IMMOunited

Bonitätsschwache Unternehmen zunehmend unter Finanzierungsdruck

Schwabe, Ley & Greiner (SLG): Bankenfinanzierung für schwächelnde Firmen herausfordernd
Patrick Baldia
Bonitätsschwache Unternehmen zunehmend unter Finanzierungsdruck
© AdobeStock | Eine aktuelle Umfrage zeigt auf, wie schwierig es für Unternehmen mit schwacher Bonität ist, zu einer Bankfinanzierung zu kommen

Vor dem Hintergrund eines restriktiven Kreditumfelds hat SLG, ein Beratungsunternehmen für Finanz- und Treasury-Management, Firmen im DACH-Raum zu ihrer Finanzierungssituation befragt. Das Ergebnis: 47 % der Unternehmen berichten von einer Verschärfung der Finanzierungsbedingungen in den letzten zwölf Monaten. Während bonitätsstarke Unternehmen wenig(er) Handlungsdruck verspüren, bläst Betrieben mit schwächeren Bonitäten ein schärferer Wind entgegen: Mehr als die Hälfte (55 %) sagt, dass sich die Bereitschaft der Banken, ihr Unternehmen zu finanzieren im letzten Jahr verringert hat. Umgekehrt haben nur 19 % der bonitätsstarken Firmen diese Erfahrung gemacht. 

„Unternehmen mit Top-Bonitäten finden grundsätzlich bessere Finanzierungsbedingungen vor. Sie haben einen größeren und stabileren Investorenkreis, der besonders in Krisenzeiten nützt. Unternehmen mit höherem Kreditrisiko hingegen sind stärker von Banken abhängig - 60 % ihrer Finanzierungen kommen von Kreditinstituten. Die Krux dabei: Gerade diese Firmen treffen derzeit auf eine geringere Finanzierungsbereitschaft der Banken und bekommen dies in erster Linie durch höhere Kreditmargen, strengere vertragliche Auflagen und ein geringeres Finanzierungsvolumen zu spüren. Daraus kann sich eine Abwärtsspirale ergeben, die unternehmensbedrohend werden kann.“  
—Michael Juen, Managing Director und Partner SLG

Bankkredite mit hohem Stellenwert im Finanzierungsmix österreichischer Unternehmen

Wie wichtig die Rolle der Kreditinstitute ist, zeigt die Tatsache, dass laut Studie fast ein Viertel (20 %) der Unternehmen mindestens 90 % ihrer Finanzierungsvolumina über Banken abwickelt. Österreichische Unternehmen haben mit durchschnittlich 57 % einen höheren Anteil an Bankfinanzierungen im Portfolio als deutsche (46 %) bzw. Schweizer (44 %) Firmen, die tendenziell stärker auf Kapitalmarktinstrumente zurückgreifen. 

Die gewährten Mittel wurden von den befragten Unternehmen in den letzten zwölf Monaten vor allem für Investitionen (62 %), beispielsweise für neue Betriebs- und Geschäftsausstattung, Immobilien oder Maschinen, oder Working Capital Finanzierung (61 %), Back-Up Fazilitäten (51 %), Refinanzierung (29 %), M&A (23 %) und Lagerfinanzierungen (21 %) eingesetzt. 

Jedes zweite Unternehmen hat zuletzt Liquidität verbessert 

Unternehmen mit schwacher Bonität reagieren mit einem ganzen Maßnahmenbündel auf die Marktsituation und versuchen, ihre Liquidität zu stärken. 38 % von ihnen haben im letzten Jahr Investitionsprogramme verschoben sowie Kostensenkungsprogramme und Maßnahmen zur Reduzierung ihres Working-Capital-Bedarfs umgesetzt. Nur 8 % haben keine Maßnahmen getroffen. 29 % der bonitätsstarken Firmen hingegen mussten keine und 34 % nur eine der oben genannten Maßnahmen setzen.

„Am häufigsten wählten die Unternehmen Schritte, um ihren Working-Capital-Bedarf zu senken. Sie dürften hier versuchen, die hohen Sicherungsbestände in den Lagern, die während und nach Corona aufgebaut wurden, wieder auf ein geringeres Maß abzusenken. Investitionsverschiebungen wurden hauptsächlich mit unsicherer oder negativer Marktentwicklung begründet. Die hohen Finanzierungskosten allein wurden deutlich weniger häufig als Investitionshindernisse genannt“, erklärt Juen.

70 % aller befragten Unternehmen verfügen über eine definierte Liquiditätsreserve. Diese soll hauptsächlich planmäßige (Saisonalität) und außerplanmäßige (Risikopuffer) Geschäftsschwankungen abfedern. Als häufigstes Instrument für die Haltung der Reserve werden liquide Mittel (83 %) und Kreditlinien mit fixer Laufzeit (65 %) genannt. Eine Erhöhung der Reserve in den letzten zwölf Monaten als Reaktion auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erfolgte bei 22 % der befragten Unternehmen. Nur 8 % der bonitätsschwachen Unternehmen erhöhten ihre Reserven.

ESG-Ratings als wichtige Basis für Bankenfinanzierung 

Die Nachhaltigkeitsrisiken von Unternehmen und die gesetzten Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels spielen für Banken eine bedeutende Rolle in der Kreditvergabe. Das spiegelt sich auch in der Einschätzung der befragten Firmen wider: 38 % der Unternehmen mit Bankfinanzierungen berichten von verschärften ESG-Standards der Kreditinstitute. Die steigenden Anforderungen veranlassen die Unternehmen, externe ESG-Bewertungen einzuholen. 42 % der Unternehmen verfügen über ESG-Ratings, weitere 20 % planen in den nächsten zwölf Monaten einen ESG-Ratingprozess zu durchlaufen.

38 % haben bereits nachhaltige Finanzierungsinstrumente im Portfolio. Eine (nahezu) vollständige Klassifizierung des gesamten Finanzierungsportfolios als nachhaltig oder grün erreicht jedoch nur eine Minderheit. Knapp die Hälfte aller Unternehmen mit grünen oder nachhaltigen Finanzierungen meldet Portfolioanteile von 25 % oder darunter.

Diskussion der drängendsten Fragen der Finanzwelt an drei Tagen in Schladming

Um effiziente Liquiditätsplanung und innovative Finanzierungsstrategien wird es u. a. auch bei der zweiten Treasury & Finance Convention vom 11. bis 13. September 2024 in Schladming gehen. SLG ist Gastgeber dieses Branchentreffs für Finanzverantwortliche aus Österreich, Deutschland und der Schweiz. Mit Keynotes von Peter Filzmaier und Martin Schulz erwarten die Teilnehmer fundierte Einblicke in das Superwahljahr 2024. Zentral wird auch die Diskussion um den Wirtschaftsstandort Österreich mit namhaften Vertretern aus Unternehmen, WKO und Banken sein. Rund 30 Aussteller auf sechs Bühnen und 40 Programmpunkte warten auf die mehr als 400 Teilnehmer. Mehr Informationen unter: https://treasury-finance-convention.at/ 

Über die Studie

SLG hat für die vorliegende Studie 125 Unternehmen im DACH-Raum zwischen 19.6. und 7.7. 2024 zu ihrer Finanzierungssituation befragt. 22 % der Unternehmen stammen aus Österreich, 60 % aus Deutschland, 11 % aus der Schweiz. Davon verfügen 58 % über eine Bonität im Investment-Grade, 21 % über eine Bonität im Non-Investment-Grade.