Alle Parteien in diesem Konflikt bemühen sich, dessen rein lokale Dimension zu bewahren und jede Verwicklung sorgfältig zu vermeiden. Die NATO-Länder nutzen ihre Handlungsspielräume, schließen aber zugleich alle Maßnahmen aus, mit denen sie als Kriegsbeteiligte dastehen würden. China leistet Russland keine offene Unterstützung, und Russland hat auch keinen allgemeinen Cyberangriff gestartet. Trotz der Sanktionen zahlt Moskau auch weiterhin die Kupons der auf US-Dollar lautenden Verbindlichkeiten. Darüber hinaus haben die chinesischen Behörden eine Reihe von Erklärungen abgegeben, um Investoren in vielen Fragen zu beruhigen (die Situation auf dem Immobilienmarkt und bei den Bauträgern, die Null-Covid-Politik, ihr Interesse am Status der American Depositary Receipts (ADR), etc.). Schließlich hat die Fed ihre Prognosen für Wachstum, Inflation und Zinsen drastisch aktualisiert. Waren die Aktivitäten der Zentralbank in diesem inflationären Umfeld vor der FOMC-Sitzung noch Anlass zur Sorge, lässt sich nach Ablauf des Termins eine Art Erleichterung beobachten.
Die Fed ist ein Problem für die Märkte
Die festgefahrene Lage in der Ukraine stellt keinerlei Garantie dafür dar, dass der rein lokale Bezug dauerhaft erhalten bleibt. Auch wenn die Aktienindizes in der Nähe oder über den Ständen notieren, die vor dem Angriff vorherrschend waren, ist der Preis für Rohöl der Sorte Brent um mehr als 25 Prozent gestiegen, und auch die Preise für landwirtschaftliche Güter haben deutlich zugelegt (Anstieg des S&P Agriculture um knapp 10 Prozent). Dieser erneute Anstieg der Rohstoffpreise ereignet sich vor dem Hintergrund, dass es in den USA erste Anzeichen für eine Abkehr von den Inflationserwartungen gibt, und zwar nicht in den Umfragen bei den Privathaushalten (Fed NY, University of Michigan), sondern an den Finanzmärkten. So entsprechen die Breakeven-Punkte der inflationsgebundenen US-Anleihen mit 10-jähriger Laufzeit seit Februar zunehmend den Bewegungen inflationsgebundener Anleihen mit kürzeren Laufzeiten. Vor diesem Hintergrund ist die erneute Aktualisierung des Fed-Szenarios Mitte März diesmal mit einer drastischeren geldpolitischen Straffung verbunden, die zur Eindämmung der Inflation über den neutralen Zinssatz hinausgeht.
Weltweiter Aufschwung bleibt erhalten
Es wäre vorschnell, davon auszugehen, dass mit dem starken Zinsanstieg in den letzten Wochen und dem neuen Szenario der Fed, das dieses Mal ein ernsthafteres Programm zur Bekämpfung der Inflation berücksichtigt, ein Ende der zu Beginn des Jahres beobachteten Episode einhergeht. Der Aufwärtsdruck auf die Realzinsen hält an, während die Liquidität zurückgehen wird. Ebenso sind weitere Auswirkungen zu befürchten, die potenziell alle Anlageklassen betreffen.
Der Fortbestand des Ukraine-Kriegs belastet das Wachstum und lässt die Rohstoffpreise zu einem für die Inflation kritischen Zeitpunkt weiter steigen. Trotzdem sollte auch daran erinnert werden, dass der weltweite Aufschwung in diesem Jahr auch bei einer beachtlichen Korrektur des Wachstums in Europa erhalten bleiben dürfte, und zwar insbesondere in den USA, während auch die chinesische Dynamik allmählich wieder anziehen sollte.