Die Krise im deutschen Wohnungsbau schwelt weiter. Die Genehmigungen für den Bau von Wohnungen sanken heuer im ersten Halbjahr gegenüber der Vorjahresperiode um 21,1 Prozent auf 106.700, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Hohe Finanzierungs- und Baukosten gelten als Gründe für den Abwärtstrend. Branchenverbände klagen zudem über zu viel Bürokratie.
Bis zuletzt zeigte der Trend deutlich nach unten: Im Juni allein gab es einen Rückgang von 19,0 Prozent auf 17.600 Wohnungen. Gemessen am Juni 2022 waren das sogar um 42,1 Prozent weniger.
"Das aktuelle Niveau der Baugenehmigungen entspricht nur etwas mehr als 200.000 neu gebauten Wohnungen pro Jahr", sagte der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien. "Damit wird der deutsche Wohnungsbau auch weiter kriseln." Die Regierung in Berlin strebt eigentlich 400.000 Einheiten pro Jahr an.
Eine Trendwende sei frühestens im späteren Jahresverlauf 2025 zu erwarten, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Zinsen spürbar gesenkt haben und dies auf die Baunachfrage durchschlagen dürfte. "Die Wohnungsnot in den deutschen Ballungsgebieten wird damit absehbar anhalten", sagte Dullien. "Aufgrund deutlicher Zuwanderung ist in vielen Großstädten der Wohnraum knapp, und die aktuelle Bauaktivität ist zu gering, um dieses Problem zu mildern."
Dass die Mieten weiter steigen, liegt den Ökonomen der BayernLB zufolge daran, dass viel zu wenige Wohnungen gebaut werden.
Bei neuen Einfamilienhäusern fiel der Rückgang der Baugenehmigungen in den ersten sechs Monaten des Jahres am stärksten aus: Hier gab es einen Einbruch von 30,9 Prozent auf 18.600. Bei Zweifamilienhäusern wurde ein Minus von 14,9 Prozent auf 6.600 gemeldet. Auch bei den Mehrfamilienhäusern - der zahlenmäßig stärksten Gebäudeart - verringerte sich die Zahl der Bauzusagen deutlich: Hier ging es um 20,8 Prozent auf 57.300 Wohnungen nach unten.
Die Aussichten für eine Trendwende in der zweiten Jahreshälfte sind nicht besonders gut. Im Juli berichtete mehr als jede zweite Baufirma von einem Auftragsmangel im Wohnungsbau, wie eine Umfrage des Münchner Ifo-Instituts ergab. Insgesamt waren es 51,3 Prozent, nach 50,2 Prozent im Juni. "Was heute nicht beauftragt wird, kann morgen nicht gebaut werden", kommentierte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe, die Entwicklung. "Dies spiegelt sich auch in den Prognosen für die Anzahl der neu gebauten Wohngebäude." (apa)