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Der Ritt am Seil

Anton Bondi de Antoni über die Rahmenbedingungen der Developer.
Michael Neubauer

Es geht wieder etwas bei den Gewerbeimmobilien – auch wenn die Rahmenbedingungen zunehmend schwieriger werden. Bei sommerlichen Höchsttemperaturen traf der ImmoFokus den Entwickler Anton Bondi de Antoni zu einem Gespräch über Immobilien-Großwetterlagen, Finanzierungen und Zukunftsaussichten.

Um beim Wetter zu bleiben. Wie ist Ihr Immobilienwetterbericht für das erste Halbjahr? Wie schaut die Großwetterlage aus? Wie ist Ihre Prognose?

Wenn ich ein Wetterfrosch wäre, würde ich auf der Leiter in der Mitte sitzen, mit Tendenz nach oben. So schlecht ist das Wetter nicht. Es tut sich wieder etwas. Dass der Wohnungsmarkt boomt, wissen wir. Jetzt geht aber wieder etwas im Gewerbeimmobilienbereich. Wir sind alle gezwungen umzudenken. Das macht aber auch Spaß: Es trennt wieder einmal Spreu von Weizen. Da gibt es die Tendenz, diese leerstehenden Objekte kurzfristig karitativen Organisationen oder Künstlern zur Verfügung zu stellen. Das darf man als coolen Marketinggag bezeichnen. Vernünftigerweise sollte man sich aber überlegen, was man mit 7.000 bis 10.000 Quadratmeter leerstehender Fläche macht.

bondi124Wie sieht es aktuell mit der Nachfrage aus?

Die Makler erzählen uns von einer aktuell hohen Nachfrage nach neuen Flächen: Trotz Unterproduktion haben wir aber keine dramatischen Mietanstiege zu erwarten. Die Mieter werden sich in Zukunft auch nicht bei uns anstellen. Wir sind in einem Fahrwasser, wo es wieder Sinn macht, nachzudenken und etwas auch auf eigenes Risiko zu machen.

Spielen die Banken dabei mit?

Leider nicht mehr im vollen Umfang. Die Banken sind aber so etwas von risikoavers geworden. Ich persönlich habe Basel III nie wirklich verstanden. Unter dem Deckmantel von Basel III sind die Banken viel restriktiver geworden. Das macht das Ganze ganz schon ein bisschen schwer für uns.

Auf der einen Seite hohe Nachfrage, auf der anderen Seite – so hört man – scheint es Probleme bei der Vermietung des DC Tower zu geben. Wo liegen da die Gründe: Standort, oder schlichtweg zu teuer?

Der Standort des DC Tower ist nicht schlecht. Das Konzept finde ich gut. Ich mag das Haus. Wien braucht derartige Landmarks. Nur, der DC Tower spricht eine gewisse Klientel an, eine Klientel, die es etwas exklusiver braucht und es sich auch leisten kann, dafür ein bisschen mehr zu zahlen. Ob das jetzt Anwälte oder Wirtschaftsprüfer sind, die auch einen gewissen Auftritt brauchen. Da haben wir die Situation, dass sich fast alle großen Kanzleien, bis auf vielleicht zwei oder drei, in den vergangenen drei bis vier Jahren bereits verändert haben – und so viele Klienten, die einen DC-Tower brauchen, gibt es nicht.

Für ein reines Backoffice ist der DC Tower nicht gemacht. Verwaltungen und Buchhaltungskolonien werden Sie in derartigen Spezialgebäuden wie einem DC Tower nicht finden. Dafür gibt es die klassischen, öffentlich gut angebundenen Stadtrandlagen mit 13,50 Euro bis maximal 14 Euro Miete. Das sind zwei unterschiedliche Nutzergruppen. Wie beim Autofahren: Wer Mercedes fahren will – schaut sich keinen Golf oder Passat an.

Also ein schwieriges Umfeld für Projekte à la DC-Tower?

