Das Projekt COUNT (Concreting under traffic), gefördert von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft, unterstützt das ehrgeizige Ziel, den beträchtlichen Bestand an Transportinfrastruktur durch effiziente Sanierung zu erhalten und dadurch im Vergleich zum Neubau erhebliche Mengen an CO2 einzusparen. Dabei steht die Verlängerung der Lebensdauer bestehender Bauwerke wie Straßen- oder Eisenbahnbrücken im Fokus, um dadurch Straßensperren für Neubauten zu vermeiden und gleichzeitig einen nachhaltigen Beitrag zur Reduzierung der Umweltauswirkungen zu leisten.
Stahlbetonbauwerke unterliegen hohen Anforderungen in Bezug auf Tragsicherheit und Dauerhaftigkeit. Ein potenzielles Problem bei solchen Bauwerken sind Schwachstellen, die das Eindringen von Wasser, Tausalz oder ähnlichen Substanzen ermöglichen. Diese entstehen durch verschiedene Beanspruchungen im Laufe der Zeit und beeinträchtigen die Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit von Stahlbeton, was eine umfangreiche Sanierung oder gar einen Neubau notwendig macht.
Betonieren unter Verkehr: Effiziente Sanierung ohne Sperrung
Die große Herausforderung bei Sanierungsmaßnahmen auf Brücken besteht darin, dass der Beton während des Erhärtens „Ruhe“ benötigt und die Brücke daher oftmals für diese Zeit gesperrt werden muss. COUNT zielt darauf ab, das Betonieren an Brücken unter laufendem Verkehr zu ermöglichen. Dadurch sollen Sperrungen oder aufwendige Unterstützungskonstruktionen unter Betonierfugen vermieden werden.
Im Rahmen des Projekts wird diese innovative Sanierungsmethode erstmals unter realen Bedingungen untersucht. Hierbei werden Prüfkörper mit dem Mobile Seismic Simulator (MoSeS) des AIT systematisch zum Schwingen angeregt. In weiteren Versuchsreihen werden bewehrte Betonplatten durchgeschüttelt, um die Auswirkungen von Erschütterungen auf das Zusammenspiel zwischen Beton und Stahl zu untersuchen. Nach einer 28-tägigen Aushärtephase erfolgen umfassende Untersuchungen durch Smart Minerals, um Auswirkungen auf Festigkeit und Dauerhaftigkeit zu analysieren sowie mit begleitenden mikroskopischen Untersuchungen Gefügeänderungen aufgrund der Schwingungsanregung ableiten zu können. Das gemeinsame Hauptziel des Projekts besteht darin, einen Grenzwert für harmlose Erschütterungen beim Aushärten von Beton zu definieren. Dabei stehen verschiedene Schwingungsarten sowie in der Praxis eingesetzte Betonrezepturen im Zentrum der Untersuchungen, um die gewonnenen Erkenntnisse zielgerichtet bei zukünftigen Instandsetzungsarbeiten anzuwenden.
Innovative Messtechnik für authentische Ergebnisse
Ein wichtiger Aspekt des Projekts ist die angewandte Messtechnik. So werden reale Schwingungssignale verwendet, um authentische Ergebnisse zu erzielen. Zusätzlich kommt die faseroptische Messung zum Einsatz, bei der Glasfasern in den Beton eingebettet werden, die die Erschütterungen und die Rissbildung erfassen. Projektkoordinator Smart Minerals analysiert im Rahmen des Projekts die unterschiedlichen Betonproben mittels Dünnschliffmikroskopie.
Der konkrete Anlassfall für das Projekt war die Sanierung der Neilreichbrücke auf der Wiener Südosttangente, bei der dringender Bedarf zum Betonieren unter Verkehr ersichtlich wurde. Das auf zweieinhalb Jahre angelegte Projekt COUNT wurde daraufhin in Zusammenarbeit von Smart Minerals und AIT initiiert und als FFG-Branchenprojekt ins Leben gerufen.
Hochkarätiges Konsortium aus Industrie und Forschung
Im Projekt COUNT arbeiten Bauherren, Bauindustrie, Planung und Forschung eng zusammen. Smart Minerals und AIT können mit dem Konsortium bestehend aus ASFINAG, ÖBB, MA 29, PORR, STRABAG, HABAU, Doka, IBBS-ZT GmbH, KMP-ZT GmbH und Mayer Ingenieurleistungen ZT auf umfassende Expertise in den Bereichen Baudynamik, Betontechnologie und Verkehrsinfrastruktur verweisen und so gemeinsam innovative Lösungen für das Betonieren unter Verkehr entwickeln, um den CO2-Fußabdruck im Bereich der Transportinfrastruktur zu reduzieren.
Das AIT Austrian Institute of Technology bringt als wissenschaftlicher Partner seine Expertise in den Bereichen Baudynamik und Erschütterungsprognosen ein. Die AIT-Expert:innen sind somit maßgeblich an der Definition eines Grenzwerts für Erschütterungen beteiligt, der den Beton-Stahl-Verbund stabil hält und somit das Betonieren unter Verkehr ermöglicht.
Die Smart Minerals GmbH legt als Bindeglied zwischen Wissenschaft und Bauwirtschaft im Projekt erstmals den betontechnologischen Fokus auf den Zusammenhang zwischen Festigkeit von Beton, den Beton-Stahl-Verbund sowie den Beton-Beton-Verbund unter einer definierten Schwingungsanregung. „Von großer Relevanz ist die Beurteilung einer möglichen Gefügeschädigung bei einer Überschreitung eines im Projekt festzulegenden Grenzwertes“, so Projektleiter Lukas Hausner, Smart Minerals.
„Die Verlängerung des Lebenszyklus von Verkehrsinfrastrukturbauwerken ist ein ganz entscheidender Beitrag auf dem Weg zu einer klimaverträglichen Mobilität. Die im Projekt COUNT gewonnenen Erkenntnisse und entwickelten Techniken können zukünftig in Sanierungsprojekten eingesetzt werden, um den CO2-Fußabdruck zu minimieren und gleichzeitig die Lebensdauer der Bauwerke zu maximieren“, so Christian Gasser, Projektverantwortlicher am AIT.