Vor allem drei Aspekte sind dafür verantwortlich: erstens der hohe Anteil nationaler Business-Nachfrage nach Hotelübernachtungen. Zweitens wird auch die Ferienhotellerie von Investoren immer stärker nachgefragt und drittens ist Deutschland im internationalen Vergleich wirtschaftlich stabiler, erläutert Alexander Trobitz, Geschäftsführer und Head of Hotel Services der BNP Paribas Real Estate GmbH.
„Die deutsche Hotelbranche ist also bei weitem nicht tot. Nach einem schwierigen Jahr, in dem sie massiv durchgerüttelt wurde, sortiert sie sich neu. Alle Branchenteilnehmer haben im vergangenen Jahr gelernt, neu zu denken und setzen dies jetzt um, führt Trobitz weiter aus.
Durch die beiden Lockdowns werden insgesamt die Umsätze von etwa vier bis fünf Monaten ausfallen. Die Auswirkungen auf die Hotelketten sind verheerend und einer der Gründe für die bisherige Zurückhaltung der Investoren, die nicht zu große Risiken eingehen wollten. Wenn Transaktionen getätigt wurden, waren die Käufer sehr wählerisch.
Sowohl Bestandshalter als auch Projektentwickler mussten außerdem schmerzhaft lernen, dass ihre auf 2019 basierenden Preisvorstellungen vom Markt nicht mehr reflektiert werden. Die Preise, die nach 10 Jahren des Booms Ende 2019 gültig waren, werden auf absehbare Zeit nicht mehr gültig sein. Die Kaufpreis- und Verkäuferpreiserwartungen klafften 2020 weit auseinander, weshalb weniger Transaktionen stattfanden, so Trobitz.
Im vergangenen Jahr gab es außerdem lediglich eine Handvoll Transaktionen über 50 Millionen Euro und keine „großen Tickets“ – erstens wegen nur sehr limitierter Finanzierungsmöglichkeiten (vor allem für großvolumige Investitionen) und zweitens, weil die Investoren nicht zu große Risiken eingehen wollten.
Wir beobachten momentan, dass sich die Preisvorstellungen annähern und im Core- bis Core-Plus-Bereich erste Transaktionen wieder stattfinden. Wir gehen davon aus, dass im ersten und vor allem im zweiten Halbjahr das Investitionsgeschehen wieder stärker an Fahrt aufnehmen wird, prognostiziert Alexander Trobitz.
Nach der Einschätzung von BNP Paribas Real Estate gibt es aktuell zwei Schwerpunkte bei der Investoren-Nachfrage: nach Core-Immobilien sowie aus dem Segment value add/opportunistische Investments. Da institutionelle Investoren anlegen müssen, um die Hotelquote ihrer Portfolios zu erreichen, interessieren sie sich überwiegend für Hotelketten, die als „sicher“ gelten.
Die Nachfrage ist also da, aber lediglich im Core-Segment. Anleger sind sehr wählerisch, machen um vermeintliche Risiken einen großen Bogen und picken sich die Rosinen heraus. Allerdings nicht zu den extrem hohen Preisen der vergangenen Jahre. Dies haben wir in zahlreichen Investorengesprächen zum Jahresbeginn festgestellt. Der ‚strategische Fit‘ muss passen – also alle drei Faktoren Standort, Betreiber und Konzept gleichermaßen. Hier wurden in den vergangenen Jahren teilweise deutlich Abstriche gemacht, erklärt Trobitz.
Eine große Nachfrage verzeichnet BNP Paribas Real Estate auch nach Objekten aus dem Segment value add/opportunistisch – Private Equity-Anleger suchen gerade massiv nach Produkt. Weil die Investoren davon ausgehen, dass Hotels kurz- bis mittelfristig restrukturiert werden müssen, haben sie viel Interesse an diesen Investments – natürlich mit entsprechenden Rendite-Erwartungen, die das Risiko mit „einpreisen“.
Die Verkäufer erkennen, dass sie keine oder nur sehr reduzierte Mieten über einen längeren Zeitraum erhalten und lernen gerade, der bitteren Wahrheit ins Auge zu schauen. Schwierig dürften dagegen insbesondere Hotel-Immobilien im Core-Plus-Segment bleiben, bei denen es keine deutlichen Preisabschläge gibt, wenig Restrukturierungspotenzial, die aber von der Corona-Krise aufgrund ihrer Lage oder ihres Konzepts stark getroffen wurden, glaubt Trobitz.
Betrachtet man die Hotelkonzepte, so werden voraussichtlich Budget- und Midscale-Hotels mit niedriger Kostenstruktur am besten aus der Krise kommen sowie Ferien- und Boutique-Hotels, die von dem zu erwartenden Reiseboom nach Endes des Lockdowns profitieren dürften. Bei den Standorten werden vor allem die bevorzugt, die sowohl eine Nachfrage aus Geschäfts- wie aus dem Freizeittourismus verzeichnen. So etwa Dresden (war 2020 Nummer 2 in Deutschland und lag sonst immer in den Statistiken hinten), Freiburg, Heidelberg, Münster und Aachen. (Kurz‑)Reisen in Deutschland werden auf absehbare Zeit gefragt sein.
Bei Projektentwicklungen, bei denen wir schon vor 2-3 Jahren abgeraten haben, treten die Schwierigkeiten jetzt überdeutlich hervor. Standorte, die nur auf ‚einem Bein‘ stehen, wie beispielsweise ein Flughafen oder Messestandorte, sind auf einmal problematisch geworden. Sicherlich werden einige Hotels mittelfristig nicht mehr benötigt werden, weil etwa die Lage nicht gut genug ist. Hier sollte man sich Gedanken über alternative Nutzungsarten machen, also etwa eine Konversion in Serviced Apartments, Wohnen, Seniorenwohnungen oder Co-Living. Mit diesen Themen beschäftigen wir uns momentan an verschiedenen Standorten sehr intensiv, erläutert Alexander Trobitz.