Der DC Tower wird voll werden. Davon bin ich überzeugt. Momentan ist es aber in einem hochpreisigen Segment schwierig, Mieter bewegen zu können, sich zu bewegen. Wobei gerade in letzter Zeit zu beobachten ist, dass auch die Vermieter von hochpreisigen Spezialobjekten ihren Mietern Goodies versprechen, sofern diese bereits sind, einen weiteren Kündigungsverzicht von einigen Jahren zu unterschreiben. Ich selbst habe in der Wipplinger Straße ein High-End-Objekt. Wenn dort ein Mieter auszieht, bin ich maximal zwei Monate leer. Da ist schon Nachfrage da.

Wie hat sich der Finanzierungsmix bei Ihren Projekten verändert?

Banken können bzw. wollen nicht mehr die großen Tickets. Wenn Sie 2006/07 mit einem 50-Millionen-Ticket gekommen sind, haben die Banken gefragt „Hast nicht ein größeres Projekt, ein 100-Millionen–Ticket?“ – Komme ich heute mit einem 50-Millionen-Ticket, heißt es „Hast nicht zwei 25-Millionen–Tickets?“ Der Trend geht eindeutig zu kleineren Volumina bei gleichzeitig kürzeren Laufzeiten. Es ist schwierig geworden, gerade bei größeren Volumina, Laufzeiten von über zehn Jahren zu bekommen. Da gibt es derzeit nur sieben, vielleicht acht Jahre. Das ist für einen Entwickler und für einen Eigenkapitalgeber schon ein bisschen ein Ritt am Seil.

… und wann droht der Abwurf?bondi107

Bei einer Laufzeit von sieben bis acht Jahren kann ich bei einer normalen Immobilie nicht essenziell tilgen. Das heißt, ich komme viel schneller in die Situation, neu verhandeln zu müssen. Wenn ich mit 30 Prozent Eigenkapital engagiert bin und für die 70 Prozent keine weitere Finanzierung aufstelle, nimmt mir dann die Bank das Objekt weg und mein Eigenkapital ist dann pfutsch? Das kann es ja auch nicht sein. Keine Bank kann daran Interesse haben. Wir müssen über andere Finanzierungalternativen nachdenken. Immobilienanleihen haben bei großen Volumina ihre Berechtigung. Aber für ein 30 Millionen-Projekt brauche ich keine Anleihe. Anleihen sind etwas für eine CA Immo, Immofinanz, BUWOG. Das ist etwas für die großen Immobilien-Tanker. Ich kann das nur aus meiner Sicht sagen: Als Anleger würde ich bei einer CA Immo gerne investieren. Wenn es da dem Bruno Ettenauer bei einem Projekt nicht so gut geht, kann er es sich nicht leisten, dieses Projekt in die Luft fliegen zu lassen. Da wird er querfinanzieren müssen. Je kleiner die Truppe, je weniger Chance auf eine Collateral-Finanzierung, desto schwieriger ist es. Da fehlt dann einfach die mögliche Querfinanzierung.

Anleihen sind also kein Instrument für kleine bzw. mittelgroße Developer?

Für einen Einzelentwickler sind Anleihen, weil kostenintensiv, schwierig. Einer unserer Wettbewerber garantiert 6,5 Prozent. Da muss ich mich schon fragen: „Wie macht das der Niedermayer?“ Da gehe ich schon High-Risk. Der Standpunkt: Wird halt die Anleihe nicht bedient – und die Anleihe ist pfutsch – das kann’s ja aber auch nicht sein. Obwohl man sich nach der Entscheidung der Bundesregierung, dass garantierte Anleihen keine garantierten Anleihen sind, die Frage stellen darf, was man bei einer „garantierten Anleihe“ nun wirklich garantiert. Vielleicht sind nach Auffassung der Bundesregierung Garantien des Bundes oder eine Bankgarantie auch nur mehr „Just for Fun“.

Konkret gefragt: Wer finanziert noch?

Bei den kleinen Tickets sind es die Primär- banken. Zum Beispiel eine Raiffeisenbank Schwechat, eine BTV, eine Bank Burgenland … wie sie auch immer heißen mögen. Da geht auch die Finanzierung schneller über die Bühne. Der Wettbewerb unter diesen Banken ist hart – damit sind auch die Konditionen unter Druck. Nachteil: Bei einem Volumen von 10 bis 15 Millionen ist Schluss.

Das heißt also: Man muss kleinere Brötchen backen?

