2019 schloss das orthopädische Krankenhaus Gersthof endgültig seine Pforten für Patientinnen und Patienten. Nur sechs Jahre später eröffnet die Bundesimmobiliengesellschaft einen modernen Bildungscampus, der das unter Ensembleschutz stehende Areal aus dem Dornröschenschlaf weckt. In einem beispielhaften Projekt schuf die BIG in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt und der ÖISS (Österreichisches Institut für Schul- und Sportstättenbau) eine Modellschule mit 23 Stammklassen, Sonderunterrichtsräumen und großzügigen Freiflächen. Die Pläne für den einzigartigen Umbau des 100-jährigen Baujuwels stammten vom Architekturbüro Franz & Sue.
"Die Umgestaltung des ehemaligen Krankhaus Gersthof in einen modernen Bildungscampus für zukünftige Generationen beweist die Vielseitigkeit und Hochwertigkeit von historischen Bestandsbauten. Alle Herausforderungen, auch die des umfassenden Denkmalschutzes, konnten vorbildlich bewältigt werden. Ich gratuliere der Schulgemeinschaft des BG18 Klostergasse zu diesem tollen Ausweichquartier," so Gerald Beck, Geschäftsführer der BIG.
Klassenzimmer statt Krankenzimmer
1924-1926 nach Plänen der Architekten Mautner und Rothmüller erbaut, diente das Gebäude viele Jahre als Geburtenklinik, Militärspital und orthopädisches Krankenhaus. 2020 erwarb die BIG das Areal mit der Auflage der Errichtung eines Schulstandorts. Im EU-weiten, zweistufigen, offenen Architekturwettbewerb setzte sich das Wiener Architekturbüro Franz & Sue ZT GbmH durch.
Die neue architektonische Gestaltung berücksichtigt alle Anforderungen, die Digitalisierung, neue Lernkulturen und innovative pädagogische Konzepte sowie Inklusion und Ganztagesbetrieb von Schulen an den Schulraum von morgen stellen: Schaffung von freien Lernzonen und offenen Lernlandschaften, flexibel nutzbare Klassenräume mit entsprechender technischer Ausstattung und räumlichen Qualitäten in Bezug auf Akustik, Belichtung, Beleuchtung und Raumluftqualität sowie Lern- und Lebensräume im Innen- wie Außenraum für die Nachmittagsbetreuung von Kindern.
Die Fassade behielt ihr vollständiges Erscheinungsbild und auch im Inneren wurden im Sinne der Denkmalpflege viele wesentliche Merkmale des Gebäudes erhalten. Neu hinzu gekommen sind ein nötiges Nebenstiegenhaus zur Gewährleistung einer raschen Entfluchtung. Die ehemalige Verwaltungsvilla wurde zum naturwissenschaftlichen Department umfunktioniert und beherbergt nun Unterrichtssäle, Versuchsräume und Kustodien.
Nachhaltigkeit im Fokus – klimaaktiv Gold
Die Sanierung von Bestandsbauten ist hinsichtlich Nachhaltigkeit am Bau unangefochtener Sieger. Ressourcen werden geschont, zusätzliche Bodenversiegelungen vermieden und der CO2-Ausstoß minimiert. Mit der Schaffung eines Gartengeschoßes wurden aus ehemaligen Keller- und Lagerflächen helle Räume für die Nachmittagsbetreuung, Werkstätten und eine Bibliothek. Über 500 m2 zusätzliche Nutzfläche wurden so ohne Neubau geschaffen. Auch bei der Neuerrichtung der Turnsäle am südlichen Rand der Liegenschaft wurde auf die Umwelt Rücksicht genommen: Anstatt zwei Normturnhallen wurde nur eine in dieser Größe errichtet und ein zweiter, kleinerer Bewegungsraum mit vielseitige Nutzung zum Bouldern, Tanzen oder Bodenturnen realisiert. Das spart nicht nur Versiegelungsfläche, sondern verringert Baumaterial und langfristig Betriebs- und Instandhaltungskosten.
Die Umsetzung von vorwiegend Low-Tech Konzepten, automatisierte Fensterspaltlüftungen und die Installation einer PV-Anlage mit 68 kWp komplettieren die umfangreichen Nachhaltigkeitsmaßnahmen bei diesem Projekt. Die Errichtung des neuen Bildungscampus Gersthof mit allen Nebengebäuden erfolgt zur Gänze im klimaaktiv Gold Standard.
Im Rahmen eines bunten Gartenfestes gemeinsam mit dem BG18 Klostergasse, das die Schule aktuell als Ausweichquartier nutzt, wurde der Bildungscampus nun eröffnet.
"Der neue Bildungscampus Gersthof ist ein ganz besonderer Schulstandort geworden. Das Projekt verbindet gekonnt Altes mit Neuem und zeigt, wie man auch in alter Bausubstanz Platz für modernen Unterricht schaffen kann. Ich hoffe sehr, dass dieser außergewöhnliche Campus auch nach der Rückübersiedlung des BG18 Klostergasse für eine öffentliche Schule genutzt wird.“— Silvia Nossek - Bezirksvorsteherin 18. Bezirk
„Die Kombination aus denkmalgeschützter Bausubstanz, offener Lernumgebung und nachhaltiger Sanierung zeigt, wie zeitgemäße Schulräume heute gedacht werden können. Für Hernals ist das ein starkes Zeichen, wie zukunftsorientierte Stadtentwicklung funktionieren kann – vor allem, wenn sie Schülerinnen und Schülern einen Ort bieten, an dem sie gerne lernen und sich wohlfühlen.“, so der Bezirksvorsteher von Hernals, Peter Jagsch.