Nach Jahren des Booms setzen steigende Zinsen und Baukosten der Immobilienbranche zu. Infolge von Wertminderungen ihrer Bestände mussten in Deutschland Firmen wie Grand City und TAG Immobilien herbe Gewinneinbußen hinnehmen. Das bekommen auch die Aktionäre zu spüren. Grand City teilte am Donnerstag mit, für 2022 keine Dividende zu zahlen.
Der Vorstand sei angesichts der Verwerfungen in der Branche der Ansicht, dass die Stärkung der Barmittel und des Eigenkapitals Vorrang habe, um durch diese Zeiten zu navigieren. 2022 war das Konzernergebnis infolge von Abwertungen auf den Immobilienbestand um 71 Prozent auf 179,1 Millionen Euro eingebrochen.
TAG Immobilien hatte schon im November erklärt, dass es für 2022 keine Dividende geben soll, womit das Unternehmen 143 Millionen Euro spart. Ob die Aktionäre auch für 2023 auf eine Ausschüttung verzichten müssen, soll erst Ende des Jahres entschieden werden. Wegen Abwertungen auf den Immobilienbestand brach der Konzerngewinn bei dem Hamburger Konzern ein und lag mit 117,3 Millionen Euro auf nur bei einem Fünftel des Vorjahresgewinns von 585,6 Millionen Euro.
Die Immobilienpreise kannten in Deutschland über Jahre nur einen Weg - nach oben. Die Konzerne bildeten dies in ihren Bilanzen ab und schrieben die Werte ihrer Bestände hoch. Das Blatt hat sich allerdings gewendet. "Der Immobilienmarkt steht Kopf", sagt etwa Florian Schwalm, Managing Partner bei der Beratungsgesellschaft EY Real Estate. Die Branche leide unter den massiv gestiegenen Baukosten, der hohen Inflation und vor allem den anziehenden Zinsen. EY beobachte nun "nicht nur teils eingefrorene Transaktionsmärkte, sondern auch sinkende Preise über die meisten Nutzungsarten und Lagen hinweg".
Die Firmen schnallen angesichts der Lage nun die Gürtel enger. Branchenprimus Vonovia verzichtet etwa auf teure Neubauprojekte. Mit dem durch Zukäufe getragenen Expansionskurs der vergangenen Jahre ist es bei Vonovia ebenfalls vorbei. Konzernchef Rolf Buch will vielmehr Wohnungen verkaufen und Investoren bei einzelnen Projekten ins Boot holen. So wollen die Bochumer sich etwa über die Jahre von Wohnungen und Einfamilienhäusern im Volumen von rund 13 Milliarden Euro trennen. "In Zeiten höherer Zinsen ist es sinnvoll, Schulden zu reduzieren", hatte Buch den Kurs begründet.
Auch der kleinere Konkurrent LEG Immobilien hält sein Geld zusammen. "Uns hat auch in der Wohnimmobilienbranche die Zeitenwende erfasst", hatte LEG-Chef Lars von Lackum zuletzt gesagt. "Wir wollen lieber auf Nummer sicher gehen, als in einer unsicheren Marktsituation die Dividendenzahlung später zu bereuen." (apa)