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Chancengleichheit

Der soziale Wohnbau nimmt in Österreich einen großen Stellenwert ein. Mittlerweile sind mehr als 60 Prozent des gesamten Mietwohnungsbestandes in Österreich dem kommunalen und gemeinnützigen Sektor zuzuordnen.
Martin Prunbauer

Der soziale Wohnbau nimmt in Österreich einen großen Stellenwert ein. Mittlerweile sind mehr als 60 Prozent des gesamten Mietwohnungsbestandes in Österreich dem kommunalen und gemeinnützigen Sektor zuzuordnen. Tendenz steigend. Steuerliche, aber auch eine Reihe weiterer Begünstigungen und Privilegien – im Bereich von Grundstückspreisen und Flächenwidmung – von denen Anbieter von Genossenschafts- und Gemeindewohnungen profitieren, machen es überhaupt möglich, der Bevölkerung Wohnraum zu vergünstigten Bedingungen zur Verfügung zu stellen.

Die privaten Vermieter hingegen können auf diese Möglichkeiten nicht zurückgreifen. Sie stehen damit logischerweise im Verhältnis zum öffentlichen Mietsektor in einem eindeutigen Wettbewerbsnachteil.

Die mangelnde soziale Treffsicherheit bei der Vergabe von Sozialwohnungen schafft auch einen Nährboden für eine starke Unzufriedenheit über den privaten Wohnungsmarkt. Hauptsächlich davon betroffen sind einkommensschwache Wohnungssuchende. Wer nämlich aufgrund langer Wartelisten, mangels Wohnsitz oder anderer fehlender Voraussetzungen keine günstige Gemeinde- oder Genossenschaftswohnung ergattern kann, ist auf den privaten Mietwohnungsmarkt angewiesen. Dort schützt das österreichische Mietrecht großzügig privilegierte Altmieter und deren nahe Angehörige, die in einen solchen Mietvertrag eintreten und begünstigt damit ungerechtfertigter Weise das Entstehen einer Zweiklassengesellschaft.

Keinesfalls als Verbesserung, sondern als reiner Populismus erwies sich das im vergangenen Jahr beschlossene Einfrieren der Richtwerte für ein weiteres Jahr. Durch diese Maßnahme wurden aufgrund reduzierter Mieteinnahmen nicht nur nachhaltige Investitionen in die Wohnraumschaffung und -sanierung gebremst, das absichtliche Übergehen einer Valorisierung bezog sich auf den ohnedies preisgeschützten Bereich. Dies führte zu Wohlstandseffekten bei Bestandsmietern überregulierter Wohnungen und vergrößerte darüber hinaus den Ansturm von Wohnungssuchenden gerade auf dieses Wohnungssegment. Und wieder wurden die Falschen geschützt: Jeder Vermieter entscheidet sich in Zeiten zunehmender Wohnungsnachfrage für einen einkommensstarken Vertragspartner.

Dass auf diese Weise das eigentliche Ziel, für vermehrt Wohnraum zu sorgen, nicht erreicht werden kann, hinderte die SPÖ nicht daran, sich jüngst wieder für eine weitere Aussetzung der Richtwert-Anpassung stark zu machen; trotz laufender Wertsicherung der Gebühren für Wasser, Müll & Co, versteht sich.

Eine vernünftige, faire und ausgewogene Wohnungspolitik müsste zu dem Schluss gelangen, dass noch strengere Regulierungen, Beschränkungen und Sanktionen im privaten Immobiliensektor kontraproduktiv sind und gerade Lockerungen sowie Schaffung von Investitionsanreizen für Entspannung sorgen können.

Um künftig Ungerechtigkeiten einer Zweiklassengesellschaft zu beseitigen und keinen weiteren Nährboden für Unzufriedenheit zu schaffen, müssen Bestandsmieten – im sozialen Wohnbau wie auch im privaten Mietsektor – auf ein angemessenes Maß erhöht werden. Auch die neu abzuschließenden Mietverträge in künftig zu errichtenden Anlagen der öffentlichen Hand sollen einen angemessenen Mietzins zur Grundlage haben. Jenen Mietern, die weniger verdienen, soll hingegen im Bereich der kommunalen Wohnungen ein – je nach Förderwürdigkeit – gestaffelter Nachlass auf den angemessenen Mietzins gewährt werden. Ein daraus zu erzielender Überschuss soll zweckgebunden für die Subjektförderung auf dem privaten Markt verwendet werden. Auf diese Weise wird die aktuelle Fehlbelegung im sozialen Wohnbau beseitigt und werden diejenigen im Wohnen unterstützt, die tatsächlich Bedarf haben.