IMMOunited - Grundbuchauszug, Eigentumsrecht, Immobilienbewertung

Colliers Investment-Markt "Going sideways"

Colliers sieht erste Anzeichen einer Stabilisierung - Eine schnelle Entspannung ist aber eher unwahrscheinlich
Michael Neubauer
Michael Neubauer
Colliers Investment-Markt "Going sideways"
© ImmoFokus

„Natürlich sehen wir die aktuellen Schwierigkeiten am Markt, wie alle anderen auch. Die Entwicklungen der vergangenen 18–24 Monate werden uns voraussichtlich noch rund ein Jahr begleiten. Eine schnelle Entspannung ist eher unwahrscheinlich“, kommentiert Colliers Managing Partner Thomas Belina die aktuelle Situation trocken. Gleichzeitig gebe es aber auch Lichtblicke: „In vielen Bereichen zeigen sich positive Ansätze. Wir als Immobiliendienstleister sind zudem in der vergleichsweise stabilen Situation, nicht so stark unter Druck zu stehen wie Developer oder Investoren.“ Trotz aller Herausforderungen bleibe auch Raum für Optimismus in verschiedenen Assetklassen.

Für Dietmar Steger, Head of Capital Markets ist es „definitiv zu früh, um eine aussagekräftige Trendumkehr feststellen zu können. Das Investitionsklima verbessert sich zwar schrittweise, doch die restriktiven Finanzierungsbedingungen, die schwache Konjunktur, v.a. in Deutschland und Österreich, und die geopolitischen Verwerfungen dämpfen das Transaktionsvolumen noch spürbar.“ Für Steger präsentiert sich der Investmentmarkt stabil. „Daher auch der Titel unseres Berichts Going Sideways.“ Für 2025 erwarten der Investmentprofi wieder ein Volumen von rund 3 Mrd. Euro. „Zum Halbjahr lagen wir bei 1,3 Mrd., positive Abschlüsse wie zuletzt in Linz zeigen die anhaltende Nachfrage. Eigenkapital ist weiterhin entscheidend, das Finanzierungsumfeld jedoch ist der der limitierende Faktor“. Auch der Faktor Zeit spiele zunehmend eine wichtige Rolle. „Viele Deals brauchen zwei bis drei Anläufe“, so Steger. Während 2023 noch Büroimmobilien dominierten, liege der Schwerpunkt mit über 50 % des Volumens im Residential-Bereich. Was nicht verwundert: „Wohnen gilt global als sicheres Investment und treibt die Nachfrage.“ Viele institutionelle Investoren sehen Bürogebäude nach wie vor kritisch – tendenziell ist aber eine leichte Besserung zu erkennen. Während es für Tickets zwischen 20 und 50 Mio. Euro bereits robuste Nachfrage gibt, sind größere Tickets die Ausnahme. Im Retailbereich war der Kauf des Kaufhaus Tyrol im zweiten Quartal um rd. 140 Mio. Euro durch die Horn Grundbesitz die mit Abstand bedeutendste Transaktion. Fachmarktzentren mit Lebensmittelanker und einem starken Nahversorgungscharakter werden stabil nach- gefragt.

Positives kann auch Tanja Tanczer, Head of Retail, vermelden: „Wir konnten im letzten Jahr 26 und heuer bereits über 20 Vermittlungen umsetzen und sind bei Projekten wie dem Kärntner Ring Hof exklusiv mandatiert. Auf der Mariahilfer Straße haben wir mit dem Projekt Mariahilfer Straße 10–18 ein starkes Signal gesetzt.“ Auch hier vermarktet Colliers die Retail-Flächen des ehemaligen Signa Projekts Lamarr. „Wir spüren bereits eine hohe Nachfrage.“ Auch wenn die Eröffnung 2027 noch in weiter Ferne liegt.

In besonderen Top-Lagen im ersten Bezirk ist die Nachfrage höher als das Angebot, Leerstände lassen sich meist rasch nachvermieten. Herausfordernder allerdings sei die Situation auf Bezirks-Hauptstraßen, die durch Onlinehandel und Shoppingcenter unter Druck geraten. „Hier braucht es Flexibilität bei den Eigentümern.“ Zwar sind die Mieten hier nicht mehr auf Vor-Corona-Niveau, sondern rund 15–20 % niedriger, dennoch bleibt die Entwicklung positiv. „Insgesamt sehen wir aber weiterhin eine rege Expansionsbereitschaft vieler Unternehmen – nicht nur in Wien, sondern auch in Graz, Linz und Salzburg“, so Tanczer.

Da der traditionelle Büromarkt die immer größer werdende Nachfrage nach Flexibilität bei Flächengröße und Mietvertragslaufzeit nicht bedienen kann, steigt die Nach- frage nach Shared-Office-Konzepten stark, berichtet Mario Stöckel, Head of Office Real. „Die etablierten Konzepte am Wiener Büromarkt wie REGUS, SPACES, YourOffice und andys.cc sowie eine überschaubare Anzahl an Single-Location-Providern bieten potenziellen Untermietern ein breites Leistungsspektrum, das von „Rent Only“ bis zum Komplettpaket mit inkludierten Snacks und Ge- tränken, Post- und Telefondiensten reicht.“ Die Vermietung von bereits möblierten Büros biete Nutzern außerdem eine kostenschonende Alternative zur Neuanschaffung der Einrichtung. ESG-konforme Büroprojekte und flexible Arbeitsplatzkonzepte prägen den Markt – ein Trend, der sowohl Angebot als auch Nachfrage nachhaltig beeinflusst. Auffällig ist im laufenden Jahr hingegen der Trend zu Zwischennutzungen bzw. Übergangslösungen, um Bestandsvermietern die Möglichkeit zu geben, ihre Assets nachhaltig ESG- und GreenBuilding-konform aufzuwerten.

Es werden aber auch viele leere Kilometer zurückgelegt. „Auffällig ist hier, dass viele Interessenten ihre Flächengesuche, die im ersten Quartal intensiv mit potenziellen Vermietern geprüft und teilweise bereits konkret verhandelt wurden, Flächengesuche oder Umzugspläne im Laufe des zweiten Quartals abgebrochen oder zumindest verschoben haben – nicht zuletzt zugunsten attraktiver Angebote von Bestandsvermietern, die nicht selten den Zeitraum überbrücken möchten, bis große Investitionen in ihre Assets nicht mehr aufschiebbar sind.“