Die Anzahl an Unternehmensinsolvenzen in Österreich ist weiter auf hohem Niveau, wie aktuelle Zahlen des Kreditschutzverbandes zeigen. Die Unternehmensberatung Deloitte beobachtet das Insolvenzgeschehen laufend und hat einige wesentliche Gründe dafür identifiziert. Sie reichen von fehlenden wirtschaftlichen Wachstumsimpulsen und makroökonomischen Unsicherheiten über das gedämpfte Investitionsklima bis hin zu hohen Energiekosten. Angesichts der Herausforderungen ist auch im kommenden Jahr keine Entspannung in Sicht. Abseits von gerichtlichen Insolvenzverfahren beobachtet Deloitte die zunehmende Relevanz außergerichtlicher Sanierungsverfahren.
Nach einem Hinaufschnellen der Unternehmenspleiten in den ersten drei Quartalen 2024 geht die Insolvenzwelle in Österreich weiter. Wie vorläufige Zahlen des KSV1870 zeigen, betrug die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im vergangenen vierten Quartal rund 1.650 Fälle. Das ist ein Plus von 13,9 % gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahrs, der ebenfalls bereits überdurchschnittlich viele Insolvenzen aufwies.
„Wir beobachten einen deutlichen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2024. Ein Höhepunkt wurde im ersten Quartal 2024 erreicht. In diesem Zeitraum wurden sogar die meisten Insolvenzen seit der Finanzkrise 2008/09 registriert. Auch im zweiten Halbjahr blieb die Anzahl der Insolvenzen jedoch beinahe unverändert hoch und es waren erneut Großinsolvenzen zu verzeichnen“, analysiert Albert Hannak, Partner bei Deloitte Österreich.
Multiple Herausforderungen sorgen für Insolvenzwelle
Die Gründe für den Insolvenzanstieg sind vielfältig. So fehlen der heimischen Wirtschaft seit dem zweiten Quartal 2022 Wachstumsimpulse, weshalb die Konjunkturprognosen verhalten sind. Nachdem Österreich bereits im Jahr 2023 in eine Rezession rutschte, wird für das Jahr 2024 ein weiterer realer BIP-Rückgang von 0,6 % erwartet. Das gedämpfte Konsum- und Investitionsklima sowie der herausfordernde Arbeitsmarkt sorgen für weitere Anspannung der wirtschaftlichen Lage.
„Unternehmen agieren derzeit unter erschwerten Bedingungen. Neben der Bau- und Immobilienwirtschaft sind aktuell vor allem der Handel und die Industrie betroffen. Während erstere weiterhin mit hohen Bau- und Finanzierungskosten sowie einer Reduktion der käuferseitigen Nachfrage kämpfen, machen letzteren strukturelle Herausforderungen sowie schwache Exportnachfrage zu schaffen“, erklärt Thomas Göritzer, Partner bei Deloitte Österreich.
Neben den allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen führen aber oft auch fehlerhafte Managemententscheidungen, Absatzschwächen, schlechte Kostenstrukturen, mangelhaftes Controlling und fehlende Anpassungen an Marktveränderungen zu Insolvenzen.
Situation bleibt herausfordernd
Nach den angespannten Monaten ist auch der Blick in die Zukunft alles andere als rosig. Expertinnen und Experten prognostizieren für das kommende Jahr 6.500 bis 7.000 Unternehmensinsolvenzen in Österreich.
Unternehmensinsolvenzen treten meist nicht plötzlich ein, sondern sind oft der letzte Schritt eines längeren Kampfes um die Unternehmensexistenz. Bei rechtzeitigem Erkennen von Krisenindikatoren haben Unternehmen jedoch die Chance eine drohende Insolvenz im Rahmen einer außergerichtlichen Sanierung abzuwenden.
„Im Rahmen einer außergerichtlichen Restrukturierungsvereinbarung mit den Gläubigern kann oft der Grundstein für die Sanierung des Unternehmens gelegt werden. In den letzten 12-18 Monaten war dies beispielsweise in der Immobilienbranche zu beobachten, wo Liquiditätsengpässe die Existenz von vielen Unternehmen bedrohen. Wichtig dabei ist das rasche Handeln des Managements sowie eine transparente und strukturierte Kommunikation mit den wesentlichen Stakeholdern“, so Thomas Göritzer, Partner bei Deloitte Österreich, abschließend.