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CO2-Kompensation durch Waldschutz laut Studie kaum gegeben

CO2-Kompensation durch Waldschutz im Rahmen von "REDD+"-Projekten scheint laut einer aktuellen Studie im Fachmagazin "Science" ohne hohen Nutzen zu sein.
Michael Neubauer
Wald
Wald
© Andreas Vitting

CO2-Kompensation durch Waldschutz im Rahmen von "REDD+"-Projekten scheint laut einer aktuellen Studie im Fachmagazin "Science" ohne hohen Nutzen zu sein. "Ineffektiv für den Klimaschutz, aber ökonomisch effektiv für die Betreiber", resümierte etwa der deutsche Weltforstwirtschafter Michael Köhl von der Universität Hamburg angesichts des Ergebnisses, wonach nur etwa sechs Prozent der CO2-Zertifikate aus den untersuchten Projekten auch wirklich für vermiedene Emissionen stehen.

Betreiber solcher Waldprojekte sind Regierungen und lokale Gemeinden im Globalen Süden in vorwiegend tropischen Ökosystemen. Das dahinterstehende Konzept wurde 2005 bei den UNO-Verhandlungen der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) im Jahr 2005 diskutiert wurde. Das hehre Ziel war es, Wälder als Speicherort für Kohlenstoff finanziell attraktiv zu machen. Finanziert werden diese Projekte von Industriestaaten.

Insgesamt 26 derartiger Projekte in Südamerika, Afrika und Asien - allesamt vom US-amerikanischen Unternehmen Verra zertifiziert - wurden für die Studie untersucht, letztendlich konnten jedoch tatsächlich nur 18 ausgewertet werden, bei den acht anderen mangelte es an ausreichend öffentlich zugänglichen Informationen.

"Wir haben festgestellt, dass die meisten Projekte die Entwaldung nicht signifikant verringert haben. Bei den Projekten, bei denen dies der Fall war, waren die Reduzierungen wesentlich geringer als behauptet", lautet dabei das ernüchternde Resultat.

Die Studienautorinnen und Studioautoren unter Leitung von Thales A. P. West (Universität Cambridge) wählten für jedes untersuchte Projekt Kontrollflächen mit ähnlichen Eigenschaften wie etwa der historischen Abholzungsrate, die aber im Gegensatz zur Projektfläche nicht unter Schutz gestellt war. Am Beispiel von Peru ergab sich eine durchschnittliche Einschränkung des Waldverlusts im Zeitraum von über zehn Jahren von einem Viertelprozent (0,24) - das entspricht einer vermiedenen Entwaldung von 686 Hektar pro Jahr. Noch schlechter sah es in Kolumbien aus, wo ganze 0,03 Prozent oder 49 Hektar pro Jahr an Waldverlust vermieden wurde. Die gesamte Waldfläche in Peru betrug laut Weltbankdaten vom 2020 insgesamt 72.330.400 Hektar, jene in Kolumbien 59.141.900 Hektar.

Die Ineffektivität der "REDD+"-Projekte scheint laut dem Experten Köhl jedenfalls prolongiert: "Solange Projektbetreiber ihre Referenzflächen selbst auswählen können, wird sich daran nichts ändern", sagte er gegenüber dem Science Media Center (SMC) Deutschland. Laut SMC stehen Zertifikate aus dem Waldschutz schon lange in der Kritik, ihre Emissionseinsparungen stark zu überschätzen. "Den Marktstandards des freiwilligen Kohlenstoffmarktes fehlen unabhängige Instanzen, die die Ergebnisse der Auditierung überwachen. So kann die bewusste Überschätzung der Entwaldungsraten vor der Projektintervention nicht ausgeschlossen werden", erläuterte Jonas Hein vom deutschen IDOS-Institut. Bei Kompensationsprojekten des Kyotoprotokolls wären die Standards hingegen besser, nachdem hier zusätzliche Prüfungen stattfinden.

Insgesamt scheint die Rolle der Wälder im Klimaschutz etwas überschätzt, so kam das deutsche Öko-Institut vor zwei Jahren zu dem Schluss, dass die EU-Kommission noch einmal darüber nachdenken sollte, die Klimaleistung von Wäldern (und Mooren) auf das EU-Klimaziel 2030 anzurechnen. Zu groß seien die Unsicherheiten in Zeiten von Hitzeperioden und Waldbränden - eine Aussage, die sich in diesem Sommer bestätigt hat. Eine weitere Hiobsbotschaft lieferte zudem eine aktuelle "Nature"-Studie, laut der eine zunehmende Erderhitzung gerade im tropischen Raum die Fähigkeit der Pflanzenwelt zur Photosynthese zum Verschwinden bringt - und damit jene zur CO2-Speicherung.

Studie online unter: https://dx.doi.org/10.1126/science.ade3535 )