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Der Leitsatz ‚survive till 2025‘ hat nicht gehalten

ÖRAG CEO Stefan Brezovich: "Wir sehen ‚safe haven in 2027‘ nach wie vor als realistisch an.“
Michael Neubauer
Michael Neubauer
Der Leitsatz ‚survive till 2025‘ hat nicht gehalten
© ImmoFokus

ÖRAG Vorstand Stefan Brezovich konstatiert, dass die Auswirkungen der abrupten Zinswende nach der unseeligen Negativzinsphase immer noch spürbar sind und namhafte Player der Immobilienbranche bedauerlicherweise untergegangen sind. Das Zinsniveau hat sich stabilisiert, aber eine Welt in Unruhe und Unberechenbarkeit stellt die Wirtschaft vor neue Herausforderungen. Er plädiert dafür diesen mit konstruktivem Realismus zu begegnen. Daten und Fakten gepaart mit Resilienz und Lösungsorientierung sind nötig, um in turbulenten Zeiten klare und positive Entscheidungen für die Zukunft treffen zu können.

„Der einstige Leitsatz ‚survive till 2025‘

„Der einstige Leitsatz ‚survive till 2025‘ hat erwartungsgemäß zeitlich nicht gehalten. Wir sehen ‚safe haven in 2027‘ nach wie vor als realistisch an.“
—ÖRAG CEO Stefan Brezovich

Bei der Aufbereitung und Analyse dieser Daten unterstützen unabhängige Institute, wie die Agenda Austria, die die wirtschaftliche Situation und Entwicklung auf Basis objektiver Daten und mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden analysieren. Jan Kluge, Ökonom bei der Agenda Austria, zeigt auf, wie sich die aktuellen Wirtschaftsdaten darstellen und welche Implikationen aktuelle Trends mit sich bringen. Kluge beschrieb in seiner Keynote das wirtschaftliche Big Picture und zeigte deutlich die Herausforderungen, die Österreich in diese angespannte Lage gebracht haben. Fehlendes Wirtschaftswachstum, hohe Inflation, Fachkräftemangel und die Staatsschuldenkrise haben zu einer Entwicklung beigetragen, die auch die Immobilienwirtschaft stark beeinflusst. Beim Thema der wohnungspolitischen Vorstellungen der Dreierkoalition ging er u.a. auf die Mietpreisbremse oder ungültige Wertsicherungskauseln ein, die den Markt zusätzlich belasten.

„Die politischen Eingriffe in das Mietrecht füh- ren zu großer Unsicherheit bei Investor*innen (vor allem die Idee, auch bei Neubauten Mieten zu regulieren) und dämpfen das Interesse an neuen Projekten zusätzlich.“
—Johannes Endl, ÖRAG Vorstand
„Bis zu einer Erholung des Marktes, mit der wir erst gegen Ende 2026 rechnen, wird sich die Phase der Marktbereinigung weiter fortführen.“
—Michael Buchmeier, MRICS | Vorstand und Bereichsleiter Bewertung

Betrachtet man die wirtschaftliche Lage und jene der Immobilienbranche, so ist mit einer nachhaltigen Beruhigung der Situation frühestens gegen Ende 2026, wohl aber erst Anfang 2027 zu rechnen.

Die Rolle der Banken könnte in den kommenden Monaten entscheidend sein. Einerseits, da sie gefordert sind, Kreditnehmer in schwierigen Phasen zu unterstützen. Andererseits, weil sie selbst regulatorischen Anforderungen genügen müssen. Mit sinkenden Liegenschaftsbewertungen steigt die Gefahr, dass Kredite notleidend werden. Die Konsequenzen reichen von erhöhten Rückstellungen bis hin zur Einschränkung der Kreditvergabe – ein Teufelskreis, der den Markt zusätzlich belastet.

„Die Anzahl der potenziellen Käufer*innen ist in den letzten Jahren deutlich geschrumpft. Der Fokus liegt auf Cash-Flow-positiven Trophy-Assets, Top-Objekten sowie Schnäppchen.“
—Herbert Petz, Bereichsleiter Investment

Auch der Investmentbereich spürt diese Dynamik. Die unveränderten Konditionen für langfristige Kredite und die niedrige Risikobereitschaft der Banken sorgen dafür, dass nach wie vor kapitalstarke Investoren den Markt prägen. Die Anzahl der potenziellen Käufer ist dadurch in den letzten Jahren deutlich gesunken, die Nachfrage konzentriert sich auf Bestandsobjekte mit stabilen Cashflows. Neubauentwicklungen bleiben aufgrund von Baukosten und Finanzierungshürden weniger attraktiv.

Das Office-Segment bleibt in Wien unterdes stabil, wenngleich auch hier aus den genannten Gründen wenige neue Projekte realisiert werden. Aber auch im Bestand wird in moderne Nutzungskonzepte und Technolgien investiert, da der Kampf um die besten Mitarbeiter*innen weiterhin eine der größten Herausforderungen für die Unternehmen ist. Im Handel steigt die Bedeutung der „Customer Experience“ auf ein neues Hoch. Unternehmen investieren teils massiv in Um- und Ausbau Ihrer Marktpräsenz und die nahtlose Verbindung zwischen Online- und stationärem Geschäft. Die Logistik zeigt sich stark konträr zu anderen Bereichen. Durch den Bauboom in den Pandemiejahren und eine rückläufige Nachfrage entsteht ein hoher Leerstand, der auch durch den Rückgang des Online-Handels und der dadurch weniger benötigten Lager- flächen sichtbar wird.

Besonders am Mietwohnungsmarkt kann von hohen Leerständen oder zu viel Angebot nicht die Rede sein. Durch den Rückgang der Neubauleistung, wurden im ersten Halbjahr 2025 erneut deutlich weniger Mietwohnungen realisiert als in den Jahren zuvor. Diese Verknappung des Angebots, die sich noch intensivieren dürfte, verschärft die Schere zwischen Angebot und Nachfrage weiter.

Am Eigentumsmarkt sind die Lockerungen bei der Kreditvergabe bereits spürbar. Dennoch bleiben Kennzahlen, wie Bonität und Eigenmittel besonders bei Erstkäufer wichtige Faktoren bei der Finanzierung. Nachhaltige Technologien, die längerfristig auch Einsparungen bei bspw. den Betriebskosten ermöglichen sind weiterhin Pflicht, um Projekte erfolgreich zu vermarkten.

Personen, die in der finanziellen Lage sind, sich im exklusiven Wohnsegment umzusehen, sind nicht bereit, Kompromisse bei Lage, Ausstattung oder Grundriss einzugehen. Objekte, die entsprechend attraktiv sind treffen also im Gegensatz zum klassischen Wohnungseigentum auf eine stabile Nachfrage. Spannend zu beobachten ist, dass sich nun auch in diesem Segment der Trend des lebenslangen Wohnrechts im Zuge von Verkäufen etabliert, etwa wenn keine Erben vorhanden sind oder Eigentümer*innen ihre Vermögensnachfolge regeln wollen.