Wer auf das Potenzial von Immobilien setzen möchte, muss nicht zwangsläufig auch welche besitzen. Zu den interessantesten indirekten Möglichkeiten, in Betongold zu investieren, gehören Real Estate Investment Trusts (REITs). Dabei handelt es sich um börsennotierte Immobilienaktiengesellschaften, die allerdings eine Reihe von Besonderheiten von „normalen“ Immobilienaktien unterscheidet – allen voran die vorgeschriebenen hohen Ausschüttungsquoten sowie die in der Regel bessere Performance.
Auf internationaler Ebene haben sich REITs jedenfalls längst durchgesetzt. Laut den Immobilienexperten des Prüfungs- und Beratungsunternehmens Ernst & Young dominieren REITs mittlerweile den globalen IPO-Markt unter Immobiliengesellschaften. Allein im zweiten Quartal 2014 waren dieser Unternehmensform mehr als 70 Prozent aller Kapitalerhöhungen zuzuschreiben. Insgesamt befinde sich das REIT-Universum weltweit weiter im wachsen – zu einem weiteren aktiven Markt sollte sich Indien entwickeln, nachdem dort die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen wurden.
Für das starke Interesse an REIT-IPOs gibt es eine Reihe von Gründen: Zum einen wäre da die bessere Performance als der breite Markt. Wie Wilson Magee, Director of Global Real Estate and Infrastructure Securities bei Franklin Real Asset Advisors, erklärt, haben globale REITs über einen Fünf- und Zehnjahreszeitraum besser abgeschnitten als globale Aktien (gemessen am MSCI World GR USD Index). Gleichzeitig kann man mit der Assetklasse sein Portfolio diversifizieren. Der Hintergrund: REITs korrelieren mit Aktien und Anleihen nur begrenzt. Auch die Tatsache, dass viele REITs auf verschiedene Immobilientypen sowie eine geografische Region spezialisiert sind, bietet Anlegern zusätzliches Diversifikationspotenzial.
"Unseres Erachtens könnten steigende Zinsen, die für eine robuste, wachsende Wirtschaft sprechen, für US-Aktien und REITs positiv sein." - Wilson Magee, Director of Global Real Estate and Infrastructure Securities bei Franklin Real Asset Advisors
Gegenüber Direktinvestments in Immobilien haben REITs jedenfalls den Vorteil, dass sie deutlich liquider sind und auch mit weniger Transaktionskosten verbunden sind. Das wichtigste Argument für die Assetklasse ist allerdings die – nicht nur im Vergleich zu „normalen“ Immobiliengesellschaften – hohe Ausschüttungsquote. Hier gibt es länderspezifische Unterschiede: In Australien werden 100 Prozent der Erträge an die Aktionäre ausgeschüttet, in den USA und Japan 90 Prozent. In Frankreich müssen mindestens 85 Prozent aus der Vermietung und 50 Prozent aus der Veräußerung von Immobilien an die Anleger ausgeschüttet werden, in Belgien sind es 80 Prozent bzw. 50 Prozent.
Ende des ersten Quartals 2015 belief sich die Dividendenrendite des FTSE NAREIT ALL REITs Index bei 3,80 Prozent, jene des FTSE NAREIT All Equity REITs Index bei 3,37 Prozent. Noch höher war mit 10,56 Prozent die Dividendenrendite des FTSE NAREIT Mort-gage REITs Index. Zum Vergleich: Der S&P 500 hat nicht mehr als 2,02 Prozent zu bieten. „Die hohen Dividenden sind ein wichtiger Bestandteil der Total Return Performance von US-REITs“, so Steven A. Wechsler, Präsident und CEO des US-REIT-Dachverbands National Association of Real Estate Investment Trusts (NAREIT). So würden Dividendeneinnahmen über längere Haltedauern für rund 60 Prozent des Gesamtertrags verantwortlich zeichnen.
