"Das Halbjahresergebnis liegt voll im Rahmen unserer Erwartungen."
Das Ergebnis sei insofern erfreulich, als sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen völlig unerwartet entwickelt hätten, verwies der CEO auf die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs. Zu spüren bekommen habe der Konzern vor allem daraus resultierende Lieferkettenprobleme sowie höhere Energiekosten. Die Baubranche sei zwar vergleichsweise kein sonderlich energieintensivster Sektor, an vielen Stellen falle der Gaseinsatz dennoch hoch aus. Stark betroffen sei man von den Effekten der hohen Kosten für Zulieferer, vor allem aus der energieintensiven Zementindustrie. "Das hat sich ausgewirkt in der Preisgestaltung, aber auch bei Lieferverzögerungen."
Diesbezüglich profitiere der Bau aber von den kurzen Lieferketten, räumte Birtel ein. Bis zu einem gewissen Grad habe man die höheren Preise auch an die Kunden weitergeben können. Dass das Ergebnis trotz der Unwägbarkeiten durch den Krieg in den erwarteten Bereich gefallen sei, wertete der Strabag-Chef als Indiz dafür, "wie robust unser Geschäftsmodell ist".
So sank im ersten Halbjahr zwar der Nettogewinn des Unternehmens. Die Bauleistung aber erhöhte sich um 9 Prozent auf rund 7,58 Mrd. Euro und die Umsatzerlöse stiegen um 11 Prozent auf 7,24 Mrd. Euro. Ebenso voll sind laut Mitteilung von Mittwochfrüh die Auftragsbücher. Mit 23,9 Mrd. Euro lag der Auftragsstand per Ende Juni um 14 Prozent über dem Vorjahr und bewegte sich damit nach Unternehmensangaben auf Rekordniveau. Alleine in Deutschland stieg der Wert um 2 Mrd. Euro. Zuwächse habe es aber auch in Österreich und Polen gegeben.
Einen kräftigen Rückgang gab es demgegenüber beim operativen Ergebnis (EBIT), das von 140,19 Mio. Euro auf 63,63 Mio. Euro fiel, sich damit aber "durchaus in den langjährigen Vergleich einfügt", wie es in der Aussendung hieß. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) belief sich auf 324,67 Mio. Euro, was zum ersten Halbjahr 2021 einem Rückgang von 20 Prozent entspricht. "In Zeiten wie diesen haben die Abschreibungen natürlich einen höheren Effekt", sagte Birtel zu den hohen Differenzen im Vergleich zum Vorjahr. Der Konzerngewinn verringerte sich zum Vorjahr um 51 Prozent. Dieser Rückgang sei aber im Verhältnis zum ersten Halbjahr 2021 zu sehen, als der Konzern ein Rekordergebnis erzielen konnte.
Profitiert habe der Konzern zuletzt neben guten Geschäften in den Kernmärkten auch von lukrativen Aufträgen im Vereinigten Königreich. Mit dem Bau der britischen Hochsicherheitsstrecke HS2 sowie einer Polyhalit-Mine laufen dort zwei Großprojekte, berichtete der Konzernchef. In der Pipeline hat der Konzern zudem große Straßenbauprojekte in Polen sowie das Projekt "Grünblick" in Wien, in dessen Rahmen ein Hochhaus mit insgesamt 350 Eigentumswohnungen im Grünen Prater entstehen soll.
Das zuletzt neu vereinbarte Syndikat der österreichischen Kernaktionäre nimmt auf das operative Geschäft laut Birtel keinen Einfluss. Nach dem Ausschluss des russischen Kernaktionärs Oleg Deripaska und seiner Gesellschaft MKAO Rasperia Trading hatte sich um den Kernaktionär Peter Haselsteiner das Syndikat formiert. Dieses umfasst Haselsteiner und seinen Sohn, Uniqa und Raiffeisen - es hält 57 Prozent der Strabag-Anteile. Derzeit harrt das Syndikat noch seiner Genehmigung durch mehrere Kartellbehörden.
"Was das Unternehmen eine gewisse Zeit beeinträchtigt hat, war die Sanktionierung von Oleg Deripaska und seiner Gesellschaft." Das habe Erklärungsbedarf ausgelöst, weil es seitens der Auftraggeber durchaus Befürchtungen gegeben habe, dass die Strabag durch mögliche Sanktionen getroffen werden könnte. "Inzwischen ist ganz klar gestellt, dass das in keiner Weise der Fall ist." Die zuletzt von Peter Haselsteiner im Zusammenhang mit dem Syndikat ins Spiel gebrachte Erhöhung des Streubesitzes wäre für Birtel begrüßenswert, betonte er auf Nachfrage.
Zum seitens der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) erneut aufgerollten Kartellverfahren sagte Birtel, dass man derzeit auf eine Entscheidung des Kartellgerichts warte. Die BWB hatte eine nochmalige Prüfung veranlasst, wodurch die verhängte Strafe für den Bauriesen höher ausfallen könnte. "Wir gehen davon aus, dass es unsererseits keinen Anlass für einen solchen Änderungsantrag gegeben hat und dass deshalb der Antrag der Behörde erfolglos bleiben muss."
Für das Gesamtjahr bleibt das Management optimistisch und rechnet wie zuvor mit einer Bauleistung von 16,6 Mrd. Euro. Bestätigt sieht sich der Vorstand dabei durch den üppigen Auftragsbestand, wie es in der Mitteilung hieß. Angepeilt wird zudem eine EBIT-Marge von 4 Prozent, was realistisch erscheine, da sich das Geschäftsmodell unter den aktuellen Bedingungen als robust erwiesen habe. (apa)