Stichwort Mietpreisbremsen: Welche unmittelbaren Folgen erwarten Sie?
Wir werden es mit belastbaren Zahlen erst im Marktbericht am 6. Oktober genau sehen, aber die Richtung ist absehbar. Schon die Mietpreisbremse im Frühjahr hat sich sofort bemerkbar gemacht: Die Verhandlungsbereitschaft der Mieter im Altbaubereich ist gestiegen, und das hat die Preise gedrückt. Investoren kalkulieren mit geringeren Mietsteigerungen und zahlen entsprechend weniger für Altbauten. Ich gehe davon aus, dass die neuen Maßnahmen ähnliche negative Auswirkungen haben werden.
Rechnen Sie damit, dass Altbauwohnungen vom Mietmarkt verschwinden?
Ja, eindeutig. Die Altbauvermietung wird immer unattraktiver. Neben der Mietpreisbremse spielt auch die Verlängerung der Mindestbefristung von drei auf fünf Jahre eine Rolle. Das schränkt die Flexibilität der Vermieter ein und verschlechtert die Renditen. Viele Eigentümer werden daher den Verkauf an Eigennutzer der Vermietung vorziehen. Nur institutionelle Investoren wie Versicherungen, die auch mit ein Prozent Rendite leben können, werden Ausnahmen bleiben.
Wie stellt sich die Lage im Neubau dar?
Ganz anders. Hier werden die Mieten weiter steigen. Vermieter werden die erwarteten Einschränkungen bei künftigen Inflationsanpassungen durch höhere Anfangsmieten ausgleichen – und sie werden damit Erfolg haben. Der Grund ist simpel: Wien wächst stark, das Angebot kann mit der Nachfrage nicht mithalten.
Der Bedarf liegt bei deutlich über zehntausend frei finanzierten Wohnungen pro Jahr, tatsächlich kommen heuer nur rund sechstausend und im nächsten Jahr nur rund viereinhalbtausend Einheiten auf den Markt.
Schon in den letzten Jahren sind die Mieten im freien Segment stärker gestiegen als die Inflation. Dieser Trend wird sich fortsetzen.
Auch das freie Segment ist mittlerweile von Regulierung betroffen. Wird das spürbare Wirkung entfalten?
Wohl kaum. Die Eingriffe betreffen lediglich die Inflationsanpassung. Mehr als drei Prozent Inflation hatten wir in den letzten 25 Jahren nur selten. Die Maßnahme ist also in erster Linie politisches Marketing. Sie wirkt wie ein Prestigeprojekt, das sich gut verkaufen lässt, praktisch aber fast keine Relevanz hat.
Sie sprechen von Symbolpolitik. Wo liegen denn die eigentlichen Probleme des Wiener Wohnungsmarktes?
Das Kernproblem ist die Angebotsknappheit. Der Wohnbauboom bis 2022 ist vorbei. Viele Projekte sind vermietet, der Abverkauf läuft langsamer, und der Neubau reicht bei weitem nicht aus. Besonders eklatant ist der Mangel an Familienwohnungen mit drei oder vier Zimmern. In den letzten Jahren wurde der Fokus stark auf Klein- und Kleinstwohnungen gelegt, die sich pro Quadratmeter besser verkaufen und vermieten lassen. Für Singles und Anleger ist das attraktiv, für Familien bedeutet es aber, dass sie kaum noch geeigneten Wohnraum finden.
War dieser Fokus auf Mikrowohnungen aus Entwicklersicht ein Fehler?
Nein, betriebswirtschaftlich nicht. Kleinere Wohnungen bringen höhere Quadratmeterpreise und sind für viele Konsumenten leistbarer. Das hat die Logik der Projektentwickler bestimmt. Während der Pandemie war der Trend kurz unpopulär, weil niemand zu zweit auf 35 Quadratmetern sitzen wollte. Langfristig aber wächst die Zahl der Singlehaushalte, und damit bleibt die Nachfrage nach Kleinwohnungen hoch.
Wie verändert sich die Nachfragestruktur auf der Käuferseite?
Junge Käufer scheitern oft an der Hürde nur 40% ihres Einkommens für die Kreditrückzahlung aufwenden zu dürfen. Das ist für viele Familien eine kaum überwindbare Hürde.
Und wie wirken sich diese Rahmenbedingungen auf die Preise aus?
Altbauwohnungen liegen rund 15 Prozent unter ihrem Höchststand von Ende 2022. Bei unsanierten Zinshäusern sind die Einbußen noch größer: 30 bis 40 Prozent. Die Preisschere zwischen sanierten und unsanierten Wohnungen geht weiter auseinander. Unsanierte Objekte kaufen fast ausschließlich Profis, die noch Gewinn machen wollen. Private Käufer bevorzugen fast immer fertig sanierte Wohnungen.
Gibt es aktuell viele Notverkäufe?
Nein, die sehen wir kaum. Banken vermeiden Wertabschreibungen und prolongieren lieber Kredite, um ihre Bilanzen nicht zu belasten. Dadurch bleiben stark unterpreisige Verkäufe die Ausnahme. Einzelne Projekte werden abverkauft, wenn Liquidität dringend gebraucht wird, aber es ist kein breiter Trend.
Sie werten regelmäßig für Ihre Marktberichte aus. Wie stellen Sie sicher, dass Sie mehr sehen als nur die nackten Kaufpreise aus dem Grundbuch?
Wir heben Kaufverträge aus dem Grundbuch aus, aber das reicht nicht. Deshalb recherchieren wir begleitend Inserate, vergleichen Fotos, prüfen den Zustand der Häuser und Wohnungen und gleichen Daten ab. Dadurch können wir unterscheiden, ob es sich etwa um eine sanierte oder unsanierte Wohnung handelt. Mit unseren Regressionsmethoden können wir Preisentwicklungen bereinigt von Angebotsverschiebungen darstellen. So lassen sich Entwicklungen erkennen, die in der Gesamtstatistik verborgen bleiben.
Was erwarten Sie in Ihrem nächsten Bericht?
Konkrete Zahlen erst ab 1. Oktober, wenn wir die Daten mit Stichtag 30. September auswerten. Aber die Tendenz ist klar: weitere Belastungen für die Altbauvermietung, steigende Mieten im Neubau, und eine wachsende Preisschere zwischen sanierten und unsanierten Objekten.