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Colliers: Silberstreif am Horizont

Hotelimmobilien boomen - Büro erholt sich - Lage, Lage, Lage dominiert Retail - Logisitk leidet an Konjunktur
Michael Neubauer
Colliers: Silberstreif am Horizont
v.l.n.r.: Michael Messner (Head of Industrial & Logistics), Daan Bakkenes (Head of Hotels), Tanja Tanczer (Head of Retail), Mario Stöckel (Head of Office Real Estate), Dietmar Steger (Head of Capital Markets)
© Colliers

Die erwarteten Zinsschritte, die deutlich gesunkene Inflation und die laufenden Transaktionen stimmen Dietmar Steger, Head of Capital Markets positiv. Die ersten positiven Signale einer möglichen Erholung am Investmentmarkt waren im Lauf der ersten drei Quartale bereits erkennbar. „Auf eine nachhaltige Belebung des Investmentmarkts werden wir“, so Steger „aber wohl noch warten müssen: Zu groß ist die Unsicherheit in Bezug auf Timing und Höhe der erwarteten Zinsschritte, geopolitscher Konflikte und bevorstehender Wahlen.“ Wie in den letzten beiden Jahren dominieren eigenkapitalstarke und lokale Investoren das Geschehen. Österreichische Investoren zeigen sich für rund 90 Prozent der erfolgreich verzeichneten Deals verantwortlich: Der Großteil kann Privatstiftungen und Family Offices zu- gerechnet werden. Für das Gesamtjahr rechnet Steger mit einem Transaktionsvolumen von rund 3 Milliarden Euro.

Die Spitzenrendite für Büro und Logistik liegt bei rd. 5,20 %. Im Bereich Wohnen werden rd. 4,75 % für Bestandsobjekte erzielt. Während im Einzelhandel Top-Fachmarktzentren mit starkem Fokus auf Nahversorgung weiterhin stabil bei rd. 5,50 % rentieren, bewegen sich Shopping-Center bei rd. 6,20 % und High Street Retail bei rd. 4,70 %. Hotels mit langfristigen Pachtverträgen in guten Lagen profitieren vom Tourismus-Boom und punkten bei Investoren. Sie liegen bei knapp über 5,00 %. Büroobjekte in B-Lagen bzw. ältere Häuser mit akuten ESG-Themen oder größeren Leerständen sind in den vergangenen Monaten stärker unter Druck geraten. Für diese Objekte liegen die Renditen im Bereich 7,00 % bis 7,50 %.

Weitaus optimistischer ist Daan Bakkenes, Head of Hotels. Wien verzeichnet im Tourismussektor eine starke Erholung. Im Jahr 2023 wurden insgesamt 17 Millionen Nächtigungen registriert, was im Vergleich mit 2022 einer Steigerung um 4 Millionen entspricht. Die durchschnittliche Tagesrate (ADR) könnte in Wien um 38 % steigen. „Was im Kontext einer kumulierten Inflation von 22,1 % seit 2019 bemerkenswert ist“, so der Hotelprofi.  Diese positive Entwicklung wird maßgeblich durch die hohe Nachfrage nach Hotelnächtigungen angetrieben, die zusätzlich durch neue gesetzliche Regelungen im Bereich der Kurzzeitvermietungen verstärkt wird. Mit 1. Juli 2024 trat eine Verordnung in Kraft, die gewerbliche Kurzzeitvermietungen auch außer- halb von Wohngebieten einschränkt und die Vermietung von Wohnungen für mehr als 90 Tage im Jahr nur noch mit einer Ausnahmegenehmigung erlaubt.

Diese Regulierungen haben bereits zu einem spürbaren Anstieg der Nachfrage nach Hotels und Serviced Apartments geführt, da Investoren und Betreiber die Gelegenheit nutzen, vom Rückgang des Kurzzeitvermietungs- marktes zu profitieren.

„Büromarkt zeigt stabile Performance - Flex Office und ESG weisen den Weg“, weiß auch Mario Stöckel, Head of Office Real Estate, Positives zu berichten.

