Die deutsche Ampel-Regierung will der Immobilienbranche mit weniger Vorschriften beim Bau neuen Schub verleihen. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) machten der Branche am Dienstag beim Tag der Immobilienwirtschaft in Berlin wenig Hoffnung auf neue Finanzhilfen. Stattdessen soll der sogenannte Gebäudetyp E das Bauen einfacher und damit auch günstiger machen, damit sich angesichts höherer Zinsen Projekte noch rechnen.
"Der neue Gebäudetyp E ist ein großer Schritt in die richtige Richtung", sagte Geywitz laut Redetext. "Das E steht für 'einfach' und 'experimentell'." Es solle auf Vorschriften verzichtet werden, die nicht relevant für die Sicherheit seien. Ihr Ministerium erstelle dafür gerade Leitlinien mit praxisnahen Beispielen. Das FDP-geführte Justizministerium werde notwendige Änderungen im BGB vornehmen. Die Länder hätten ihre Bauordnungen bereits geändert oder seien dabei. Lindner sagte, viele Normen hätten reinen Komfortcharakter, seien aber nicht essenziell.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte vergangene Woche angesichts wieder niedriger Inflationsraten erstmals seit 2019 den Leitzins gesenkt, nach einem zuvor strengen Straffungskurs. Das dürfte der Branche helfen. "Derzeit läuft der Branchenmotor eher untertourig und ruckelig - aber er läuft", so Geywitz. "Trotz schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen sehen wir eine gewisse Stabilisierung." 2023 seien 294.000 Wohnungen fertiggestellt worden und damit ähnlich viele wie im Jahr zuvor. Auch die Baupreise hätten sich stabilisiert. Die Zahl der Aufträge im Wohnungsbau sei im März um fast 5 Prozent im Vergleich zum Februar gestiegen.
Mit dem Wachstumschancengesetz wurden zusätzliche Abschreibungsmöglichkeiten speziell für die Branche geschaffen. "Bei einer Million Euro Investitionen können über sechs Jahre mehr als 250.000 Euro steuerlich geltend gemacht werden", sagte Geywitz. Mehr als 18 Mrd. Euro werde der deutsche Bund bis 2027 in den sozialen Wohnungsbau investieren. Im Herbst gehe ein neues Programm für den klimafreundlichen und bezahlbaren Neubau mit einem Fördervolumen von einer Milliarde Euro an den Start. "Geld allein wird den Wohnungsbau aber nicht voranbringen und steht - Stichwort Haushaltsstabilität - auch nur in begrenztem Umfang zur Verfügung."
Branchenexperte Tobias Wens von der Beratungsfirma BCG sagte der Nachrichtenagentur Reuters, es sei noch zu früh für Entwarnung. "Es ist nicht sicher, ob und wie schnell die EZB die Zinsen weiter senkt." Der sogenannte BF-Stimmungsindex der Immobilienfinanzierer war zuletzt aber auf den höchsten Stand seit zwei Jahren gestiegen. Der leichte Aufwärtstrend habe sich auch im zweiten Quartal 2024 fortgesetzt, so die Firmen, die den Index ermitteln. Es sei der dritte Anstieg in Folge gewesen. (apa)