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Der Makler ist tot - Es lebe der Makler

„Tod durch Digitalisierung? Überlebensstrategien für Makler!“ Ein Thema, an dem kaum ein Makler vorbeigehen kann. Daher: Volles Haus bei der ersten IMABIS CONNECT – zahlreiche Immobilienprofis und Ent­scheidungsträger folgten der Einladung des Data-Mining-Experten und Imabis-Gründers Roland Schmid.
Michael Neubauer

„Tod durch Digitalisierung? Überlebensstrategien für Makler!“ Ein Thema, an dem kaum ein Makler vorbeigehen kann. Daher: Volles Haus bei der ersten IMABIS CONNECT – zahlreiche Immobilienprofis und Ent­scheidungsträger folgten der Einladung des Data-Mining-Experten und Imabis-Gründers Roland Schmid.

Digitalisierung ist keine Bedrohung, sondern eine Chance“, ist Roland Schmid überzeugt. „Es geht darum, mit der Zeit zu gehen, vorbereitet zu sein.“ (siehe auch Interview Seite 40). Digitalisierung bedeute aber auch, Routineaufgaben zu automatisieren und Prozesse zu verschlanken, um sich so noch besser auf die Kernkompetenz der qualifizierten Immobiliendienstleistung konzentrieren zu können.

Die erfreuliche Botschaft – die großen Immobilienplattformen werden den Makler nicht ersetzen können. Die weniger erfreuliche Botschaft – die Makler werden sich hin zu noch mehr Servicequalität verändern müssen. Ein paar bunte Bilder mehr werden dabei nicht ausreichen. Makler vor Ort müssen mehr leisten als es ein Portal kann. Sonst haben sie ihre Daseinsberechtigung verloren. Das Berufsbild wird sich nachhaltig verändern. Auch bei uns. Österreich als Insel der Seligen wird sich den internationalen Trends wohl nicht verschließen können.

Rund 80 Onlineplattformen, die Maklerservices anbieten, gibt es derzeit in Deutschland und Österreich. Sie bereiten etablierten Maklern zunehmend Kopfzerbrechen. So richtig wahrhaben will das freilich (noch) nicht jeder Makler, wie eine Umfrage des Immobilienverbands Deutschland zeigt. Auf die Frage, ob diese Online-Startups als ernst zu nehmende Konkurrenz gesehen werden, antworteten 41 Prozent mit Nein, 32 Prozent mit Ja. 27 Prozent können sich nicht entscheiden. Eine Fehleinschätzung, die sich noch rächen könnte. Dass nicht alle Portale erfolgreich sind, zeigt das Beispiel Vendomo. Der Berliner Startup-Investor Rocket Internet hat seine Maklerplattform zu Neujahr vom Markt genommen: Die Konkurrenz im Heimatmarkt Berlin war zu groß.

Für Tobias Kollmann, Professor für E-Business an der Universität Duisburg-Essen, kommt es im digitalen Zeitalter vor allem auf Schnelligkeit an. „Wer als Erster ein Kundenbedürfnis oder -problem erkennt, der kann auch als Erster ein digitales oder reales Angebot machen.“ Der Kunde sei längst im digitalen Zeitalter angekommen. „Er möchte digital kommunizieren. Kollmann rät zu mehr Aktivität. Nicht fragen, sondern handeln sei die Devise. „Ihr Mitbewerber, ihr Konkurrent ist nur einen Mausklick von Ihnen entfernt“, bringt es Kollmann auf den Punkt. „Nicht mehr die Großen fressen die Kleinen - sondern die Schnellen die Langsamen“, ist sein Credo und beklagt gleichzeitig die europäische Mentalität. „Das Erste, was man in Europa hört, ist nicht „Das ist super!“ sondern – „Dürft ihr das überhaupt?“.

Für ihn steht fest, dass Plattformen wie McMakler und Co. verstärkt nach Österreich kommen werden. „Darauf sollte man vorbereitet sein. Aber: Wir wollen gar nicht nicht digital sein. Wir sind auf der Titanic und feiern unser Geschäft. Aber der digitale Eisberg ist in Sicht. Wir sind ein digitaler Fliegenschiss.“ Wie sehr Österreich die Chance Digitalisierung verschlafen habe, zeige, dass es in Nischenbereichen der analogen Wirtschaft sehr wohl auch Weltmarktführer gäbe. In Bereich der digitalen Wirtschaft keinen einzigen.

