Nach Angaben von Colliers International konnte der deutsche Hotelinvestmentmarkt in den ersten drei Monaten mit 1,03 Milliarden Euro knapp die Milliarden-Marke knacken. Damit lag das Marktgeschehen starke 71 Prozent über dem Vorjahresquartal und nur einen Prozentpunkt unter dem bisherigen Rekordwert aus 2017. Der Anteil der Assetklasse Hotel am Gesamtmarkt notierte bei sechs Prozent.
René Schappner, Head of Hotel bei Colliers International: „Der deutsche Hotelinvestmentmarkt hat einen sehr starken Jahresauftakt hingelegt. Angesichts der Corona-Pandemie und der unmittelbaren, drastischen Auswirkungen auf den Hotelmarkt mag dieses Ergebnis auf den ersten Blick überraschen. Ausschlaggebend waren neben Unternehmensübernahmen vor allem Portfolien, die wieder verstärkt gehandelt wurden. Zudem wurden bereits weit fortgeschrittene Prozesse auch während der Corona-Pandemie abgeschlossen.“
Der sich abzeichnende Trend zu vermehrten Portfoliotransaktionen hat angehalten. Nach jahrelangen Rückgängen betrug der Anteil von Paketverkäufen am Transaktionsvolumen 2018 zum Tiefpunkt nur noch 16 Prozent. Im ersten Quartal 2020 kletterte dieser Wert auf 59 Prozent, über 600 Millionen Euro wurden investiert.
Den größten Anteil davon konnte die Übernahme des TLG-Portfolios im Zuge der Fusion mit Aroundtown verbuchen. Damit wechselten auch mehrere Hotels in Ostdeutschland den Besitzer, deren Wert im mittleren dreistelligen Millionenbereich liegt. Aroundtown war auch beim zweiten großen Portfolio-Deal involviert: Das Unternehmen verkaufte für einen dreistelligen Millionenbetrag vier Business-Hotels an den französischen Investor Primonial, der damit in Deutschland erstmals Hotels erworben hat und hierzulande bislang überwiegend im Bereich Pflegeimmobilien tätig war.
Im Gegensatz zu den Paketverkäufen gestaltete sich das Marktgeschehen bei Einzeltransaktionen ruhiger. Insbesondere großvolumige Einzelobjekte waren in Kontrast zu den Vorjahren rar gesät. Mit etwas über 50 Millionen Euro war das Niu Yen in Hamburg die größte Einzeltransaktion in den ersten drei Monaten. Die Bayerische Versorgungskammer (BVK) sicherte sich das 347-Zimmer-Haus als Forward-Deal.
Die BVK kaufte ebenfalls als Forward-Deal das Hampton by Hilton in Kiel. Damit unterstrich die Versorgungskammer das weiterhin starke Engagement nationaler Investoren auf dem deutschen Hotelmarkt. Die Käuferseite wurde mit satten 75 Prozent des Transaktionsvolumens von inländischen Käufen dominiert. Sie kauften für fast 800 Millionen Euro Hotelimmobilien, sodass nur jeder vierte Euro auf internationale Einkäufer entfiel. Ausländisches Kapital kam in den ersten drei Monaten mit überwiegender Mehrheit aus Frankreich, gefolgt von den USA.
Auf Verkäuferseite ist die aktuell marktbeherrschende Stellung deutscher Investoren noch ausgeprägter. Inländische Verkäufer trennten sich von Hotelimmobilien im Wert von fast einer Milliarde Euro, der Anteil summierte sich auf 94 Prozent. Internationale Investoren verkauften lediglich kleinere Einzelobjekte.
Das Transaktionsvolumen verteilt sich sehr gleichmäßig auf Standorte inner- und außerhalb der TOP 7. Die sieben großen Investmentzentren konnten Deals in Höhe von über 530 Millionen Euro verzeichnen. Der erzielte Anteil von 51 Prozent liegt unter dem fünfjährigen Schnitt von 67 Prozent. Stattdessen waren insbesondere B&C-Standorte erneut stark nachgefragt, sodass eine halbe Milliarde Euro außerhalb der TOP 7 investiert wurde.
Die in den letzten Quartalen stärkere Fokussierung auf 3- und 4-Sterne-Herbergen hielt auch zu Jahresbeginn an. Die zahlreich gehandelten Business-Hotels trieben den Anteil von 4-Sterne-Häusern auf 61 Prozent. 3-Sterne-Hotels summierten sich mit etwas über 300 Millionen Euro auf einen Marktanteil von 30 Prozent. Boarding Houses standen mit rund 70 Millionen Euro und sieben Prozent an dritter Stelle. 5-Sterne-Luxusherbergen wurden dieses Jahr noch nicht gehandelt. Auch das Budget-Segment von 1- und 2-Sterne-Häusern legte eine Verschnaufpause ein.
