Der Baustopp für einen Teil der geplanten Schnellzugstrecke High Speed 2 in Nordengland dürfte teils auch Auswirkungen auf österreichische Firmen haben. Bei dem milliardenschweren Bahnprojekt waren unter anderem die Baukonzerne Strabag und Porr mit der Planung bzw. mit der Lieferung einer Fahrbahntechnologie beauftragt. Für die voestalpine Railway Systems war die Lieferung einer Bahninfrastruktur in Höhe von 237 Mio. Euro der bisher größte Einzelauftrag aus Großbritannien.
Der Baukonzern Porr soll zwischen 2021 und 2029 mehr als 450 Kilometer Feste Fahrbahn mit einem Auftragswert von 260 Mio. Pfund für das Bahnprojekt liefern. Voestalpine Railway Systems wurde mit der Planung, Lieferung und dem Service von Weichen, Antrieben und Schienenauszügen inklusive Diagnosesystemen für das Hochgeschwindigkeitsnetz beauftragt.
"Wir haben die von Regierungsseite nun geplante Projektanpassung den Medien entnommen und stehen mit unseren Partnern im Austausch über mögliche Konsequenzen", teilte die Voestalpine in einer Stellungnahme an die APA mit. "Wir gehen davon aus, dass die abgeschlossenen vertraglichen Vereinbarungen, die die Lieferungen für den Abschnitt London Birmingham vorsehen, nach wie vor gültig sind." Die Porr hat sich zu den konkreten Auswirkungen des Baustopps bisher nicht geäußert.
Österreichs größter Baukonzern Strabag ist im Rahmen eines Dreier-Konsortiums am Bau der Schnellzugstrecke beteiligt. Mit der Planung, Kalkulation und Arbeitsvorbereitung wurde das Dreier-Joint-Venture bereits im Sommer 2017 beauftragt. Das Auftragsvolumen umfasst insgesamt mindestens 3,3 Mrd. Pfund (3,8 Mrd. Euro). Da die Strecke zwischen London Euston und Birmingham komplett fertiggestellt werden soll, erwartet Strabag "keine größeren Änderungen am Auftragsvolumen", wie es in einem Statement an die APA hieß.
Der britische Premierminister Rishi Sunak hatte am Mittwoch den Baustopp für den zweiten Teil der Schnellzugstrecke angekündigt. Die Kosten und der Zeitplan für die geplante Bahnverbindung zwischen dem nordwestenglischen Manchester und der mittelenglische Millionenstadt Birmingham seien außer Kontrolle, sagte der Regierungschef auf dem Parteitag seiner Konservativen Partei. Stattdessen wolle er in den Ausbau von Straßen, Bussen und Regionalbahnen investieren. Für den Baustopp erntete Sunak von vielen Seiten Kritik. Die Entscheidung würde zum einen die Klimaschutzbemühungen des Landes untergraben und zum anderen Nachteile für die Menschen im wirtschaftlich abgehängten Norden Englands mit sich bringen.
Die Schnellzugstrecke High Speed 2 gilt als eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte für Nordengland. Ursprünglich war die Eröffnung für 2026 vorgesehen. Der Zeitplan hat sich jedoch um Jahre verzögert. Die geschätzten Kosten sind bereits 2019 von rund 33 Mrd. auf 71 Mrd. Pfund gestiegen - und diese Summe umfasst noch nicht alle geplanten Abschnitte. Nachdem bereits Ende 2021 der geplante Abschnitt von Birmingham nach Leeds weitgehend gestrichen wurde, wird die Schnellzugstrecke nun fast vollständig auf die bereits gut ausgebaute Verbindung von London nach Birmingham reduziert. (apa)