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Das Angebot hinkt hinterher

Seitwärtsbewegung. Mangels Angebots gehen die Preise für Immobilien nach wie vor in die Höhe. Zugleich wird zu wenig gebaut.
Michael Neubauer

Seitwärtsbewegung. Mangels Angebots gehen die Preise für Immobilien nach wie vor in die Höhe. Zugleich wird zu wenig gebaut.

Bisher wurde von Experten von einem jährlichen Bevölkerungswachstum für Wien von rund 25.000 bis 30.000 Personen ausgegangen. Aktuelle Zahlen der Statistik Austria sprechen aber sogar von einem Anstieg der Wiener Bevölkerung im Jahr 2015 von über 43.000 Personen, die auf den Wohnungsmarkt drängen. Dadurch entsteht in Anbetracht der bisherigen Bauleistung in Wien eine zusätzliche Nachfrage von mindestens 6.000 Wohnungen. „In der aktuellen Situation kann die zusätzliche Nachfrage jedenfalls nur mit wirklich großen Wohnungsprojekten gedeckt werden“, erklärt Buwog-CEO Daniel Riedl. „Derzeit können das nur die Bauträger schaffen, die auch Projekte mit wirklich großen Stückzahlen realisieren können.“ So hat die Buwog ihre Development-Pipeline im Geschäftsjahr 2015/16 durch den Kauf von acht Grundstücken massiv ausgebaut und liegt derzeit bei 8.121 Einheiten bzw. einem Gesamtinvestitionsvolumen von rund 2,5 Milliarden Euro.

Vor Kurzem hat die Buwog in der Vorgartenstraße 98 im 2. Wiener Gemeindebezirk am alten Nordbahnhof-Areal ein mehr als 6.000 Quadratmeter großes Grundstück erworben. Als Teil des neuen Stadtentwicklungsgebiets Nordbahnhof und im Rahmen der Wiener Wohnbauinitiative wird dort ein Projekt für rund 170 Mieteinheiten geplant: In unmittelbarer Nähe zum rund 31.000 Quadratmeter großen Rudolf-Bednar-Park soll „Raum für leistbares Wohnen” entstehen. Die Projektpipeline in der österreichischen Bundeshauptstadt ist damit auf fast 4.000 Einheiten gestiegen. „Damit setzen wir eindrucksvoll ein Zeichen, welchen hohen Stellenwert das Property Development innerhalb unseres Geschäftsmodells hat“, so Riedl.

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Österreichweit sind laut RE/MAX Austria im Jahresvergleich Jänner bis Juni die Wohnungspreise im Schnitt für eine typische Wohnung auf 178.790 Euro, also um 4,9 Prozent gestiegen. Das ist nach der Verschnaufpause im Vorjahr (minus 2 Prozent) um 2,8 Prozent mehr als 2014 und um 30,6 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren. Jede vierte Wohnung kostete heuer weniger als 104.130 Euro. Damit überschreitet die Preisschwelle des unteren Preisviertels im Halbjahresvergleich erstmals die magische 100.000-Euro-Grenze pro Wohnung. Am anderen Ende der Preisbandbreite, nämlich im oberen Preisviertel, investierten die Käufer in den Wohnungskauf mindestens 246.554 Euro und mehr. Das ist immerhin eine Steigerung um 6,1 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2015 und „zeigt, dass bei Eigentumswohnungen im oberen Preissegment die Bewegung wieder spürbar zunimmt“, so Bernhard Reikersdorfer.

Quadratmeterpreise 6,7 Prozent im Plus

Ein typischer Quadratmeter Wohnfläche kostete in Österreich im ersten Halbjahr 2016 bundesweit 2.901 Euro und damit um 6,7 Prozent mehr als 2015 und um 38,7 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren (2.091 Euro pro Quadratmeter). Die Bandbreite der Quadratmeterpreise in Österreich: Ein Viertel aller Wohnungen wurde um weniger als 1.998 Euro pro Quadratmeter (plus 6,5 Prozent) und ein weiteres Viertel um mehr als 3.718 Euro pro Quadratmeter (plus 7,6 Prozent) vermarktet. Alle anderen Quadratmeterpreise lagen dazwischen. „Mit Preissprüngen ist in absehbarer Zeit in Wien nicht zu rechnen, wir erwarten aufgrund der aktuellen Marktsituation weitgehend stabile Preise. Daran wird sich auch in den nächsten Monaten – vorausgesetzt, die derzeitigen Rahmenbedingungen bleiben gleich – nichts ändern “, so Reikersdorfer.

In ihrer gemeinsamen Marktstudie „Neubau-Projekte Eigentums- und Vorsorgewohnungen in Wien 2016" zählen Standort + Markt und bulwiengesa 21.507 Wohnungen in 394 Neubauprojekten im freifinanzierten Eigentums- und Vorsorgewohnungssegment. In den Bauvorhaben wurden Eigentumswohnungsprojekte oder Vorsorgeprojekte ab zehn Wohneinheiten und mehr in der Phase zwischen Mai 2015 und Ende 2020 eingebunden. In den Bezirken Donaustadt, Floridsdorf und Liesing herrscht, wie in den vergangenen Jahren, die höchste Bautätigkeit. „Der Grund dafür ist das besonders starke Bevölkerungswachstum in den Wiener Außenbezirken, was zugleich für eine hohe Nachfrage nach Wohnraum sorgt. Schon seit Jahren wird in diesen Bezirken aufgrund der vergleichsweise noch günstigen Grundstückspreise sowie der größeren Flächenreserven besonders intensiv gebaut“, erläutert Roman Schwarzenecker, der federführend bei Standort + Markt die Untersuchung leitet.