Ich kann heute keine 100-Millionen-Projekte mehr machen. Das war vor sieben bis acht Jahren durchaus möglich. Die Zeiten, da wir wie beim Catamaran ein 50.000 Quadratmeter-Gebäude errichten und dann schauen, woher wir die Mieter bekommen, derartige Projekte sind vom Volumen und vom Risiko aktuell nicht zu machen.

Das ist vorläufig vorbei. Ist aber kein Beinbruch. Kleinere Projekte haben den Charme, dass sie sich mitunter sogar besser rechnen. Kleinere Objekte sind einfach schneller voll und haben ein deutlich geringeres Leerstands-Risiko. Bei einem 40.000 Quadratmeter-Projekt sind das bei 10 Prozent Leetrstand immerhin 4000 Quadratmeter. Das ist ein kleines Haus. Bei einem 4000 Quadratmeter-Projekt sind zehn Prozent gerademal ein Einfamilienhaus. Die Risiko-Positionen verschieben sich. Ich fühle mich dabei nicht unwohl. Wir müssen umdenken, umstrukturieren, Eigenkapital streuen.

Wenn ich das Eigenkapital einigermaßen schlau strukturiere, brauche ich nicht mehr Eigenkapital als vor einigen Jahren. Was ich aber brauche, ist ausreichend Kapital für eine Vorfinanzierung der Entwicklungskosten. Bis 2005/06 wurden die Vorlaufkosten mitfinanziert. Da wurden ungefragt 115 Prozent der Projektkosten finanziert. Da wurden die vorweggenommenen Gewinne vorfinanziert. Heute schauen sich die Banken das viel genauer an. Da stehen 2,8 Prozent Kosten für Projektsteuerung. Da machen dann die Banken die Rechnung auf, schauen, ob man sich da nicht zusätzliche Gewinne rausholt. Die Banken sind sensibilisiert. Sie schauen sich das alles viel genauer an.

Haben die Banken dazugelernt, haben sie ihre Lehren aus Non-performing Loans gezogen?

Es ist ein neuer Zugang. Die Banken schauen, dass das Finanzierungsvolumen und damit ihr Risiko immer geringer wird. Die Debt Coverage Ratio (DCR) wird immer besser für die Bank, das Risiko immer geringer. Das ist für die Bank das Hauptkriterium. Soft Costs werden nicht mehr finanziert. Der Vorteil: Glücksritter können nicht mehr mitspielen. Denen fehlt es einfach an eigenem Geld. Früher war es einfach, für die Vorlaufkosten einen Kontokorrentkredit zu bekommen. 300.000 Euro waren kein Problem. Heute sagen die Banken: „Warum soll ich dir das finanzieren? Finanzier‘ dir das doch selbst.“

Also doch mehr Eigenkapital?

Man bedarf heute einer viel besseren Basisausstattung, um Projekte angehen zu können. Wir haben sicher drei bis vier Millionen Euro eigenes Geld bei Projekten im Feuer, von denen wir nicht wissen, ob diese auch etwas werden. Das ist echte versteuerte Liquidität. Echtes Eigenkapital. Wohlgemerkt, da haben wir auch noch kein Grundstück. Da stecken wir in Prüfungen und Planungen drin.

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Stichwort Corporate Building. Kommt da ein neuer Trend auf die Branche zu?

Absolut. Es gibt eine Verschiebung von der Anmietung von Großflächen hin zu Corporate Buildings. Firmen wollen ihre Fahne draußen und das Logo an der Fassade sehen. In der Vergangenheit haben wir in der Planungsphase mögliche Großnutzer angesprochen, heute kommen potenzielle bonitätsstarke Mieter proaktiv auf uns zu. Dabei sind die Vorstellungen ganz konkret. Ich möchte mein eigenes Gebäude mit 10.000 Quadratmeter auf 10 bis 15 Jahre. Das sind meine Rahmenbedingungen. Gib mir einen Mietpreis und einen Standort. Wenn’s passt – bau das für mich und ich ziehe ein. Als Mieter eines Corporate Buildings haben Sie auch im Vergleich zu normalen Office-Projekten deutlich mehr Mitsprache.

Wir müssen uns aber auch überlegen, wer sind die Endabnehmer. Wer kauft die Objekte?