Bei AllianceBernstein sind REITs ein wichtiger Baustein eines auf Einkommen ausgerichteten Portfolios – konkret zählen sie für Daniel Loewy, CIO und Co-Head of Multi-Asset Solutions bei AB, zur Kategorie der „Ertragssteigerer“. „Sie bieten – ebenso wie Aktien mit hohen Dividendenausschüttungen – das Potenzial, über einen längeren Zeitraum hohe Erträge zu generieren“, so der Experte. Auf der anderen Seite wären sie deutlich volatiler als etwa Investments wie unter anderem Hochzins- und Schwellenländeranleihen oder durch Hypotheken besicherte Anleihen, die er insgesamt zur Gruppe der „Ertragsproduzenten“, die laufend attraktive Einnahmen erzielen, zählt.
Der erste REIT-Markt der Welt entstand jedenfalls 1960 in den USA. „Aber auch in den Niederlanden, Frankreich und Großbritannien oder Japan und Hongkong ist das Thema schon vor längerem angekommen“, so Gabriela Tinti, Fondsmanagerin bei der Erste-Sparinvest. Genau genommen wurde in den Niederlanden 1969 die REIT-Struktur – die Rede ist von einer „Fisclae Beleggingsinstelling“ – eingeführt. In weiterer Folge folgte 1985 Australien (Listed Property Trust), 1994 Kanada (Mutual Fund Trusts), 2000 Japan (REITs), 2003 schließlich Frankreich (Sociétés d’investissement immobilier cotées) und Hongkong (REITs) sowie 2007 Großbritannien (REITs).
Heute gibt es in weltweit rund 20 Ländern REIT-Strukturen. In Österreich gibt es kein entsprechendes Gesetz, auch wenn hier REITs wie etwa Unibail-Rodamco Objekte besitzen. „Es war auch bis jetzt nie offiziell ein Thema, eines zu erlassen“, so ESPA-Fondsmanagerin Tinti, die sowohl mit dem ESPA Stock Europe-Property als auch dem ESPA Stock Asia-Pacific Property in die Aktien von Immobilienentwicklern und REITs investiert. Dabei würden in der Alpenrepublik bekanntlich Entwicklungen aus Deutschland in der Regel – zumindest mit einiger Zeitverzögerung – übernommen. So oder so wächst das globale REIT Volumen weiter. Der FTSE EPRA/NAREIT Developed Index, der sich zu rund 75 Prozent aus REITs und zu 25 Prozent aus Immobilienholdings und -entwicklern zusammensetzt, hat derzeit eine Marktkapitalisierung von 1.152 Milliarden Euro.
In Deutschland gibt es REITs erst seit 2007 – die Idee dazu wurde allerdings bereits 2003 entwickelt. Wie schauen dort die rechtlichen Rahmenbedingungen aus? Konkret muss sowohl der Anteil des Immobilienvermögens am Gesamtvermögen als auch jener der Bruttoerträge aus unbeweglichem Vermögen – gänzlich ausgeschlossen sind Bestandswohnimmobilien – bei mindestens 75 Prozent liegen. Gleichzeitig müssen deutsche REITs 90 Prozent ihres Gewinns an ihre Aktionäre ausschütten. Dafür sind sie von der Körperschafts- und Gewerbesteuer befreit. Nicht befreit sind sie allerdings von Verkehrssteuern wie der Umsatz- oder Grunderwerbsteuer sowie von Substanzsteuern wie der Grundsteuer.
Aber auch, was die Aktionärsstruktur betrifft, gibt es klar definierte Regelungen: Mindestens 25 Prozent der Aktien müssen sich bei der Börsenzulassung – vorgeschrieben ist ein organisierter Markt wie etwa der General Standard oder Prime Standard der Frankfurter Börse – im Streubesitz befinden. In weiterer Folge muss sich der Free Float zu jedem Zeitpunkt bei mindestens 15 Prozent belaufen. Einzelaktionäre dürfen nicht indirekte Beteiligungen von mehr als 10 Prozent besitzen. Damit soll – aus Sicht des Fiskus – das Schachtelprivileg gemäß Doppelbesteuerungsabkommen sowie der Europäischen Mutter-Tochter-Richtlinie vermieden werden. Erlaubt sind bei G-REITs hingegen indirekte Beteiligungen von mehr als 10 Prozent.