Wie in den letzten Jahren konnte auch 2023 eine Vermietungsleistung von ca. 145.000 m² Bürofläche verbucht werden. „Damit sind wir noch weit von den Rekordjahren 2018 und 2019 entfernt, wo die Fertigstellung von großen Developments eine große Auswahl an qualitativ hochwertigen Büroflächen boten und pandemiebedingte Flächeneinsparungen noch völlig unbekannt waren. „Der Büromarkt hat sich von den Unsicherheiten der Pandemie erholt und Nutzer richten den Blick in die Zukunft“. Nicht selten verbunden mit einem Upgrade des Nutzungskonzeptes, einer Nachverhandlung der Miete, die sich inflationsbedingt mittlerweile vielerorts über dem Marktniveau bewegt, oder einem Umzug in ein Gebäude, das ESG-Standards entspricht. Was aber auffällt. Die Flächen werden deutlich kleiner. In Zeiten von Planungsunsicherheiten nehmen Mieter gerne höhere Kosten in Kauf, um flexibler auf kurzfristige Änderungen im Mitarbeiterstand reagieren zu können.

Die Leerstandsquote hat sich in den letzten Quartalen konstant auf unter 4 % eingependelt und wird auch trotz der steigenden Neubauaktivität voraussichtlich unter diesem Wert bleiben. „Auffällig ist, dass der Submarkt Hauptbahnhof den CBD in Sachen Leerstand mittlerweile unterboten hat und mit 1,73 % die geringste Leerstandsquote am Wiener Büromarkt aufweist“, so Stöckel.

Besonders begehrt bleiben Spitzenlagen wie das Goldene U oder auch die Mariahilfer Straße im Bereich Neubaugasse, wo sich Retailer mit dem neuen U-Bahnkreuz eine signifikante Frequenzsteigerung erwarten.

In den Toplagen Wiens bleiben der Retail-Vermietungsmarkt  2024, wie auch die Mietpreise in hoch frequentierten Arealen äußerst stabil, analysiert Tanja Tanczer, Head of Retail, den Retailmarkt.  Die hohe Nach- frage von Einzelhändlern hat verglichen mit dem Vorjahr im ersten Halbjahr 2024 sogar noch zugelegt. Besonders begehrt bleiben Spitzenlagen wie das Goldene U: Hier wird rasant nachvermietet, sodass vermeintliche Leerstände in der Regel bereits längst wie- der vergeben sind.

Im Gegensatz dazu stehen B- und C-Lagen aufgrund der zunehmenden Leerstände vor wachsenden Schwierigkeiten. Die Angebotsmieten sind, nach einem deutlichen Rückgang im Vorjahr nur noch leicht gesunken. Um Leerstände zu vermeiden, zeigen sich Eigentümer in diesen Lagen zunehmend bereit, Anreize wie Staffelmieten oder mietfreie Monate anzubieten. “Trotz alledem gestaltet sich eine nahtlose Nachvermietung in B- und C-Lagen aktuell herausfordernd.“

Michael Messner, Head of Industrial & Logistics, sieht in der weiterhin schwachen Konjunktur eine der größten Herausforderungen für den Logistikimmobilienmarkt. Das WIFO erwartet nach der Rezession 2023 und 2024 auch für das Jahr 2025 ein nur sehr bescheidenes Wachstum. Aber nicht nur die österreichische, sondern auch die Wirtschaftsleistung im gesamten EURO Raum zeigt weiterhin Anzeichen einer nur langsamen Erholung – mit potentiellen negativen Auswirkungen auf den österreichischen Exportsektor und die gesamte Wirtschaftstätigkeit.

Die Verfügbarkeit geeigneter Flächen für Logistikimmobilien bleibt eine zentrale Herausforderung – insbesondere in stark nachgefragten Regionen wie Wien, Linz/Wels/Enns und Salzburg. Der Wettbewerb um begehrte und realisierbare Standorte hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Dadurch sind die Grundstückspreise deutlich gestiegen, haben sich aber in der Zeit steigender Zinsen einigermaßen stabilisiert.