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Das Einfamilienhaus ein Umweltschädling?

Förderungen zählen - richtig eingesetzt - zu den effektivsten Lenkungsinstrumenten, um Produktions- und Konsumstrukturen nachhaltiger zu gestalten. Gleichzeitig gibt es aber, international und auch in Österreich, zahlreiche Fördermaßnahmen, die kritische Nebeneffekte für die Umwelt mit sich bringen.
Michael Neubauer

Förderungen zählen - richtig eingesetzt - zu den effektivsten Lenkungsinstrumenten, um Produktions- und Konsumstrukturen nachhaltiger zu gestalten. Gleichzeitig gibt es aber, international und auch in Österreich, zahlreiche Fördermaßnahmen, die kritische Nebeneffekte für die Umwelt mit sich bringen. Laut einer aktuellen Studie des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO), sprudeln in Österreich jährlich rund 4,7 Milliarden Euro an „umweltschädlichen“ Förderungen. Im Bereich Wohnen 390 bis 790 Millionen Euro jährlich - zur Subvention von Eigenheim-Neubau, Verkehrsflächen oder Bereitstellung/Nutzung von Abstellplätzen (z. B. 114 Millionen Euro via Stellplatzverordnung). Nicht nur – aber im speziellen – steht dabei der Neubau von Einfamilienhäusern im Mittelpunkt der Kritik. Er sei schädlich, weil er zusammen mit einer zu laxen Raumordnung zu einer starken Zersiedelung führe. Die Folge: mehr Straßen, mehr Verkehr, mehr Schadstoffe. Täglich werden in Österreich über 20 Hektar Land für Straßen, Siedlungen, Shoppingcenter oder Industriehallen verbaut. „Umweltschädliche Subventionen“, sieht WIFO-Chef Karl Aiginger Handlungsbedarf in der Politik „verhindern erstens umweltschonendere Produktions- und Konsummuster. Zweitens erhöhen sie die Kosten umweltschonender Alternativen (z.B. erneuerbare Energien) und drittens die Kosten, die später für Umweltschäden aufgewendet werden müssen. Neue Technologien werden viertens nicht in Österreich entwickelt und können nicht für Exportchancen genutzt werden.“ Wie Dänemark solle auch Österreich nur noch den Bau von Wohnungen zulassen, die mit erneuerbarer Energie beheizt werden, so der WIFO-Chef. Selbst wenn die Politik nur die Hälfte der Klima-Gelöbnisse von Paris einhalte: „Wer heute eine billige Wohnung kauft“, mit schlechter Dämmung und fossiler Energie, „wird bald unter hohen Kosten leiden“ – und dann wohl nach neuen Subventionen vom Staat rufen. Dem ist nichts hinzuzufügen. Die Politik hat es in der Hand. Die Verhandlungen zum Finanzausgleich stehen an. Die Chance die Wohnbauförderung auf neue Beine zu stellen, wäre also gegeben. Ein paar Änderungsvorschläge gefällig?

  • Kein Bundesland stellt Anforderungen an die Infrastruktur als zwingende Fördervoraussetzung.
  • Kein Bundesland stellt als zwingende Fördervoraussetzung Anforderungen hinsichtlich einer Wirtschaftlichkeitsberechnung.
  • Kein Bundesland setzt auf international anerkannte Zertifizierungssysteme, um den gesamten Lebenszyklus abzubilden.
  • Im Bereich Einsatz erneuerbarer Energien fordern mit Niederösterreich und Vorarlberg nur zwei Bundesländer eine solare Warmwasserunterstützung als zwingende Fördervoraussetzung
  • Nur zwei Bundesländer (Vorarlberg und Salzburg) definieren hinsichtlich des Primärenergiebedarfs eine zwingende Fördervoraussetzung für den Neubau.
  • Nur zwei Bundesländer (Vorarlberg und Salzburg) definieren hinsichtlich der CO2-Emissionen eine zwingende Fördervoraussetzung für den Neubau.
Noch ein kleiner Gedanke zum Schluss: Um gleich dem Gejammere der unter Umständen höheren Kosten den Wind aus den Segeln zu nehmen. Wer heute eine Büroimmobilie errichtet, kommt an einem Nachhaltigkeitszertifikat nicht herum. Wer keine Lebenszykluskosten präsentieren kann, hat’s schwer am Markt – und Förderungen für den Neubau gibt’s auch keine.