besonders segensreich erwiesen hat. Das ist (noch) kein Kriminalfall, darauf sei besonders hingewiesen, sondern ein Fall von - nun, sagen wir - Pech. Das österreichische börsennotierte Unternehmen ist nach eigenen Angaben Spezialist für nachhaltige Bewirtschaftung von Teakholzplantagen in Costa Rica. Man konzentrierte sich auf die Suche und Aufforstung von für die Produktion des Edelholzes Teak geeigneten Grundstücken - Plantagenentwicklung also - die  Pflege und intensive Aufzucht der Teak Plantagen sowie den Vertrieb des Edelholzes Teak. Ein grünes Investment also. Gegründet wurde THI im Jahr 2006, ein Börsengang folgte 2007 - und die Bombe platzte 2015: Nach einer Zählung des Baumbestandes 2014 auf einer der Plantagen, der „Finca Una“, stellte sich heraus, dass nur 80.000 statt der - wie bis dahin angenommen - 226.000 Bäume tatsächlich im Boden wurzelten. Der Rest - Chimäre.

Einfach verzählt

Schon im Dezember vergangenen Jahres kam dem bereits neunten Vorstand seit 2007, Franz Fraundorfer, die Erkenntnis, dass von dem bis dahin auch in der Bilanz erfassten Baumbestand in Costa Rica fast die Hälfte nie existiert hatte. Und so wären alle seit der Gründung des Unternehmens veröffentlichten - und von der Wirtschaftsprüfungskanzlei PriceWaterhouseCoopers (PWC) für in Ordnung befundenen - Jahresabschlüsse nur Papier. Das gilt dann auch für den Kapitalmarktprospekt, den die Finanzmarktaufsicht gecheckt hatte. Fraundorfer hatte dies mit zwei Sachverhaltsdarstellungen bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gemeldet. Dazu soll eine Pressemeldung der THI einer breiten Öffentlichkeit nicht vorenthalten werden, birgt sie doch allerlei Erheiterungspotenzial - aber nur für Nicht-Investoren. Und das geht so: „Nach Erkenntnissen der Gesellschaft, die im Rahmen mehrerer Sachverhaltsdarstellungen an die WKStA übermittelt wurden, war im Unternehmen von Anfang an die geringere bepflanzte Fläche und die geringere Bestandsdichte bekannt. Im internen Berichtswesen wurde bereits 2008 die Netto-Pflanzfläche mit weniger als 1000ha angegeben. 2009 war ein Mitarbeiter von PwC Linz auf Ungereimtheiten in der Ermittlung der Bestandsdichte gestoßen, es gelang den damals handelnden Personen offenbar, diese Bedenken auszuräumen (Der damals von der Gesellschaft involvierte costa-ricanische Sachverständige kommentierte dies mit den Worten ‚saved by the bell‘...., nachdem er zuvor beim Bekanntwerden der Bedenken des Prüfers sinngemäß gemeint hatte ‚jetzt haben sie euch drangekriegt`.“ Soweit die Pressemeldung. Diese nüchterne Erkenntnis führte in Folge dazu, dass das Eigenkapital die Hälfte des Grundkapitals unterschritten hatte – und es folgte die Insolvenz. Die Aktie, einst hoch gelobt, fiel bis unters Parterre. Damit noch nicht genug, steht heute der Verdacht im Raum, dass die THI-Gründer, ein Grüppchen Teak-Begeisterter aus dem Umfeld zweier oberösterreichischer Unternehmer, 2006 ihre damals bereits bestehenden Plantagen zu offenbar doch recht - sagen wir mal: ehrgeizigen - Bewertungen in das damals neue Unternehmen einstellten. Wer sich bei den Bäumchen tatsächlich verzählt hat, wird noch zu ergründen sein. Gemutmaßt wird jedenfalls, dass das gesamte Geschäftsmodell der THI auf einer Expertise eines schon damals recht betagten Hollabrunner Forstwirts fußte, der den Bestand in Costa Rica gemeinsam mit einem lokalen Zivilingenieur via Stichproben „hochgerechnet“ hatte - eine wahrhaft waghalsige Methode, sollte sich dies erhärten. Was bleibt, sind Anleger, die ihrem bei einer Anleihe oder der Aktie verlorenen Geld nachweinen, eine Emissionsbank, die nun schief wie eine Gebirgslatsche dasteht, ein gebeuteltes Prüfungsunternehmen und die Finanzmarktaufsicht, die, und dabei bleibt der Autor dieser Zeilen wie auch schon in vielen anderen Stories, weder in ihrer jetzigen Form oder auch in der Form ihrer Vorgängerbehörde auch nur auf eine einzige der spektakulären Anlegerbetrugsaffären der letzten Jahrzehnte von selber draufgekommen ist.
Apropos: Auch für Teak Holz und alle ihre Funktionäre gilt die Unschuldsvermutung! Wird aber noch spannend, wie´s weitergeht …