Seit Herbst greifen strengere Vergaberegeln für Immobilienkredite. Die Front gegen diese härteren Regeln ist zuletzt immer breiter geworden. Kritik kommt von Banken, der Immobilienwirtschaft und nun auch von der Gewerkschaft. "Die Erfahrungen nach rund einem halben Jahr zeigen, dass die Anzahl der Darlehen um 50 bis 70 Prozent eingebrochen sind", alarmiert etwa WKÖ-Immobilien- und Vermögenstreuhänder-Obmann Gerald Gollenz. Bei Zwischenfinanzierungen könnte sich etwas tun.
"Die Chance, Eigentum zu erwerben statt ewig in Miete zu wohnen, werden erheblich eingeschränkt", bekräftigte Gollenz eine Kritik, die zuvor auch von Bankenvertreterinnen und Bankenvertretern gekommen war. Auch die Vertretung der Immobilienmakler argumentierte am Freitag mit "unüberwindbaren Hürden" etwa für Jungfamilien. Praxisfremd sei etwa, dass man eine vorhandene Immobilie verkaufen müsse, erst dann eine neue erwerben könne.
Unterstützung kam am Freitag dann auch von der Gewerkschaft Bau-Holz. "Jungfamilien müssen die Möglichkeit bekommen, bei ausreichend vorhandenen Sicherheiten ihr Eigenheim wieder finanzieren zu können", so Vorsitzender Josef Muchitsch, designierter FSG-Chef und SPÖ-Politiker. "Arbeitsplätze sind gefährdet. Mittlerweile steht fest, dass der damalige Weg (strengere Vergabekriterien umzusetzen, Anm.) der falsche war."
Es gehöre rasch reagiert und die Vergabekriterien gelockert, so Muchitsch ähnlich wie die Wirtschaftsvertreter. Am kommenden Montag soll es eine dahingehende und womöglich entscheidende Sitzung des Finanzmarktstabilitätsgremiums (FMSG) in Wien geben. Dort sitzen Vertreter des Finanzministeriums von denen einer das Gremium auch leitet sowie Vertreter der Nationalbank (OeNB), des Fiskalrats und der FMA. Die FMA folgt verpflichtenden Empfehlungen des Gremiums und ist für die Verordnung zuständig. Auch ÖVP-Politikerinnen und -Politiker wie Finanzminister Magnus Brunner und Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner wollen Lockerungen - beinahe schon seitdem die Verordnung greift.
"Die auf den privaten Hausbau und die Errichtung von Wohnungen spezialisierten Baufirmen sind mit massiven Auftragsrückgängen konfrontiert", warnte WKÖ-Bau-Bundesinnungsmeister Robert Jägersberger. "Erleichterungen beim Eigenmittelanteil und bei den anderen Finanzierungsvorgaben sind dringend notwendig. Die Kriterien müssen einfacher, unbürokratischer und großzügiger gestaltet werden, um die Konjunktur nicht abzuwürgen."
Bestehende Immobilien sollen aus Sicht von Banken, Bau- und Immobilienwirtschaft wieder zur Gänze angerechnet werden können. Womöglich könnte man sich bei einer etwaigen Lockerung der verschärften Regeln darauf einigen, das ein Anteil einer bestehenden Immobilie angerechnet wird. So hieß es zuletzt in den "Oberösterreichischen Nachrichten", dass die Finanzmarktaufsicht (FMA) sich eine 70-prozentige Anrechnung vorstellen könne. "Da ein Verkauf einer Immobilie vielfach mehrere Monate in Anspruch nimmt, ist es kaum möglich, seine aktuelle Wunschimmobilie zu erwerben, da diese in der Regel dann nicht mehr am Markt ist", argumentierte Arno Wimmer, Berufsgruppensprecher der Immobilienmakler im WKÖ-Fachverband, am Freitag in einer Aussendung.
"Aktuell führt dieses Dilemma dazu, dass alternativ etwa mit deutschen Banken, die nicht an diese Vorgaben gebunden sind, finanziert wird, was für die Betroffenen höhere Kosten bedeutet", so wiederum WKÖ-Vertreter Gollenz. Also sollten "Zwischenfinanzierungen aus dem Geltungsbereich der Verordnung ausgenommen werden". Der Immobilienwert aus der Immobilie, die verkauft werden soll, sei schließlich gänzlich vorhanden. Das minimiere Ausfallsrisiken für die Banken.
Auch bei einer Pressekonferenz der Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) am Freitag in Salzburg, wo bald Landtagswahlen stattfinden, war die Immobilienkreditvergabe Thema. Es gibt laut Aussendung zum Medientermin "positive Signale" dass es bei der Zwischenfinanzierung zu Lockerungen kommen könnte. Auf Nachfrage sagte Plakolm zur APA, dass die zugrundeliegende Verordnung "realitätsfremd und gefährlich" sei. "Sie nimmt jungen Menschen (...) die Perspektive auf die eigenen vier Wände." Auch die Staatsekretärin verwies darauf, dass sich die Berichte vor allem aus Grenzregionen mehrten, wonach "sich junge Familie einen Kredit in Deutschland holen, weil dort die Richtlinien weniger streng sind". Mit der derzeit gültigen Verordnung werde ein "Kredit-Tourismus geschaffen, der auch unserem Standort schadet". Also gehörten die Regelungen entschärft.
Grundsätzlich ist es laut FMA Ziel der Verordnung, "die exzessiven Aspekte der Immobilienkreditvergabe zu adressieren". Kreditnehmer sollen sich den Kredit "tatsächlich leisten" können. Seit der strengeren Auslegung der sogenannten KIM-VO (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung) dürfen Wohnbaukredite dürfen nicht mehr länger als 35 Jahre laufen, der Eigenmittelanteil muss mindestens 20 Prozent betragen, die Rückzahlungsrate darf maximal 40 Prozent des verfügbaren Nettoeinkommens ausmachen.
Diskussionswürdig ist aus Sicht der Wirtschaftsvertreter auch die höchstens 40-prozentige Schuldendienstquote (Rückzahlungsrate). Diese treibe Menschen in den Mietmarkt. "Das könnte neuerlich Druck auf die Höhe der Mieten auslösen." Gollenz meint, die Schuldendienstquote "sollte nicht starr vorgegeben sein, sondern alle Komponenten - wie etwa niedrige Kosten bei besonders energieeffizienten Gebäuden - berücksichtigen". "Ganz wichtig wäre das vor allem bei Immobilienfinanzierungen mit Fixzinssatz auf eine Mindestlaufzeit", so Wimmer dazu.
Besonders schwer hätten es die Immobilienverkäuferinnen und -verkäufer, so die Wirtschaftskämmerer. Diese seien "schon durch die Zinsanhebungen belastet" und hätten es "generell immer schwerer, für sich und die nächsten Generationen Eigentum zu schaffen". (apa)