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Spannungsfeld Stadthotellerie

Lukas Hochedlinger, Managing Director von Christie & Co über die strauchelnde Branche und wer letzten Endes übrigbleiben wird.
Lisa Grüner
Lukas Hochedlinger, Christie
Lukas Hochedlinger, Christie
© Christie

Wie nachhaltig hat Corona die Situation für die Stadthotellerie verändert?

Die Branche wurde von der Schlagseite getroffen. Das Image der Stadthotellerie war gut, internationale Gäste wurden positiv gewertet, Kongresse waren sehr begehrt und dann kam Corona. Derzeit ist die Situation so, dass die Hälfte der Hotels noch nicht offen haben, 80-90 Prozent der internationalen Gäste fehlen und damit nur 20-40 Prozent der Zimmer belegt sind. Was soll man da sagen? Den Hotels wurde die Geschäftsgrundlage entzogen. Auch wenn die bestehenden Hotels versuchen, ihre Kosten zu reduzieren, so ist es kaum möglich, den Betrieb langfristig nachhaltig wirtschaftlich zu führen. Hotels in den niedrigen Kategorien tun sich da leicht, da sie weniger Service anbieten müssen, in der 4-5 Sterne-Hotellerie erwarten die Gäste jedoch entsprechenden Service und der ist personalintensiv und damit teuer.

Mit welchen Marketingmaßnahmen versuchen die Hotels Umsätze zu generieren?

Einige Hotels vermieten Zimmer als Office, andere bieten für einen Pauschalbetrag X ein Nächtigungskontingent an. Da die asiatischen und arabischen Gäste in der nächsten Zeit wohl nicht im großen Stil kommen, versuchen sie eine andere Zielgruppe anzuziehen, beispielsweise aus den osteuropäischen Nachbarländern. Die Tendenz ist schon so, dass die Meetings sachte zurückkommen, genauso wie die Veranstaltungen, mit dem großen Aber, dass sich das je nach News und Fallzahlen schlagartig ändert.

Gibt es noch weitere Zwickmühlen, in denen sich die Hotels befinden?

Grundsätzlich gilt, je attraktiver die Stadt generell ist, um so leichter wird man wieder aufsperren können. Allerdings ist die Situation derzeit so, dass viele Hotels bis Jahresende nicht aufsperren werden. Es kommt auch darauf an, ob das Hotel durch den Eigentümer oder eine Hotelgruppe geführt wird. Manche Hotels haben im Vertrag eine Betriebspflicht. Die anderen stehen vor dem Dilemma: Sperren sie zu früh auf und haben den Umsatz nicht, verbrennen sie Geld, sperren sie zu spät auf, verlieren sie Gäste an andere Hotels …

Wie steht es um die Gesprächsbereitschaft der Eigentümer bzw. Verpächter, wenn es um Pachtreduktionen geht?

Anfangs waren alle Corona-gelähmt, danach suchten die Eigentümer und Betreiber das Gespräch, um Lösungen zu finden. Mittlerweile hat man erkannt, dass sich die Thematik doch hinzieht und nicht so schnell vom Tisch ist. Dazu kommt natürlich auch, dass man sich Förderungen wie Kurzarbeit, Fixkostenzuschüsse, Kreditstundungen etc. genau anschauen muss.

Wie wirkt sich das auf neue Pachtverträge aus?

Vor Corona gab es genügend Betreiber, die Fixpachten unterschrieben haben, das wird jetzt nicht mehr so sein. Zumindest für die nächsten ein bis zwei Jahre wird man variable Anteile hineinnehmen. Grundsätzlich versucht jeder aus der Situation zu lernen und mögliche Verluste zu beschränken.

Wie geht es mit dem geplanten Hotelprojekt Radisson Red am Donaukanal weiter?

Laut derzeitigem Stand wird es weiter entwickelt werden. 

Gibt es Verträge, die mit Betreibern gelöst werden? Wie sieht das Szenario aus? 

Manche stehen vor dem Problem, dass sie die Finanzierung nicht mehr so bekommen, wie sie sie wollten, auch wenn der Mietvertrag schon unterschrieben wurde, treten manche zurück, das hat auch den Vorteil, dass Entwickler nicht bzw. nicht sofort bauen müssen.

Wie leicht kommen Betreiber aus den Pachtverträgen raus?

Unterschiedlich, das kommt darauf an, wer pachtet: Ist es eine Pachtgesellschaft oder die Muttergesellschaft? Im Worst Case kann man eine Pachtgesellschaft leichter gegen die Wand fahren lassen, wenn z.B. eine hohe Pacht unterschrieben wurde, jetzt die Eröffnung ist und z.B. eine Verlustaussicht von drei Millionen besteht, dann ist es bei einer gestellten Sicherheit von einer Million Euro sinnvoller, einfach die Pachtgesellschaft insolvent gehen zu lassen, so keine andere Lösung gefunden werden kann. In der Praxis bemühen sich alle Beteiligten, kurz- bis mittelfristig eine Lösung zu finden. Es ist auch durch Nachlässe sinnvoll, einen Liquiditätspolster bei den Betreiber zu lassen, mit der Hoffnung in ein bis zwei Jahren vom Entgegenkommen zu profitieren.

Wie sehen Sie generell die Entwicklung im 2. Halbjahr 2020?

Es wird noch eine Zeit brauchen, bis die Auswirkungen zu spüren sind. Ich denke, die Situation wird sich erst 2022/2023 wieder normalisieren. Momentan muss am Imageschaden der Hotellerie und Gastronomie gearbeitet werden. Es ist ja ein tolles Business. In Bezug auf die Investoren glaube ich, dass sie grundsätzlich träge sind und trotzdem nach wie vor einen einfachen Vertrag ohne viel Organisationsaufwand wollen.

Wird es eine Schnäppchenjagd auf Hotels geben?

Einige Investoren bringen sich in Stellung, um zu kaufen. Da derzeit viel gestundet wird, ist es noch nicht so, dass Hotelimmobilien verschleudert werden bzw. die Preise nachgeben. Manche Käufer erwarten 10-15 Prozent Nachlass, das wird noch nicht erfüllt. 2021 kann es aber durchaus sein, dass manchen die Luft ausgeht. Da müssen die Verkäufer aufpassen, dass ihnen genug Reserven bleiben, um einen Verkaufsprozess durchzuführen, auf der anderen Seite sind natürlich auch die Banken nach der Finanzkrise vorsichtig beim Finanzieren.

Welche Hotels triff es am härtesten?

In der Stadthotellerie sind die unterschiedlichen Kategorien verschieden stark betroffen, am besten geht es dem mittleren Segment (3 Sterne), am härtesten trifft es die hohen Kategorien, die  leben von Touristen und müssen viel an Service bieten und den niedrigen Kategorien wie Hostels etc. fehlen die Schulgruppen etc. - denen geht es auch nicht gut.

Lukas Hochedlinger, ist Managing Director Central & Northern Europe bei Christie & Co.