Was das operative Geschäft betrifft, lassen sich drei Arten von REITs unterscheiden: So genannte Eigenkapital-REITs besitzen und betreiben Immobilien und beziehen ihre Erträge überwiegend aus deren Vermietung und Verpachtung. Zur Gruppe der Hypotheken-REITs gehören wiederum Unternehmen, die im Finanzierungsgeschäft tätig sind – sprich: Geld direkt an Immobilienbesitzer und -betreiber verleihen oder indirekt über den Kauf von hypothekengesicherten Pfandbriefen oder Darlehen. Hybrid-REITs sind eine Mischform der beiden zuvor genannten Arten – sprich: sie gewähren Immobilienbesitzern Darlehen und besitzen auch selbst Darlehen.
"Die hohen Dividenden sind ein wichtiger Bestandteil der Total Return Performance von US-REITs." - Steven A. Wechsler, Präsident und CEO des US-REIT-Dachverbands National Association of Real Estate Investment Trusts (NAREIT)
Nichts Gutes für REITs verheißt auf den ersten Blick die anstehende Zinswende in den USA. „Grundsätzlich sind steigende Zinsen für Immobilienunternehmen aus Refinanzierungsgründen nicht von Vorteil“, meint etwa Tinti. Daher müsse man sich sehr genau anschauen, wie hoch der Leverage bei den einzelnen REITs sei. Auch Magee möchte nicht von der Hand weisen, dass die Aussicht auf steigende Zinsen in den USA zinssensible Anlagen wie REITs weniger attraktiv ausschauen lassen. „Wir halten allerdings Belege für die Vorzüge eines REIT-Engagements – selbst bei anziehenden Zinsen“, so Magee. So hätte sich die Assetklasse – gemessen am FTSE NAREIT Equity REITs TR Index – in der Vergangenheit bei Zinsanstiegen immer gut entwickelt. Konkret hätten REITs in sechs der neun Perioden zwischen 1994 und 2013, in denen die Zinsen um mehr als 100 Basispunkte gestiegen sind, positive Erträge geliefert, in dreien negative .
„Unseres Erachtens könnten steigende Zinsen, die für eine robuste, wachsende Wirtschaft sprechen, für US-Aktien und REITs positiv sein“, so Magee weiter. Beide Vermögensklassen könnten nämlich auch von Zuwächsen bei Beschäftigung, Konsum und Immobiliennachfrage profitieren. Tatsächlich sollte mit der positiven gesamtwirtschaftlichen Entwicklung die Nachfrage nach Büro- und Gewerbeimmobilien in den USA steigen und damit nach der jahrelangen Niedrigzinspolitik zum Wachstumsimpuls der Immobilienbranche werden. Aber auch Retailimmobilien sollten vom anziehenden Konsum profitieren. Zusätzliche Impulse könnte die Branche zudem durch ausländische Immobilieninvestoren erfahren.
Was sollen Anleger berücksichtigen, die sich für REITs interessieren? Wichtig ist es jedenfalls, sich vor Augen zu führen, dass REITs letztendlich Aktien sind. Ihre Performance ist u.a. von der jeweiligen Geschäftsentwicklung, dem Marktumfeld, der Qualität des Managements und der allgemeinen Börsenentwicklung abhängig. Auf längere Sicht hängt deren fairer Wert vom jeweiligen Immobilienbestand des Portfolios ab. Als ein wichtiges Kriterium für die Attraktivität eines REITs bezeichnet Tinti den Yield Spread zwischen Immobilienaktien und Unternehmensanleihen mit einem BBB-Rating. „Dieser Vergleich eignet sich besser als jener mit Staatsanleihen, da hier der Yield Spread aufgrund der gleichen Refinanzierungsbasis aussagekräftiger ist“, so die ESPA-Expertin.
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