Netflix macht das Fernsehen kaputt

Jede Branche, die nur zuschaue, komme früher oder später unter Druck. „Netflix macht das Fernsehen kaputt. Kinder warten nicht. Sie schauen Youtube dann, wenn sie es wollen.“ Doch Digitalisierung um jeden Preis wäre der falsche Weg: „Digitalisieren Sie einen Scheiß–Prozess und Sie haben einen schnellen Scheiß-Prozess“, formulierte es Kollmann durchaus griffig.

In Deutschland hat die Branche bereits reagiert. Die meisten klassischen Makler wollen das Feld aber nicht kampflos der digitalen Konkurrenz überlassen. Deshalb kalkulieren sie ihre Leistungen neu und bieten günstigere Paketlösungen an, sagt Sun Jensch, Bundesgeschäftsführerin beim Immobilienverband Deutschland (IVD). „Nach einem halben Jahr kann man sagen, dass die meisten Leistungspakete, die vom Eigentümer angenommen werden, bei 1,5 Nettokalt-Monatsmieten liegen.“ Der neue Wettbewerb entlastet also die Mieter - und lässt die Maklercourtagen sinken.


Die neuen Plattformen der Start-ups

Moovinwww.moovin.de

Wer eine Wohnung sucht, gibt bei der Plattform Moovin einmal seine Eckdaten an. In Folge reicht ein Mausklick, um sich um inserierte Objekte zu bewerben. Die Rechner des Hamburger Startups schlagen anschließend dem Vermieter passende Kandidaten vor. Bei Interesse kann der Eigentümer den Bewerber zu einer Einzelbesichtigung einladen. Die Terminabstimmung erfolgt über die Plattform. Die vom Vermieter zu zahlenden Vermittlungskosten hängen nicht von der jeweiligen Miete, sondern von den gewählten Dienstleistungspaketen (zwischen 200 und 500 Euro) ab.

faceyourbasewww.faceyourbase.com

Ähnlich funktioniert Faceyourbase. Wohnungssuchende können sich mit ihrem Facebook-Profil anmelden oder ein neues Profil erstellen. Wer mit einem Foto auf sich aufmerksam machen will, zahlt extra. Die Plattform ist für Wohnungseigentümer kostenlos, Zusatzdienste wie zum Beispiel Besichtigungen können gebucht werden. Der Mieter zahlt ein Erfolgshonorar. Getreu dem Bestellerprinzip muss in der Regel der Vermieter für die Wohnungsvermittlung zahlen.

mietercastingwww.mietercasting.de

Bei Mietercasting stellen Bewerber ihre persönlichen Daten in einem Profil zusammen. Ein Algorithmus rechnet aus, welche Kandidaten zu welchem Objekt passen könnten. Der Vermieter erhält zunächst nur anonymisierte Basisdaten. Er kann Bewerber bitten, das gesamtes Profil einsehen zu dürfen. Mietercasting richtet sich explizit an Eigentümer, die „keine Lust auf eine Flut unpassender Bewerber“ haben oder auf Besichtigungen, bei denen „Horden von Bewerbern durch ihr Mietobjekt trampeln“.

smmoovewww.smmove.de

Das Berliner Startup Smmove wählt den Weg „Versteigerung“. Wohnungssuchende können angeben, wie viel sie für angebotene Objekte zu zahlen bereit wären. Für Wohnungssuchende ist das Angebot kostenlos. Der Vermieter kann aus allen abgegebenen Geboten wählen, ist aber in seiner Entscheidung vollkommen frei. Er muss sich nicht für den Höchstbietenden entscheiden. Wird der Wohnungseigentümer bei dem Portal fündig, bezahlt er ein Viertel der monatlichen Kaltmiete als Honorar.

mcmaklerwww.mcmakler.de

Das Onlineportal McMakler macht Fotos vor Ort, schreibt Exposés für die großen Portale, organisiert Besichtigungen in der Wohnung. Und wenn der Eigentümer seinen neuen Mieter gefunden hat, setzt McMakler den Mietvertrag auf. Die Provision ist fix – für schlappe 500 Euro Fixpreis wird McMakler tätig. Ein Preis, der herkömmliche Makler durchaus ins Schwitzen bringt.

nullprovisionwww.null-provision.de

Das Prinzip von null-provision.de ist einfach. Das Portal sammelt alle Angebote, die ohne Provision bei Immobilienscout24.de eingestellt wurden. Besucher können das Angebot bequem durchsuchen, etwa nach Ausstattung, Ort oder Bundesland. Man findet schnell und bequem viele Angebote aus der Datenbank des größten Online-Immobilienportals. Allerdings lassen sich auch direkt bei Immobilien- scout24 nur provisionsfreie Wohnungen anzeigen. Eine zusätzliche Website ist also eigentlich gar nicht notwendig.

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