Machen sich Zinsanstieg und Konjunkturabkühlung in Ihrem Geschäft bemerkbar?
Als Dienstleistungsunternehmen merken wir zum jetzigen Zeitpunkt davon eigentlich nichts.
Vielleicht noch nicht?
Ja, vielleicht noch nicht. Aber auch dass viele Unternehmen seit Corona ihren MitarbeiterInnen ein paar Tage Home-Office pro Woche erlauben, hat sich bislang in der Reinigung nicht auf unser Geschäft ausgewirkt (in der Gastronomie sehr wohl). Keiner unserer Kunden hat deshalb seine Flächen reduziert oder unsere Dienstleistung zurückgefahren. Ehrlich gesagt habe ich damit gerechnet, dass zumindest einige größere Unternehmen ihren Flächenbedarf wegen dem Thema Home-Office reduzieren. Aber das liegt vielleicht auch daran, dass viele unserer Kunden aus dem öffentlichen Bereich kommen.
2022 war ja ein sehr gutes Geschäftsjahr für Dussmann – vor allem was die Neukundenakquisition betrifft. Was steht da dahinter?
Das ist eine gute Frage. Es gab aber mehr Ausschreibungen beziehungsweise wir hatten mehr Angebote auf dem Tisch. Relativ viel kam aus dem Retailbereich wie zum Beispiel die Post und Kika-Leiner, die ja beide ein großes Filialnetz haben. Da haben wir gegenüber dem Mitbewerb sicher den Vorteil, dass wir schon viele Aufträge hatten, wie beispielsweise alle Gebäude der ÖBB mit Ausnahme der Bahnhöfe oder alle Immobilien des AMS. Wenn man schon viele Großkunden in der Fläche hat, tut man sich auch leichter, andere zu überzeugen beziehungsweise zu übernehmen. Wir sind ja in allen neun Bundesländern flächendeckend vertreten.
Neben etlichen neuen Kunden war das Vorjahr bei Dussmann auch von technischen Innovationen geprägt. Was waren da die Highlights?
Sicher der Einsatz von Robotern. Etwa des Servierroboters Water Lou, der in Betriebsrestaurants Getränke serviert oder eines speziellen Reinigungsroboters, der seit dem vergangenen Herbst in der HTL Villach unser Team unterstützt. Aber natürlich kann man mit Robotern in der Reinigung zum jetzigen Zeitpunkt nur einige Nischen abdecken. Man kann sie etwa gut in großen Gängen, Hallen, Lagerflächen oder Turnsälen einsetzen. Nach wie vor gibt es keine Maschine, die flächendeckend in der Lage ist, Türen selbstständig zu öffnen oder Türklinken, Fensterbretter und Schreibtische individuell dem Raum angepasst, zu reinigen. Bis das möglich ist, wird noch etwas Zeit vergehen. Aber trotzdem sehen wir bei Reinigungsrobotern jedes Jahr Fortschritte. Man kann sie etwa einfacher programmieren und sie können ein größeres Arbeitspensum bewältigen.
Wann werden Reinigungsroboter auch komplexere Aufgaben bewältigen können?
Vielleicht sogar schon in rund fünf Jahren. Denn der Druck ist aufgrund des unglaublichen Arbeitskräftemangels in der gesamten Branche groß. Dieser nimmt dramatisch zu. Vor allem im Westen Österreichs, in Salzburg, Tirol und Vorarlberg, findet man praktisch keine neuen Mitarbeiter.
Wie gehen Sie mit dieser Thematik um?
Ich komme ja aus dem Vertrieb und daher tut es mir im Herzen weh, dass wir in der Reinigung gewisse Regionen nicht mehr anbieten. Weil wir einfach keine Leute bekommen. Selbst wenn wir eine deutliche Überzahlung anbieten, finden wir in manchen Regionen keine Mitarbeiter mehr. Das ist in der ganzen Branche so. Es gibt Ausschreiber, die schon zum dritten Mal ergebnislos Objekte in einem Bundesland anbieten. Auch wir selektieren bei jeder Ausschreibung genau, ob wir ein Angebot legen.
Gibt es Auswege aus dem Personalmangel-Dilemma?
Wenn das länger so weitergeht, müssen wir uns als Branche was überlegen. Wir haben beispielsweise sehr starre Leistungsverzeichnisse, die von Kundenseite vorgegeben sind. Diese müssen zukünftig vor allem aufgrund des Personalmangels flexibler gestaltet werden. Sämtliche Kunden haben zu wenig eigene MitarbeiterInnen, aber wir sollen überall einen Personalpool bereithalten, um zum Beispiel bei kurzfristigen Ausfällen sofort reagieren zu können. Wie soll das funktionieren? Da muss man mit Kunden ehrlich reden, um darauf schon in einer Ausschreibungsphase aufmerksam zu machen. Ich bin überzeugt, dass es in diese Richtung gehen wird. Aber grundsätzlich versuchen wir uns primär als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren – und zwar nicht nur über höhere Gehälter.
Wo sehen Sie die Ursachen des Arbeitskräftemangels? Hat während der Pandemie bei einigen Menschen ein Umdenkprozess eingesetzt?
In der Gastronomie war sicher Corona ein ausschlaggebender Grund. Viele haben während dieser Zeit über ihre berufliche Zukunft nachgedacht. Da haben wir sehr schnell gesehen, dass die Leute daraufgekommen sind, dass es attraktivere Branchen gibt, wo man auch mehr verdienen kann. In der Reinigung ist es wiederum so, dass gemäß Kollektivvertrag bezahlt wird. Um Leute zu bekommen, muss ich jedoch attraktivere Arbeitsmodelle anbieten. Für die meisten Mitarbeiter im gewerblichen Bereich steht der monetäre Ansatz verständlicherweise im Vordergrund. Das bedeutet ein höheres Entgelt. Überzahlungen muss ich vom Kunden verlangen. Manche Kunden verstehen das, andere sind völlig uneinsichtig und sehen nur den billigsten Preis. Jeder bekommt am Ende das, was er bezahlt, so ist das.