In den ersten drei Quartalen 2023 erreichte der deutsche Immobilieninvestmentmarkt ein Transaktionsvolumen von 20,97 Milliarden Euro. Allein im dritten Quartal wurden 7,8 Milliarden Euro in deutsche Immobilien investiert – das sind 28 Prozent mehr als im zweiten Quartal 2023, aber 53 Prozent weniger als im dritten Quartal 2022. 41 Prozent des Transaktionsvolumens entfielen im bisherigen Jahresverlauf auf die Top-7-Städte, allen voran Berlin mit vier Milliarden Euro und München mit 1,6 Milliarden Euro. Das sind die Ergebnisse einer aktuellen Analyse des globalen Immobiliendienstleisters CBRE.
„Die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern stimmen vor allem im großvolumigen Bereich weiterhin nur in den seltensten Fällen überein. Vor allem im Bürosegment finden derzeit fast so gut wie keine Großtransaktionen unter Beteiligung institutioneller Investoren statt“, resümiert Fabian Klein, Head of Investment bei CBRE in Deutschland. „Wir sehen aber, dass sich am Markt das Re-Pricing weiter durchsetzt und sich die Akteure angesichts der gestiegenen Finanzierungskosten und auch durch die deutlichen höheren Renditen für alternative Anlageprodukte am Kapitalmarkt einem neuen Gleichgewicht annähern – wir erwarten jedoch definitiv weitere Renditeanstiege.“
„Zum Zuge kommen momentan eigenkapitalstarke Investoren wie Family Offices, die dementsprechend nicht oder nur in geringem Umfang auf Fremdkapital angewiesen sind und deren Anlagefokus sich auf kleinere Losgrößen fokussiert“, erklärt Dr. Jan Linsin, Head of Research bei CBRE in Deutschland. Stärkste Käufergruppe waren Offene Immobilienfonds und insbesondere Spezialfonds, die bei Gewerbeimmobilien in den zurückliegenden neun Monaten vor allem in Logistik- und Handelsimmobilien investierten. Internationale Anleger mit einem Anteil von 39 Prozent am Transaktionsvolumen stammten vor allem aus dem europäischen Ausland und Nordamerika.
Renditen stiegen weiter
Der Renditeanstieg setzte sich im Verlauf des dritten Quartals 2023 in fast allen Assetklassen weiter fort, insbesondere bei Büro- und Geschäftshäusern. Im Schnitt der Top-7-Standorte lag die Spitzenrendite für Büroimmobilien mit aktuell 4,6 Prozent zum Quartalsende 0,5 Prozentpunkte über dem Vorquartal und gut 1,9 Prozentpunkte über dem historischen Tiefstwert zum Jahreswechsel 2021/2022. „Zuzüglich der Bankenmarge und des Risikoaufschlages ist es nicht verwunderlich, dass insbesondere im großvolumigen Bereich mit Beteiligung institutioneller Investoren aus dem In- und Ausland das Pricing einer weiteren Korrektur bedarf“, sagt Linsin. Denn die Finanzierungszinsen, beispielsweise gemessen am fünfjährigen EURO-Swap als Referenzzinssatz, liegen derzeit bei 3,4 Prozent. Und die risikolose Anlage in Form der zehnjährigen Bundesanleihe lag zuletzt bei über drei Prozent. Allein die Benchmarkrendite hat in den letzten 18 Monaten um zwei Prozentpunkte zugelegt. Diesen Renditeanstieg preisen die Investoren bei ihrer potentiellen Immobilienallokation ein und verlangen dementsprechend eine adäquate Risikoprämie, um die Risiken bei dem Investment in Sachvermögen zu kompensieren. Klein ergänzt „Zudem sinkt generell die Bereitschaft der Banken, Kredite zur Verfügung zu stellen. Dies dürfte auch bei wieder fallenden Zinsen ein Thema sein, welches Investoren noch für Jahre beschäftigen wird. Vor allem für Investitionen in Büros.“
„Speziell bei Büroimmobilien sehen wir aufgrund einer immer stärkeren Fokussierung der Nutzer auf sehr gute Lage- und Objektqualitäten strukturelle Veränderungen. Haupttreiber dieser Entwicklung sind das hybride Arbeiten sowie die weiter zunehmende Bedeutung von ESG-Kriterien. Deswegen haben die aktuellen Renditen von Büroimmobilien noch immer einen erheblichen Anpassungsbedarf nach oben“, so Klein.