Der rechnerische Durchschnittskaufpreis der ausgewerteten Informationen beträgt in Wien 4.810 Euro pro Quadratmeter, was einem Anstieg von sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Die höchsten Durchschnittspreise wurden in den bevorzugten Wohnlagen Innere Stadt, Wieden, Josefstadt und Döbling dokumentiert. Dagegen wurden die niedrigsten Durchschnittspreise in den ehemals stark von der Industrie geprägten Bezirken Simmering, Liesing, Donaustadt und Favoriten erzielt. Zwar wurde in den vergangenen Jahren die Bautätigkeit erhöht, dennoch reicht das aktuelle Fertigstellungsvolumen nicht aus, um die gestiegene Nachfrage zu bedienen.

wohnen-allgemein-02Die Nachfrage nach Wohnraum wird daher weiter größer bleiben als das vorhandene Angebot. „Wir haben nach wie vor einen Nachfrageüberhang am Wohnungsmarkt, der sich beschleunigen wird“, sagt EHL-Immobilien-Chef Michael Ehlmaier. Das hält die Immobilienpreise auch 2016 auf hohem Niveau stabil - es seien aber „keine weiteren übermäßigen Anstiege“ zu erwarten. Keinen Preisanstieg gibt es nur im absoluten Luxussegment über 10.000 Euro pro Quadratmeter, obwohl sich auch hier die Nachfrage nach einem Rückgang infolge der Russlandsanktionen und der Ukrainekrise wieder stabilisiert hat. Im gehobenen Preisbereich für hochwertige Wohnungen in den Bezirken innerhalb des Gürtels sind die Preise im Vorjahr um rund 2 Prozent gestiegen. „Die Nachfrage nach teuren Wohnungen ist weiterhin gut, es gibt kaum Leerstände, neue Objekte sind meist bereits bei Fertigstellung zum Großteil verwertet und ein Quadratmeterpreis von rund 4.000 Euro für hochwertige Wohnungen wird mittlerweile bestens akzeptiert“, so Bauernfeind. Hauptverantwortlich für diese Aufwärtsentwicklung ist aber die große Dynamik in den unteren und mittleren Segmenten, die über Verdrängungseffekte indirekt auch den gehobenen Preisbereich beeinflussen. „Wenn die Preise für Wohnungen mit durchschnittlichem Wohnwert so hoch sind wie vor wenigen Jahren noch für sehr gute Wohnungen, dann muss für höhere Qualität natürlich entsprechend mehr bezahlt werden“, so Bauernfeind.

Umnutzung von Objekten in Wohnungen 

Die Attraktivität des Wohnungsmarkts im Vergleich zu anderen Teilmärkten führt dazu, dass der Trend zur Umnutzung von Objekten in Wohnungen stärker wird. Bemerkenswert ist auch, dass an Hochhausstandorten immer öfter Wohnhochhäuser statt Bürotürmen geplant werden sowie ursprünglich für Büros vorgesehene Türme für Wohnungen umgeplant werden. „Hier entsteht ein für Wien weitgehend neues Marktsegment im oberen Preisbereich, das eine interessante Alternative zur typischen Neubauwohnung darstellt“, so Bauernfeind. Eine derartige Nutzung werde beispielsweise für den Marina Tower am Wiener Handelskai diskutiert.

Aber nicht nur in Wien wird kräftig gebaut. Mitte September, wurde der Grundstein für das Brauquartier Puntigam gelegt, das als das bisher größte Bauvorhaben der C&P Immobilien AG gilt. Es ist nicht nur als neuer Stadtteil im Bezirk Puntigam in Graz konzipiert, sondern auch ein Projekt internationalen Maßstabs. Der Gedanke der Vernetzung und Nachhaltigkeit wird dabei besonders in den Vordergrund gestellt und garantiert somit eine optimale Lebensqualität. Es bietet künftig auf insgesamt 65.000 Quadratmetern Platz für bis zu 2.000 Menschen mit rund 800 Wohnungen, Büro- und Gewerbeflächen und 5.000 Quadratmeter Dach-Grünfläche. „Unsere Intention ist es, unterschiedlichen Zielgruppen und Generationen nicht nur ein ‚Nebeneinander‘, sondern vor allem ein ‚Miteinander‘ zu bieten. Das Brauquartier Puntigam ist ein einzigartiges Projekt mit einem noch nie dagewesenen Konzept, welches das Leben in der Gemeinschaft fördern soll“, so C&P Vorstandsvorsitzender Markus Ritter.

Der neue Trend: Mikrowohnungen

In der aktuellen Debatte um die Wohnungsknappheit in den Ballungszentren wird auch dem Thema Mikrowohnungen eine immer größere Bedeutung beigemessen.

