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Boehringer Ingelheim baut Produktionsanlage in NÖ nicht

Unternehmen: Künftiger Bedarf an Biopharmazie-Kapazitäten bereits abgedeckt - Investment von 1,2 Mrd.Euro war geplant - Betrieb hätte 2026 starten sollen
Michael Neubauer

Der deutsche Pharmakonzern Boehringer Ingelheim wird die geplante Errichtung einer Produktionsanlage in Bruck an der Leitha in Niederösterreich nicht in die Tat umsetzen. Verwiesen wurde am Dienstag seitens des Unternehmens darauf, dass der erwartete künftige Bedarf für Produktionskapazitäten in der Biopharmazie mit den bestehenden Standorten abgedeckt sei. Angedacht war ein Investment von 1,2 Mrd. Euro. Der Betrieb hätte 2026 starten und 800 Arbeitsplätze bringen sollen.

Die Produktpipeline erfordere eine "klare Fokussierung und Priorisierung", hieß es in einem Unternehmens-Statement. Bis 2030 strebe man die Markteinführung von rund 25 neuen Wirkstoffen an. "Deren Produktion wird auch die Einführung neuer Herstelltechnologien erforderlich machen. Demgegenüber ist der erwartete künftige Bedarf für Produktionskapazitäten in der Biopharmazie – nicht zuletzt durch die kürzlich in Betrieb genommene Zellkulturanlage in Wien – mit den bestehenden Produktionsanlagen abgedeckt", hieß es.

Matthias Sturm, Sprecher von Boehringer Ingelheim RCV, sagte zur APA, dass sich das Projekt Bruck an der Leitha noch in der Planungsphase befunden habe. Während eines Evaluierungsprozesses habe sich die Produktpipeline verschoben. Ein Ersatzprojekt sei aktuell nicht geplant. Bekräftigt wurde trotz der vorliegenden Entscheidung ein "Bekenntnis zum Standort Österreich". In den vergangenen zehn Jahren habe Boehringer Ingelheim mehr als eine Milliarde Euro in den Standortausbau investiert, für 2024 sei die Eröffnung eines neuen Krebsforschungsgebäudes geplant.

In der laut Plänen aus dem Vorjahr BioNex genannten biopharmazeutischen Anlage in der niederösterreichischen Bezirksstadt sollten Medikamente gegen Krebs, Herzinfarkte und Schlaganfälle hergestellt werden. Es hätte sich um einen ähnlichen Standort wie jenen handeln sollen, den Boehringer Ingelheim von 2015 bis 2021 in Wien gebaut hat. Hier wurden 700 Mio. Euro investiert. Die geplante Anlage in Bruck an der Leitha war Anfang April 2022 im Beisein der damaligen Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck sowie von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (beide ÖVP) und Brucks Bürgermeister Gerhard Weil (SPÖ) der Öffentlichkeit als Erfolgsprojekt vorgestellt worden.

Anfänglicher Jubel ist nun verflogen. In Niederösterreich wurde "diese Konzernentscheidung mit großem Bedauern zur Kenntnis" genommen, wie es Jochen Danninger, Chef des ÖVP-Landtagsklubs und Ecoplus-Aufsichtsratsvorsitzender, ausdrückte. Als Ex-Wirtschaftslandesrat hatte er das einstige Vorzeigeprojekt im Vorjahr begleitet. Er sah im nunmehrigen Schritt auch einen "äußerst schmerzhaften Warnschuss für den Wirtschaftsstandort Österreich".

Mikl-Leitner betonte in einer Aussendung, dass dennoch am Biotech Campus Hainburg festgehalten werde. "Die in der Region ansässigen Biotech-Firmen wie Takeda und Pfizer haben großen Bedarf an Fachkräften im Bereich der Biotechnologie. Daher investieren wir weiterhin in den Campus und setzen den geplanten FH-Lehrgang und das neue Gymnasium um."

"Maßlos enttäuscht über die Entscheidung des Konzerns" zeigte sich indes Bürgermeister Weil. Es seien schließlich bereits Vorarbeiten geleistet worden.

Als "eine Katastrophe für den Wirtschaftsstandort Niederösterreich" bezeichnete Landesrat Sven Hergovich, Landesparteivorsitzender der SPÖ, die Unternehmensentscheidung. "Es braucht einen Schulterschluss aller Parteien und Sozialpartner, um ein rasches und möglichst gleichwertiges Alternativinvestment für die Region und damit Arbeitsplätze zu sichern", forderte er.