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Bauchgefühl

Zahlen Daten Fakten. Die Daten in den Statistiken bilden vieles ab, nicht immer aber die Realität. Sie hinken einfach hinterher. Baugefühl bei der Interpretation ist gefragt.
Michael Neubauer
Bauchgefühl
© ImmoFokus

Also lassen wir einmal die Zahlen sprechen:

Die Verkäufe von Einfamilienhäusern lagen im 1. Halbjahr 2022 auf dem tiefsten Niveau seit 2014. Gleichzeitig sind die Preise deutlich gestiegen, rechneten diese Woche die REMAX-Experten vor. Demnach kostete heuer ein Einfamilienhaus im Schnitt 347.313 Euro, im Jahresvergleich ein Plus von 13,1 Prozent. Im Fünfjahresvergleich haben die Preise gar um 55,5 Prozent angezogen. Übrigens: Am billigsten sind Einfamilienhäuser weiterhin im Burgenland und in der Steiermark.

Seit dem Jahr 2019 schrumpft der Einfamilienhausmarkt in Österreich. „Mit 4.633 Kaufakten fehlten auf den Vorjahresvergleichszeitraum österreichweit 130 Einheiten, auf das Spitzenjahr 2018 sogar 1.286 Häuser“, so REMAX. Geschäftsführer Bernhard Reikersdorfer. Er erwartet eine merkliche Entspannung bei den Preisen.

„Mittlerweile sehen wir am Markt eine Situation, die in den Statistiken noch nicht angekommen ist. Aufgrund von stark steigenden Lebenshaltungskosten, einer Inflation so hoch wie schon lange nicht mehr, den steigenden Zinsen und den Verschärfungen bei der Kreditbeschaffung ist die Anzahl der Einfamilienhausinteressenten, die sich einen Kauf auch leisten können, deutlich zurückgegangen. Gleichzeitig steigt seit drei Monaten das Angebot“, berichtet er.

Die Nachfrage nach Wohnbaukrediten ist in Österreich im dritten Quartal 2022 stark gesunken, ergab eine Umfrage der Österreichischen Nationalbank bei den heimischen Banken. Auch für das vierte Quartal 2022 erwarten die befragten Banken einen weiteren, starken Rückgang der Nachfrage. Das stellt einen Bruch einer langjährigen, expansiven Entwicklung dar.

Als Hauptgründe für den Rückgang sieht die OeNB - wie Bernhard Reikersdorfer - die steigenden Zinsen - bei anhaltend hohen Immobilienpreisen - und die Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Kredite werden teurer und weniger leistbar, insbesondere im derzeit schwierigen Umfeld mit hoher Inflation und der erwarteten Konjunkturabkühlung.

Die Banken haben ihre Richtlinien für Wohnbaukredite im dritten Quartal 2022 deutlich verschärft. Als Gründe führten sie die Risikosituation an sowie die im August 2022 in Kraft getretene „Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung“ (KIM-V), die nachhaltige Vergabestandards bei der Finanzierung von Wohnimmobilien festschreibt.

Übrigens: Gleichzeitig mit dem starken Rückgang der Nachfrage nach Wohnbaukrediten haben die Banken im dritten Quartal 2022 auch vermehrt Kreditanträge zur Wohnbaufinanzierung abgelehnt, was vor dem Hintergrund der verschärften Angebotspolitik und des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds zu sehen ist.

Auch wenn einige Makler es nicht für möglich halten: die große Party ist – vorerst einmal – vorbei. Immer mehr können oder wollen sich die Party nicht mehr leisten.

Ist das genug für eine Trendwende bei den Preisen? Mein Bauchgefühl sagt ja.