Seit heute gilt das Bestellerprinzip bei der Wohnungsvermietung. Die Maklerprovision trifft damit nun denjenigen, der einen Makler zur Wohnungsvermittlung zuerst beauftragt hat - in der Regel ist das der Eigentümer der Wohnung. Bisher mussten für die Provision großteils die Mieterinnen und Mieter aufkommen. Parallel dazu ist neuerlich eine Anhebung der Kategoriemieten um rund 5,5 Prozent in Kraft getreten. Es ist die vierte Anpassung in knapp 15 Monaten.
Die letzten Mieterhöhungen in ähnlichem Ausmaß gab es im November 2022, davor bereits im Juni und April 2022. Die Kategoriemietzinse werden automatisch an die Teuerung angepasst, wenn die Inflation seit der letzten Erhöhung die Fünf-Prozent-Hürde erreicht.
Justizministerin Alma Zadić (Grüne) bewarb in einer Aussendung einmal mehr die Reform des Maklergesetzes: Damit entlaste man "hunderttausende Wohnungssuchende in Österreich" und sorge "für mehr Gerechtigkeit am Wohnungsmarkt", betonte sie. "Dank der Reform sparen sich Wohnungssuchende künftig hohe Maklerprovisionen von bis zu zwei Bruttomonatsmieten. Das ist gerade in Zeiten der Teuerung eine wichtige Entlastung."
Wifo-Experte: Keine Überwälzung auf Mieter
Indes ist laut Wifo-Ökonom Michael Klien, mit dem Wirksamwerden der neuen Regelung keine "Einpreisung" der Provision, sprich eine Erhöhung der Mieten zu befürchten.
Der Experte des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung verwies im APA-Gespräch auf die Erfahrungen in Deutschland. Dort wurde das Bestellerprinzip im Jahr 2015 eingeführt. "Was man dort gesehen hat, ist, dass insgesamt keine Überwälzung feststellbar war." Vorstellbar sei jedoch, dass es in Österreich punktuell zu Erhöhungen kommen könnte, etwa bei hochpreisigen Wohnungen oder bei Objekten in begehrten Lagen, wo die Nachfrage groß ist. "In dem einen oder anderen Fall wird es weitergegeben werden, im Großen und Ganzen aber wird es eine Entlastung für die Mieter geben", erwartet Klien.
Auch glaube er nicht, dass es großflächig zu Umgehungskonstrukten kommen werde, also zu Versuchen, die Maklerprovision wieder den Mieterinnen und Mietern umzuhängen. "Diese Befürchtung hat sich in Deutschland nicht bewahrheitet." Sollten solche Versuche doch unternommen werden, würden sich diverse Verbraucherschutzorganisationen einschalten und dies effektiv unterbinden, schätzt Klien.
Durchaus eine größere Gefahr von Mietsteigerungen ortet hingegen die Mietervereinigung. Eine Erhöhung werde aufgrund fehlender gesetzlicher Regelungen im "freien Wohnungsmarkt", also im ungeförderten Neubau, möglich sein und "ist leider auch zu erwarten", wie die Vorsitzende der Mietervereinigung Wien, Elke Hanel-Torsch, gegenüber der APA erklärte. "Abzufangen wäre eine Preissteigerung jedoch über ein Mietrecht für alle mit echten Preisgrenzen und Strafen für Vermieterinnen und Vermieter, die sich nicht daran halten."
Außerdem seien mit dem nun vor der Umsetzung stehenden Gesetzestext sehr wohl Umgehungen möglich. Beispielsweise sei denkbar, dass Makler im Kontakt mit Wohnungssuchenden auf leerstehende Objekte verwiesen, etwa aus einer Leerstandsliste, womit der potenzielle Mieter als erster Auftraggeber provisionspflichtig werde, so die Mietervereinigung. Mögliche Absprachen zwischen Maklern und Vermietern könne man zudem nur schwer nachweisen, ergänzte Hanel-Torsch. Wenn es zu Umgehungen komme, müsse der Mieter beweisen, dass kein Provisionsanspruch des Maklers bestehe. "Ein solcher Beweis wird in der Praxis äußerst schwierig sein."
Wirtschaftliche Folgen dürfte das Bestellerprinzip vor allem für die Maklerbranche nach sich ziehen, die durch die Novelle um ihre Geschäftsgrundlage fürchtet. Kritik kam deshalb in der Vergangenheit etwa vom Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI). Aus Sicht von Klien ist allerdings zu differenzieren, denn das Bestellerprinzip betrifft nur die Vermietung, nicht die Veräußerung. "Für das Gros der Makler ist das Kaufgeschäft oder die Provision aus dem Kauf und Verkauf von Immobilien der wichtigere Teil." Es werde folglich die Unternehmen in der Branche unterschiedlich treffen. Eine generelle Belastung ergebe sich durch die steigenden Immobilienpreise sowie die höheren Kreditzinsen. Die Makler seien deshalb mit einem stark rückläufigen Transaktionsvolumen konfrontiert. (apa)