Die geschlossenen Immobilien-Fonds gibt es als Käufer fast nicht mehr. Nicht nur das Fondshaus Wölbern Invest hat Probleme. Der Markt des klassischen geschlossenen Immobilienfonds ist eingebrochen. Das heißt, man muss sich überlegen – an wen kann ich verkaufen? Früher hat man vier Fondsmanager angerufen: „Du hast bis morgen Vormittag Zeit, und wenn ich heute ganz schlecht schlafe, dann musst Du ein ganz besonders gutes Angebot machen, sonst rede ich nicht mehr mit Dir.“ Die Zeiten sind vorbei. Die BAFIN hat den deutschen Fonds deutlich höhere Berichtpflichten und Auflagen beschert. Auch da müssen wir derzeit lernen, neue Wege zu beschreiten. Wie das genau funktioniert, wissen wir nicht. Wir sind alle gerade in einer großen Testphase.

Wir müssen uns überlegen, wie wir Fonds möglichst frühzeitig mit einem forward purchase agreement zu uns hineinholen, damit diese hinreichend Zeit haben, ausreichend Geld einzusammeln. Stellt sich dann nur die entscheidende Frage: Was ist, wenn es ihnen nicht gelingt. Das ist dann die Krux. Die deutschen Bestimmungen sehen vor, dass die Fonds sicherstellen müssen, das Eigenkapital zusammenzubringen. Was aber, wenn die Fonds das nicht schaffen – und keine Mutter einspringen kann. Da arbeite ich auf Basis eines forward purchase. Ich stelle dem Fonds die Hütte hin. Dann hat er Anspruch, die Hütte zu übernehmen – kann sie aber nicht bezahlen.

Wenn ich Glück habe, hat mich die Bank auf Grund des forward purchase voll finanziert. Aber was dann? Ist genug Geld unterwegs? Kommt neues Geld nach Österreich? Man hört immer wieder, aus dem asiatischen Raum strömt Kapital nach Europa ... Für die ganz Großen der Branche wie Morgan Stanley, Prudential Real Estate, Patron Capital Advisers LLP, oder wie sie alle heißen, ist der heimische Markt zu klein. Mehr als ein 200 Millionen-Euro-Objekt aus Österreich können sie auch aufgrund ihrer internen Veranlagungsrichtlinien nicht ins Portfolio nehmen. Da passt dann das Verhältnis Volumen/Größe des Landes, etc. nicht – und 200 Millionen-Projekte sind in Österreich rar. Bei kleineren Projekten würde sich aber der Aufwand nicht rechnen.

Die ganz Großen fallen also mehr oder weniger aus. Wer investiert dann?

Für risikobereite Investoren eröffnen sich derzeit viele neue Geschäftschancen. Das Thema lautet: Wir kaufen klassische distressed properties oder Fonds-Immobilien ein, bei denen wir wissen, dass in 24 Monaten 90 Prozent der Mietverträge auslaufen und 80 Prozent sicher ausziehen werden. Bei vielen Fonds laufen die Kündigungsverzichte aus. Doch die Musterrechnung geht bei vielen Fonds nicht auf. Die sind im Regelfall von immer steigenden Mieten und von steigenden, zumindest aber gleichbleibenden Renditen ausgegangen. Das hätte rechnerisch ein großes Delta ergeben, in dem man unendlich viel Geld verdienen hätte sollen. Gezahlt werden aber nicht die 25 bis 27 Euro sondern nur 11 bis 13 Euro. Wenn Sie das indexbereinigt runterrechnen, stehen wir auf einem Niveau von 1988 – 1990. In Wirklichkeit hat sich nichts getan.Wir kaufen uns Arbeit, zahlen wenig und verdienen an der Neuproduktion. Dieses Geschäft funktioniert: Die großen Gelddruckmaschinen haben alles, nur keine lokalen Leute. Die brauchen sie aber, um das abzuarbeiten. Das ist eine Riesenchance, wieder so richtig ins Geschäft zu kommen.

Kommen neue Investoren nach Österreich?

Es tauchen immer wieder neue Firmennamen auf. Doch die dahinter stehenden Personen sind sehr oft die üblichen Verdächtigen. Sie haben die Unternehmen, nicht aber die Branche gewechselt und kommen in neuen Führungspositionen mit ihren neuen Unternehmen mit neuem Geld nach Österreich.