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Der Treuhänder sichert den Investor

Bei Immobilienprojekten übernimmt der Treuhänder zentrale Sicherungspflichten.
Peter Brodner

Bei Immobilienprojekten übernimmt der Treuhänder zentrale Sicherungspflichten.

Die Vorsorgewohnung, die ein Investor kauft, ist bei Ankauf typischerweise noch nicht fertiggestellt. Vielmehr verkauft der Bauträger die herzustellenden Vorsorgewohnungen bereits während der Planungs- oder Bauphase. Der Bauträger hat dabei den Ankauf der Projektimmobilie und die Bauführung zumindest teilweise selbst über Bankkredit finanziert. Mit den von den Investoren bezahlten Kaufpreisen müssen diese Bankkredite des Bauträgers rückgeführt und der Bau finanziert werden. Dabei muss der Investor gesichert werden, weil ihm der Bauträger ja verspricht, die gekaufte Wohnung fertigzustellen und Wohnungseigentum zu begründen. Finanziert der Investor den Kaufpreis für die Vorsorgewohnung selbst mit Bankkredit, besteht die Bank in der Regel auf Verbücherung eines Pfandrechts auf die erworbene Wohnung. Um die jeweils versprochenen grundbücherlichen Rechte sicherzustellen, alle dafür erforderlichen Verträge zu errichten, die Geldflüsse zu ordnen, die finanzierenden Banken zu sichern, Wohnungseigentum mit allen Käufern einheitlich zu begründen sowie alle für die Verbücherung erforderlichen Steuern und Abgaben (Grunderwerbsteuer, Eintragungsgebühr, allenfalls Immobilienertragsteuer) zu berechnen und abzuführen, hat der Bauträger einen Rechtsanwalt oder Notar als Treuhänder zu bestellen. Der Treuhänder muss sozusagen alle Interessen „unter einen Hut bringen“. Er hat mit allen Beteiligten (Investoren, Bauträger, Eigentümer der Projektliegenschaft, finanzierende Banken) strukturierte Treuhandvereinbarungen zu schließen, gemäß denen er die Kaufpreise verwahrt und auszahlt, die jeweils versprochenen Rechte sichert und verbüchert und insofern das Projekt überwacht.

BTVG – Pflichten des Treuhänders

Zur Sicherung des Erwerbers/Investors, der eine Wohnung vor Fertigstellung des Projekts kauft und bezahlt, schreibt das Bauträgervertragsgesetz (BTVG) Sicherungsmodelle vor, für deren Einsatz der Bauträger verantwortlich ist. Das gängigste Sicherungsmodell ist die Bestellung eines Rechtsanwalts oder Notars als Treuhänder (§ 12 BTVG), der vor allem den Investor grundbücherlich im Sinn des § 9 BTVG sicherzustellen und die Kaufpreise entsprechend Baufortschritt nach Ratenplan gemäß § 10 BTVG an den Bauträger auszuzahlen hat. Derart soll der Investor gegen den Verlust der von ihm bei Ankauf zu leistenden Zahlungen geschützt werden – zwingend zugunsten von Investoren, die Verbraucher iS KSchG sind (dazu etwa OGH 24.11.1993, 3 Ob 547/93; OGH 21.10.2010, 5 Ob 155/10w; OGH 16.2.2012, 6 Ob 203/11p).

Der Treuhänder hat gemäß BTVG als Vertragserrichter den sogenannten Bauträgervertrag (idR Kaufvertrag, u.U. auch Bauauftrag) zwischen Bauträger (u.U. auch Eigentümer der Projektliegenschaft, wenn dieser mit dem Bauträger nicht ident ist) und Investor zu erstellen. Im Bauträgervertrag müssen das vom Investor gekaufte Objekt (Wohnung, KFZ-Stellplatz, Geschäftslokal) samt Zubehör (Kellerabteil), dessen Bauweise und Ausstattung sowie das Gesamtprojekt genau beschrieben, der Kaufpreis sowie dessen Auszahlung an den Bauträger (dazu unten) bestimmt, die vom Investor zu entrichtenden Abgaben und Kosten der Vertragserrichtung und -abwicklung genannt, die Person des Treuhänders bestimmt und der späteste Termin der Übergabe des Kaufobjekts fixiert sein; auch ist zu definieren, welche Lasten (z.B. Dienstbarkeiten von Nachbarn oder Versorgungsunternehmen) der Investor als Wohnungseigentümer allenfalls übernimmt.

Die Sicherungspflichten des vom Bauträger bestellten Treuhänders gegenüber dem Investor beginnen mit der Unterfertigung des Bauträgervertrags. Der Treuhänder muss etwa dafür sorgen und prüfen, dass sich die auf der Projektliegenschaft besicherten Hypothekargläubiger (idR die den Eigentümer/Bauträger finanzierende Bank) zur Freistellung verpflichten (§ 9 Abs. 3 BTVG iVm. § 12 Abs. 4 BTVG). Darüber hinaus hat der Treuhänder den Investor über die Natur des Bauträgervertrags und seine wesentlichen Vertragspunkte, über das Sicherungsmodell und Rechtsfolgen im Falle der Insolvenz des Bauträgers sowie über den Haftrücklass zu belehren (§ 12 Abs. 3 Ziff. 1 BTVG). Die Sicherungspflichten des Treuhänders enden erst mit der Übergabe des fertiggestellten Objekts an den Investor sowie der Herstellung der dem Investor zugesagten Rechtsstellung (idR Begründung von Wohnungseigentum zugunsten des Investors am erworbenen Objekt; § 7 Abs. 5 BTVG).

