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Biowissenschaft-Immobilien mit Investitionspotenzial

Biowissenschaft-Immobilien sind in Europa nach wie vor ein unterentwickeltes Marktsegment. Dennoch besteht nach einem neuen Forschungsbericht des Urban Land Institute (ULI) überzeugendes unmittelbares Entwicklungs- und Investitionspotential.
Amelie Miller
Labor
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© Pixabay

Der Bericht Zum Verständnis des Biowissenschaft-Sektors: Argumente für Immobilieninvestitionen wird zu einem Zeitpunkt veröffentlicht, zu dem gesellschaftliche und demografische Faktoren das Wachstum des Biowissenschaft-Sektors fördern und Regierungen in ganz Europa dessen Bedeutung für die zukünftige Expansion der Wirtschaft erkennen. 

Als starke strukturelle Wachstumstreiber für den Biowissenschaft-Sektor wirken das Altern der Bevölkerung, die vermehrte Verbreitung von lebensstilbedingten Erkrankungen, der Anstieg der Gesundheitsausgaben und die zunehmende Verflechtung mit der Technologie – sowie unlängst insbesondere auch die Covid-19-Pandemie. Angesichts dieser Wachstumstreiber – in Kombination mit allgemeinen Trends wie der Urbanisierung, dem „Kampf um Talente“ sowie der stärkeren Ausrichtung auf Nachhaltigkeit – kommt Immobilien eine entscheidende Rolle bei der weiteren Entwicklung dieses Sektors zu. 

Immobilieninvestoren und -entwickler zeigen zunehmendes Interesse an Biowissenschaft-Immobilien, da der Sektor ein hohes strukturelles Wachstumspotential birgt und gleichzeitig die Diversifikationsvorteile einer antizyklischen Anlage bietet. Eine Umfrage unter ULI-Mitgliedern ergab, dass das Interesse der Anleger an Biowissenschaft-Immobilien auf wettbewerbsfähige risikobereinigte Renditen (35 %), Kapitalzuwachschancen (28 %) und Diversifizierung (20 %) zurückzuführen ist. 

Dieses Interesse wurde auch in der Studie „Emerging Trends in Real Estate Europe 2021“ von ULI und PwC deutlich, in der die Biowissenschaft als einer der drei aussichtsreichsten Sektoren für Immobilieninvestitionen in Europa identifiziert wurde.

Dazu Lisette van Doorn, CEO von ULI Europe: Nach dem Wachstumskurs, den Biowissenschaft-Immobilien in den letzten Jahren in den USA eingeschlagen haben, zeigt dieser Bericht, dass es ähnlich gute Argumente auch für Investitionen in Biowissenschaft-Immobilien in Europa gibt – selbst, wenn es dabei noch einige Hürden zu überwinden gilt.

Etablierte Immobilienakteure des US-amerikanischen Biowissenschaft-Markts haben aus der dortigen Nachfrage Kapital geschlagen und begonnen, sich auch in entfernteren Gebieten nach den nächsten attraktiven Zielen im Bereich der Biowissenschaft umzusehen. Einige sondieren derzeit Geschäftsmöglichkeiten in Europa und nehmen entsprechende Akquisitionen vor. Die Immobilienakteure innerhalb von Europa tun es ihnen nach.

Der Schlüssel zur Gewinnung und Bindung von Talenten verlagert sich derzeit auf die Attraktivität der städtischen Umgebung, das Vorhandensein von Einrichtungen und die Erschwinglichkeit von Wohn- und Arbeitsräumen. Traditionell wurde die Ausrichtung auf bestimmte Länder, Städte und Standorte durch Faktoren wie die Verfügbarkeit staatlicher Förderungsprogramme und Finanzhilfen, das Angebot an Wagniskapital zur Beschleunigung des Wachstums von Aus- und Neugründungen sowie das Vorhandensein eines soliden Ökosystems von Universitäten, Behörden und Biowissenschaft-Unternehmen begünstigt. 

Diese zunehmende Präferenz der Biowissenschaft-Branche für städtische Standorte kommt als weiterer Attraktivitätsfaktor für Immobilieninvestoren hinzu, von denen viele bereits Eigentümer existierender Objekte in den betreffenden Gebieten sind und nun eine Chance sehen, diese zu neuen Zwecken einzusetzen. Technologische Trends, die durch die Pandemie beschleunigt wurden, haben einige der traditionelleren Immobiliensektoren vor strukturelle Probleme gestellt. Im Hinblick auf die Anpassung an die Biowissenschaft bieten Einzelhandelsgebäude den Vorteil von Anlieferzufahrten, Warenlager- und Betriebsflächen sowie hohen Decken. Auch Industriegebäude eignen sich aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit und günstigen Bauweise gut für eine Nutzungsänderung. 

Die Anforderungen von Mietern im Biowissenschaft-Sektor sind in der Regel sehr spezifisch und unbeständig und hängen davon ab, in welcher Entwicklungsphase sie sich befinden – vom Start-up und Scale-up bis hin zum etablierten Pharmaunternehmen. Die Nachfrage umfasst neben Büro- und Produktionsflächen auch eine Vielzahl verschiedener Arten von Laborräumen. Sie kann sich schnell ändern, wenn Unternehmen aufgrund einer vielversprechenden Idee Zugang zu Risikokapital und anderen Finanzierungsquellen erhalten. Unerfahrene Immobilienakteure tun sich mit dieser unsicheren und spezifischen Mieternachfrage oft schwer, da es ihnen am entsprechendem operativen Know-how fehlt. 

Als weitere Herausforderungen haben sich ein Mangel an geeigneten Immobilien sowie unzureichende Daten und Kenntnisse in Bezug auf den Sektor herauskristallisiert. Zur Überwindung dieser Hindernisse fordert der Bericht mehr Transparenz bei Transaktionen, Gebäudespezifikationen sowie Miet- und Preisniveaus, durch die sich das Vertrauen von Investoren stärken ließe und Risiko und Rendite nicht mehr auf bloßen Annahmen beruhen würden. Im Bererich der Biowissenschaft ist die Abstimmung der Interessen zwischen Eigentümern und Nutzern von entscheidender Bedeutung, da dort aufgrund der breit gefächerten und stark veränderlichen Nachfrage der Nutzer eine kontinuierliche Anpassung, Flexibilität und praktische Betreuung erforderlich ist.

Der Bericht wurde von einer ausgewählten Gruppe von ULI-Mitgliedern finanziert und unterstützt, die in einem Lenkungsgremium mitwirken – wie unter anderem Tim Fry, Leiter des Sektors Life Sciences UK bei Arup, der sich dazu wie folgt äußerte: Das Geschäft mit Biowissenschaft-Immobilien bietet eine echte Chance, vorausgesetzt, es wird von den Investoren besser verstanden. Dieser neue Bericht trägt erheblich zur Verdeutlichung der bestehenden Herausforderungen bei, bietet jedoch auch Empfehlungen hinsichtlich der Änderungen, die stattfinden müssen, damit dieses Segment der Branche deutlich attraktiver wird.

Den vollständigen Bericht finden Sie hier.