News

Bläst sich da was auf?

In Deutschland mehren sich die Anzeichen für eine Blase – welche Blase? Ist das Glas halbleer oder halbvoll? Die Experten sind sich unschlüssig – mahnen aber alle zur Vorsicht.
Michael Neubauer

In Deutschland mehren sich die Anzeichen für eine Blase – welche Blase? Ist das Glas halbleer oder halbvoll? Die Experten sind sich unschlüssig – mahnen aber alle zur Vorsicht. Die mahnenden Stimmen werden eindringlicher: Der Immobilienboom in Deutschland könnte schneller in den Abgrund führen, als viele glauben. So warnte jüngst Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer vor einer Überhitzung in Deutschland als Folge der Billiggeldschwemme der Europäischen Zentralbank (EZB). Zu den Mahnern zählt inzwischen auch die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Das geheimnisvolle Institut mit Sitz in Bern gilt als Zentralbank der Zentralbanken und hatte im Vorfeld der letzten Finanzkrise auf die drohenden Gefahren aufmerksam gemacht: Die BIZ weissagte damals ein Platzen der Blase auf dem amerikanischen Immobilienmarkt - und so kam es dann auch. Denn damals hatte kaum jemand die BIZ ernst genommen. Jetzt mahnt sie vor einer Immobilienblase in Deutschland. Laut BIZ liegt das Hauptproblem jedoch nicht in der Preissteigerung an sich. Sorge bereitet den BIZ- die Geschwindigkeit, in der das geschieht: Liegt die Preissteigerungsrate mehr als zehn Prozent über dem langfristigen Trend, sei dies ein Grund, den Alarmknopf zu drücken. Genau das sei jetzt passiert. Für Deutschland liege die Kennzahl nun bei 10,6 Prozent. Fazit: Der deutsche Immobilienmarkt befindet sich demnach offiziell in einer Blase. In dasselbe Horn stößt auch die Commerzbank: Der Immobilienboom nehme immer mehr Züge einer Blase an, da sich die Häuserpreise mehr und mehr von den Fundamentalfaktoren abkoppeln. Seit 2010 steigen die Preise schneller als Mieten, Verbraucherpreise und das Einkommen der privaten Haushalte. Zwar sind die entsprechenden Relationen immer noch deutlich niedriger als vor dem Jahrtausendwechsel, was aber kein Grund zur Entwarnung ist. Triebfeder ist die sehr expansive Geldpolitik der EZB, an der sich auf absehbare Zeit kaum etwas ändern wird. Allerdings dürften die Hypothekenzinsen kaum noch fallen, und die Erfahrung aus den USA lehrt, dass damit mittelfristig bei weiter kletternden Preisen die Gefahr einer deutlichen Korrektur zunimmt. So sind in den USA die Häuserpreise in den großen Städten während des dortigen Booms ebenfalls überdurchschnittlich gestiegen, wobei die Tempodifferenz ähnlich war wie in den vergangenen Jahren in Deutschland. Dies zeigt ein Blick auf die USA. Im Rückblick begannen dort die Probleme im Jahr 2003, als die Zinsen nicht mehr wie zuvor fielen, die Preise aber ungebremst weiter stiegen. Ab diesem Zeitpunkt wurden die steigenden Preise aus Sicht der Käufer nicht mehr durch fallende Zinsen ausgeglichen. Der sich bis dahin trotz steigender Häuserpreise seitwärts bewegende sogenannte Erschwinglichkeits-Indikator begann zu fallen, Häuser waren für die privaten Haushalte also schwerer zu finanzieren. Dies ließ die Preise nicht sofort einbrechen, aber die Spannungen am Markt nahmen ab diesem Zeitpunkt zu. Verstärkt wurde diese Tendenz 2005, als die Zinsen zu steigen begannen und der Affordability-Index weiter fiel. Der Rest ist bekannt. Bekannt ist auch, dass sich die Geschichte immer wiederholt. Nur wann – das ist noch offen.