Wohnen weiterhin mit dem größten Transaktionsvolumen
Wohnimmobilien (ab 50 Wohneinheiten) stellten mit 22 Prozent des Gesamtvolumens wie auch zuletzt die stärkste Assetklasse, dicht gefolgt von Industrie- und Logistikobjekten und Einzelhandelsimmobilien (jeweils 21 Prozent), wo jeweils großvolumige Paketverkäufe zum starken Ergebnis beitrugen. Im Bürosegment, traditionell die stärkste Assetklasse im Gewerbesektor, führte das Ausbleiben großer (Portfolio-)Transaktionen mit institutionellen Investoren zu einem eher geringen Anteil von 20 Prozent am Transaktionsvolumen. Bei Betreiberimmobilien (Hotels und Gesundheitsimmobilien) agieren die Investoren trotz guter Fundamentaldaten in beiden Sektoren besonders bei größeren Transaktionen vorsichtig, was auf wahrgenommene strukturelle Herausforderungen bei den Betreibern zurückzuführen ist.
Trend zu kleineren Abschlüssen
Großtransaktionen oberhalb der 100 Millionen Euro-Marke bleiben weiter rar; lediglich 31 Abschlüsse in dieser Größenordnung fanden in den letzten drei Quartalen statt, während es im Vorjahreszeitraum noch 98 waren. Insgesamt verringerte sich die Anzahl der getätigten Abschlüsse und die durchschnittliche Losgröße im laufenden Jahr im Vergleich zum Fünf-Jahres-Mittel am deutschen Markt signifikant. Lag der durchschnittliche Kaufpreis im Mittel 2018-2022 bei knapp 38 Millionen Euro und die Zahl der Deals bei 1.475, so waren es nun lediglich knapp 27 Millionen Euro und gut 800 Transaktionen. Insbesondere im großvolumigen Segment zeigte sich ein deutlicher Rückgang, während mittlere Losgrößen weniger deutlich zurückgingen.
Prognose für das Gesamtjahr 2023
„Für das Gesamtjahr 2023 rechnen wir angesichts einer nicht zu erwartenden Jahresendrally mit einem Transaktionsvolumen von 25 Milliarden Euro. Für 2024 gehen wir momentan von 32,5 Milliarden Euro aus“, sagt Klein. „Dennoch ergeben sich auch in dem aktuellen Marktumfeld einige Investmentopportunitäten und es werden auch größere Transaktionen vorbereitet, die in den kommenden Monaten dann auch die Evidenz für das neue Marktgleichgewicht bieten, wenn auch auf einem deutlich niedrigeren Preisniveau. Daneben steht aber auch eine Vielzahl von Immobilienkrediten zur Refinanzierung an, sodass sich infolge von Insolvenzen, Distressed-Positionen und auch Fire Sales zahlreiche Investmentchancen bieten, die wie in den Krisen zuvor vor allem im Fokus opportunistischer Investoren aus dem In- und Ausland stehen, zumal diese von den resilienten Fundamentaldaten der deutschen Wirtschaft und deren Immobilienbranche überzeugt sind.
“Für das laufende Jahr ist in Deutschland ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,5 Prozent zu erwarten. Für 2024 zeichnet sich aktuell ein moderates Plus in Höhe von 0,2 Prozent ab, wobei 2025 ein stärkeres Wirtschaftswachstum um 1,9 Prozent prognostiziert wird. „Weniger die milde Rezession, als vielmehr die stark gestiegenen Finanzierungskosten und Renditen bei Alternativanlagen bremsen derzeit den deutschen Immobilieninvestmentmarkt in seiner gewohnt hohen Dynamik aus. Dennoch öffnet sich für manche Investoren gerade in der jetzigen Marktphase die Möglichkeit, sich am deutschen Immobilienmarkt zu positionieren und vom zukünftigen Aufschwung zu profitieren. Jedoch kommt es mehr denn je auf die assetspezifische Rendite-Risiko-Analyse an, zumal die Diskussion um das Repricing und die zukünftige Positionierung der Immobilie angesichts der ESG-Thematik weiter zunehmen wird.“
„Bei der Inflation zeichnet sich eine gewisse Entspannung ab – bedingt durch den geldpolitisch induzierten Konjunkturrückgang in den kommenden Monaten. Dennoch dürfte die Kerninflationsrate weiterhin auf einem hohen Niveau bleiben, sodass weitere Zinserhöhungen der EZB noch nicht ausgeschlossen werden können. Vorerst müssen sich die Wirtschaft und die Immobilienbranche auf das neue, höhere Zinsregime einstellen und ihre Geschäftsmodelle und Anlagestrategien anpassen“, ergänzt Linsin.