Zahlungsflüsse, Ratenplan, Baufortschritt, Sachverständiger

Der Treuhänder muss sicherstellen, dass die Investoren die Kaufpreise und die Nebenkosten vollständig auf die von ihm geführten Treuhandkonten bezahlen oder zumindest die fristgerechte Zahlung während des Projektverlaufs garantiert ist. Für jeden Kauf hat der Treuhänder ein separates Treuhandkonto einzurichten, über das ausschließlich der Treuhänder verfügen kann und das von der Treuhandeinrichtung der zuständigen Rechtsanwalts- oder Notariatskammer gesperrt und versichert ist (§ 12 Abs. 3 Ziff. 4 BTVG).

Zentrales Sicherungsinstrument ist die Auszahlung nach Ratenplan: § 10 BTVG bestimmt, welche Raten der Treuhänder aus dem bei ihm erliegenden Kaufpreis nach Erreichen welchen Baufortschritts auszahlen darf. Unabdingbare Voraussetzung für jegliche Auszahlung ist die grundbücherliche Sicherstellung, insbesondere durch grundbücherliche Anmerkung der Zusage von Wohnungseigentum am gekauften Objekt zugunsten des Investors gemäß § 40 Abs. 2 WEG 2002.

Bei Vorsorgewohnungen –  diese dienen nicht dem dringenden Wohnbedürfnis des Käufers oder eines nahen Angehörigen (§ 9 Abs. 4 BTVG) – darf der sogenannte „Ratenplan A“ (§ 10 Abs. 2 Ziff. 1 BTVG) mit den folgenden Höchstgrenzen der Auszahlung angewandt werden: 15 % des Kaufpreises bei grundbücherlicher Sicherstellung des Investors/Baubeginn aufgrund einer rechtskräftigen Baubewilligung; 35 % bei Fertigstellung des Rohbaus und des Dachs; 20 % bei Fertigstellung der Rohinstallationen; 12 % bei Fertigstellung der Fassade und der Fenster einschließlich deren Verglasung; 12 % bei Bezugsfertigstellung; 4 % bei Fertigstellung der Gesamtanlage; 2 % nach Ablauf von 3 Jahren ab Übergabe der Wohnung zur Sicherung allfälliger Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche aufgrund mangelhafter Leistung (Haftrücklass iS § 4 Abs. 4 BTVG).

Der Treuhänder hat vor Auszahlung jeweils das Erreichen des Baufortschritts zu prüfen. Fachlich wird sich der Treuhänder dabei eines Sachverständigen (für den Hochbau zuständiger Ziviltechniker oder allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter SV für das Bauwesen) bedienen. Dieser Sachverständige haftet dem Investor direkt (§ 13 Abs. 2 BTVG). Entstehen in einer Bauphase gravierende Mängel, das sind Mängel, durch die der dem Baufortschritt entsprechende Wertzuwachs deutlich zurückbleibt, darf der Sachverständige das Erreichen des Baufortschritts nicht bestätigen; die Auszahlung der entsprechenden Rate muss bis zur Behebung des gravierenden Mangels unterbleiben. Geringfügige Mängel, wie z.B. das Fehlen eines einzigen Fensters bei Beurteilung des Baufortschritts „Fenster und Verglasung“, hindern allerdings die Bestätigung und die Auszahlung nicht (selbstverständlich muss der Bauträger aber auch diese geringfügigen Mängel beheben). § 14 BTVG gibt dem Investor Rückforderungsansprüche gegen den Bauträger bei vorzeitiger Auszahlung durch den Treuhänder. Über die vom Investor erhaltenen Zahlungen und die an den Bauträger ausgezahlten Raten hat der Treuhänder laufend Rechnung zu legen.

Durch diese Ratensicherung, bei der vor allem in den kritischen ersten Bauphasen die Auszahlungen wertmäßig hinter den erbrachten Bauleistungen zurückbleiben, soll der Masseverwalter bei Insolvenz des Bauträgers mit den noch nicht ausgezahlten, beim Treuhänder erliegenden Geldern möglichst die Fertigstellung des Projekts erwirken können. Dafür, dass diese Mittel im Insolvenzfall tatsächlich ausreichen, haftet der Treuhänder allerdings nicht.

Projekterfolg

Der Treuhänder muss unterschiedlichste Interessen schützen mit dem Ziel, zum Projekterfolg beizutragen. Das kommt allen Beteiligten, insbesondere den Investoren, zugute. Diese komplexen Aufgaben verlangen vom Treuhänder profunde Kenntnis der einschlägigen Gesetze (insbesondere BTVG, WEG, WGG, BauRG, ABGB, GBG, KSchG, Grundverkehrsgesetze, GrEStG, GGG, EStG), hinreichende Erfahrung bei der Projektkonzeption und –durchführung sowie eine rasch agierende Kanzleistruktur mit geschulten Fachkräften bei der Projektabwicklung. Für das Gelingen von Projekten jeder Größe sind das unabdingbare Voraussetzungen.


BRODNER Rechtsanwalt Die Kanzlei ist spezialisiert auf Immobilienrecht einschließlich zugehörigem Steuerrecht, Baurecht und Gesellschaftsrecht und wird ständig als Treuhänder mit der Abwicklung von Bauträgerprojekten betraut.   BRODNER Rechtsanwalt GmbH Geschäftsführender Gesellschafter Dr. Peter Brodner, Rechtsanwalt Dornbacher Straße 23 / 1170 Wien / Österreich T: +43 1 505 88 97 / F: +43 1 505 88 97 DW-99 E-Mail: office@brodner.at Internet: www.brodner.at