Das Segment des Mikrowohnens bewegt sich dabei oftmals im Spannungsfeld zwischen Wohnen und Beherbergung und umfasst beispielsweise Wohnapartmenthäuser, Studentenwohnanlagen, aber auch Serviced Apartments. Insbesondere letztere bewegen sich aufgrund ihrer vielfältigen Serviceangebote bereits im Beherbergungs- und Hotelsegment. Am Investmentmarkt ist feststellbar, dass die Nachfrage nach Mikro-Wohnanlagen in den letzten zweieinhalb Jahren deutlich zugenommen hat, vor allem nach Studentenwohnanlagen. Weltweit betrachtet floss angesichts eines Transaktionsvolumens von rund 16,5 Milliarden Euro noch nie so viel Kapital in Mikro-Wohnanlagen wie im letzten Jahr.

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Das Zinshaus boomt und boomt …

Im Jahresvergleich mit 2014 legten die Zinshauspreise 2015 um bis zu 8,3 Prozent zu. In der Innenstadt wurden weiterhin Höchstpreise von bis zu 9.000 Euro pro Quadratmeter erzielt, in den Bezirken innerhalb des Gürtels wurden die Spitzenpreise in Bestlagen des 8. Bezirks mit 4.000 Euro pro Quadratmeter erreicht; außerhalb des Gürtels wurden in Währing und Döbling Spitzenpreise von 3.900 bzw. 4.500 Euro pro Quadratmeter bezahlt.

Verwertung von Zinshäusern durch Abverkauf

Der Preisanstieg bei gleichzeitiger Limitierung der Mieteinnahmen durch das im MRG festgelegte Richtwertsystem führt dazu, dass der Trend zur Verwertung von Zinshäusern durch Abverkauf von Eigentumswohnungen weitergeht. War dies in der Vergangenheit vor allem in den Innergürtelbezirken der Fall, so wird diese Möglichkeit von Investoren mittlerweile auch in guten Lagen von Meidling, Rudolfsheim-Fünfhaus oder Ottakring immer öfter genutzt. Insbesondere gilt das für Objekte in der Nähe von U-Bahn-Stationen. In diesen Lagen werden auch immer häufiger Dachböden ausgebaut, da für gute Dachge-schoßwohnungen auch außerhalb des Gürtels mittlerweile Quadratmeterpreise von 4.200 Euro und mehr erzielt werden und der Ausbau daher wirtschaftlich sinnvoll geworden ist.

Für 2016 und in weiterer Folge 2017 hat der Zinshausmarkt sehr positive Perspektiven. Das Transaktionsvolumen wird voraussichtlich das Vorjahresniveau von 1,35 Milliarden Euro deutlich übertreffen, im Jahresvergleich wird je nach Bezirkslage ein Anstieg der Quadratmeterpreise um drei bis zehn Prozent erwartet. Ein Ende des Aufwärtstrends ist jedenfalls so lange nicht zu erwarten, solange die aktuelle Niedrigzinspolitik bei gleichzeitig hoher Eigenkapitalquote bestehen bleibt und die Wohnbauleistung das Bevölkerungswachstum nicht ausgleichen kann.

Auffallend ist der starke Anstieg bei Transaktionen mit Zinshausanteilen. „Diese spezielle Art wird beim Immobilienkauf jetzt wesentlich häufiger als noch vor fünf Jahren gewählt“, erklärt ­Markus Arnold, Gründer und Eigentümer von Arnold Immobilien. Da ein Share Deal nicht im Grundbuch aufscheint, ist der seit Jahren boomende Wiener Zinshausmarkt auch entsprechend höher einzuschätzen, als vielfach kolportiert wird. „Die Ursachen für den Anstieg von Share Deals sind ganz unterschiedlich; steuerliche Vorteile sind dabei nur einer der Gründe, die dafür sprechen können“, erwartet Arnold einen weiteren Anstieg von Share Deals auch in den kommenden Jahren. „Jeder Share Deal muss als Einzelfall betrachtet und durch einen Rechtsanwalt bzw. Steuerberater sorgfältig geprüft werden“, rät Dominik Lauda, Jurist und Investmentmakler bei Arnold Immobilien. „Ein Share Deal kann steuerliche Vorteile bringen, muss aber nicht zwingend immer die optimale Lösung für den Kunden sein.“

Der rasante Anstieg bei den Share Deals ist laut EHL-Investmentexperte Franz Pöltl auch auf die teilweise stark gefallenen Renditen bei Zinshausinvestments zurückzuführen. „Da die Quadratmeterpreise bei Zinshausanteilen um bis zu 25 Prozent niedriger liegen, sind auch entsprechend höhere Renditen möglich, sodass Investments in Zinshausanteile für renditeorientierte Investoren zunehmend attraktiv werden. Zum anderen ist die, durch den anhaltenden Trend zur Parifizierung, ganz allgemein immer geringere Verfügbarkeit von Zinshäusern im Alleineigentum ein Grund, als Alternative in einen Zinshausanteil zu investieren“, so Franz Pöltl.