Die Zusammenarbeit zwischen dem international renommierten Spezialisten für komplexe Dach- und Fassadenkonstruktionen se-austria aus Schörfing und der Firma WIEHAG, Holzbauunternehmen aus Altheim, hat ein weiteres architektonisches Highlight in Londons Geschäftsviertel Canary Wharf hervorgebracht.
Im Juni konnten die beiden oberösterreichischen Unternehmen die spektakuläre Dachkonstruktion der Canary Wharf Crossrail Station, die, wie der gesamte Bahnhof, nach Entwürfen von Lord Norman Foster im Entstehen ist, dem Bauherrn übergeben. Für das 300 Meter lange tonnenförmige Dach wurden 780 Membrankissen auf 1.414 Holzleimbinder montiert. Der Bahnhof, der sich in einem Seitenarm der Themse befindet, ist Teil des derzeit größten Infrastrukturprojekts Europas, der Regional-Expresslinie Crossrail, die ab 2018 den Flughafen Heathrow mit Londons Osten verbinden wird.
Mit der Kombination von Holzunterkonstruktion und ETFE-Kissen betraten die beiden Unternehen Neuland. WIEHAG lieferte das tonnenförmige Holz-Schalentragwerk, auf das se-austria mit der Kissenkonstruktion aufsetzte. Neben regelmäßig stattfindenden Abstimmungen zwischen den beiden Teams während der Planungs-und Bauphase wurden mit einem gemeinsamen 3D-Modell von Beginn an die Weichen für eine reibungslose Zusammenarbeit gestellt. Das Gesamtauftragsvolumen für Holzkonstruktion und Außenhülle beträgt rund 11,5 Millionen Britische Pfund.
[caption id="attachment_4295" align="aligncenter" width="300"] (c) Foster and Partners[/caption]WIEHAG fertigte und montierte innerhalb von nur sechs Monaten das Dachtragwerk. Dafür wurden insgesamt 1.000 Quadratmeter PEFC-zertifiziertes heimisches Nadelholz zu 1.414 Brettschichtholz-Elementen in der hochmodernen Produktion in Altheim verarbeitet. Noch vor Abschluss der Montage der Holzkonstruktion begann se-austria mit dem Einsetzen der ETFE-Kissen in Dreiecksform, die in den eigenen Fertigungsstätten von seele konfektioniert worden waren. Bei se-austria lag außerdem die Verantwortung für die Entwicklung, Konstruktion und Fertigung sowie Montage der Aluminiumklemmprofile, der maßgeschneiderten Abdeckbleche als Witterungsschutz der im Freien liegenden Holzträger und der Regenrinnen und schließlich für den Einbau der vier sogenannten Luftversorgungsstationen. Diese sorgen über 330 Luftverteilerkästen für den permanenten Luftaustausch zwischen den zweilagigen Kissen.
Egal, ob es sich um die 539 geschweißten Verbindungsknoten der Holzstruktur, die Größe der einzelnen Kissen oder die Abdeckbleche handelt: Kaum ein Teil des Dachs der Canary Wharf Crossrail Station gleicht dem anderen. Denn der Entwurf des Architekturbüros Foster + Partners sah bis zu 30 Meter weit über das Wasser auskragende Gebäudeenden vor. Wegen der damit verbundenen Änderung in der Geometrie der Dreiecksstruktur war sowohl bei der Dimensionierung der Holzelemente als auch der Kissenformate eine hohe Individualisierung notwendig, um einen nahtlosen und harmonischen Übergang zu schaffen. Die durch die transparenten Kissen vermittelte Leichtigkeit und die sichtbare Holzkonstruktion prägen den Charme der innovativen Lösungen, mit denen se-austria und WIEHAG den Wünschen von Bauherrn und Architekt gerecht wurden.
Für größtmögliche Flexibilität und Wirtschaftlichkeit sorgte das parametrische Konstruieren. Dies bedeutet, dass Prozessabläufe dynamisch miteinander verknüpft, Fertigungsdaten programmiert und automatisiert erstellt werden. Bei Veränderung von Parametern war es so möglich, automatisch alle betroffenen Elemente anzupassen. „Parametric Design“ ermöglicht technische Änderungen kurzfristig vorzunehmen. Modifikationen konnten in allen Plänen und Datensätzen „auf Knopfdruck“ aktualisiert werden. Gleichzeitig trug die gezielte Programmierung in der Bauplanung dazu bei, Ausschuss bzw. Verschnitt vonRessourcen denkbar gering zu halten – ein Vorteil in ökologischer wie wirtschaftlicher Hinsicht.
Schon in der Bauphase bewies das Dach des Canary-Wharf-Bahnhofs außergewöhnliche Anziehungskraft. Die BBC berichtete mehrfach vom Baufortschritt und dokumentierte die Montage der EFTE-Kissen, an der in Spitzenzeiten rund 45 Mann beteiligt waren, live. Zu Mittag pilgern regelmäßig Angestellte aus dem Geschäftsviertel herbei, um sich von dem außerordentlichen Projekt beeindrucken zu lassen. , und auch Touristen, die in den Londoner Docklands unterwegs sind, lassen sich diese neue Architekturattraktion nicht entgehen.