Aufgrund der TLG-Übernahme waren Immobilien AGs die aktivste Käufergruppe. Mit 32 Prozent Marktanteil verwiesen sie die sonst führenden Asset- und Fondmanager sowie offenen Immobilien- und Spezialfonds auf die Plätze. Erstere rangieren mit 23 Prozent auf dem zweiten Platz, die Fonds hingegen fallen mit lediglich fünf Prozent auf den sechsten Platz zurück. Stattdessen zeigten sich Projektentwickler mit zehn Prozent überraschend kauffreudig. Hier haben sich Bauträger einige Value Add-Objekte gesichert.
Auf Verkäuferseite mussten sich Projektentwickler mit dem zweiten Platz begnügen. Sie platzierten Hotelimmobilien im Wert von rund 250 Millionen Euro und erzielten damit einen Marktanteil von 24 Prozent. Wie bei den Käufern belegten jedoch auch bei den Verkäufern die Immobilien AGs den ersten Platz. Asset- und Fondsmanager sowie Corporates und Eigennutzer erzielten als einzig weitere Gruppen zweistellige Marktanteile.
Angesichts der Corona-Pandemie agieren institutionelle Investoren vorsichtig, halten aber weiter nach passenden Kaufgelegenheiten Ausschau. Colliers International Deutschland hat dazu 65 Top-Entscheider der Immobilienwirtschaft in der Woche nach Verhängen des Shutdowns befragt. Demzufolge gaben 68 Prozent der Entscheider an, weiter Immobilien ankaufen zu wollen, nur 14 Prozent kündigten einen Einkaufsstopp an.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA erwartet für die Zeit des Shutdowns massive Umsatzeinbußen, da viele Hotels ganz geschlossen haben oder stark gefallene, niedrig zweistellige Auslastungsquoten aufweisen.
Entsprechend spiegelt sich auch in der Befragung die Corona-Krise bei Hotels am unmittelbarsten im Investorenverhalten wider. Der Anteil an Hotelimmobilien interessierter Käufer hat sich von 38 auf 17 Prozent mehr als halbiert.
Da sich die Corona-Pandemie weiterhin rapide entwickelt, sind aktuell keine belastbaren Prognosen möglich. Der gesamte Hotelmarkt ist betroffen, expansive Betreiber der Markenhotellerie leiden ebenso wie inhabergeführte, mittelständische Hotels.
Jedoch entwickelt die Branche auch zahlreiche Anpassungsstrategien. So stellen viele Hotelbetreiber Zimmer für „Homeoffice“-Arbeitsplätze zur Verfügung, die angemietet werden können. Auch stehen viele Hotels bereit, um temporär zusätzliche Behandlungskapazitäten und Entlastungen für Kliniken zu schaffen.
Zu berücksichtigen ist, dass sich der Tourismus immer erstaunlich krisenresistent gezeigt hat und stets ein globaler Wachstumsmotor war. Nach der Finanzkrise 2008/2009 war vielerorts nach einem Jahr das Vorkrisenniveau erreicht. Im Falle einer schnellen V-förmigen Erholung könnte gleiches auch für die Corona-Pandemie gelten.
Dabei ist zu erwarten, dass der inländische Tourismus eher von wieder aufkommenden Reiseaktivitäten und aufgehobenen Reisebeschränkungen profitieren könnte als internationale Ziele. Weniger absehbar sind die Entwicklungen von Gruppenreisen und Standorten mit hohen Anteilen von Messebesuchern und Geschäftsreisenden. Die mögliche Wirkung von Corona als Digitalisierungsbeschleuniger in der Arbeitswelt und die resultierenden Implikationen für Geschäftsreisen werden sich erst im längerfristigen Verlauf zeigen.
„Der deutsche Hotelinvestmentmarkt war die vergangenen Jahre von einer sehr hohen Nachfrage geprägt. Die Suche von zahlreichen neuen Investoren nach lukrativen Objekten hat dabei nicht nur die Renditen in der Assetklasse Hotel gedrückt, sondern auch zu einem konstanten Produktmangel geführt. Die kommenden Monate erwarten wir eine eingeschränkte Transaktionstätigkeit, was sich vermutlich ab dem zweiten Quartal in rückläufigen Investmentvolumina widerspiegeln wird. Die aktuelle Situation kann deshalb auch zu einer Entspannung des Marktes führen, möglicherweise ergeben sich hier neue interessante Investmentmöglichkeiten“, erklärt René Schappner abschließend.