Nachdem die schwarz-rote Tiroler Landesregierung der Landeshauptstadt Innsbruck bei der beantragten Verordnung eines "Wohnungsnotstandes" eine Absage erteilt hatte und daraufhin großteils scharfe Kritik der Stadtregierung zu vernehmen war, hat der für den Wohnbau zuständige SPÖ-Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer das "Nein" verteidigt. Das Land habe sich "seriös mit den Fakten auseinandergesetzt", Innsbruck müsse vielmehr die bestehenden Möglichkeiten endlich nützen.
Der Kardinalfehler sei, dass in der Landeshauptstadt keine Vorbehaltsflächen für den sozialen Wohnbau ausgewiesen wurden, erklärte Dornauer gegenüber der "Tiroler Tageszeitung" (Mittwochsausgabe). "Die Stadt muss endlich die Möglichkeiten für Vertragsraumordnung und Vorbehaltsflächen nützen", so der Landeshauptmannstellvertreter und Tiroler SPÖ-Chef. Die gemeinnützigen Wohnbauträger würden gerne bauen wollen, "dafür benötigen sie aber wohnbauförderungswürdige Grundstücke". Dornauer stellte sich hinter die Position des Landes, dass es in Innsbruck keinen ausreichenden Wohnungsfehlbestand für eine Notstandsverordnung gebe. Und ließ wissen, dass er Enteignungen und überschießende Eingriffe generell kritisch sehe. In puncto Enteignungen meinte der SPÖ-Politiker: "Ich frage mich, wie die Stadt diese finanzieren will und ob damit die anrechenbaren Grundkosten für die Wohnbauförderung erreicht werden können."
Der für die Bodenpolitik verantwortliche Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler (ÖVP) verwies darauf, dass tirolweit 95 Gemeinden 58,3 Hektar für geförderte Wohnbauvorhaben gewidmet hatten. 170 Flächen können dafür genützt werden. In Innsbruck wären rund sechs Hektar dafür geeignet, doch die vormalige Stadtregierung hatte sich nicht auf Vorbehaltsflächen einigen können. Außerdem soll die Stadt noch im Besitz von rund zehn Hektar Flächen sein, hieß es in dem Bericht.
Am Dienstag war bekannt geworden, dass das Land nach Prüfung eines entsprechenden Antrages der Stadt aus dem Jahr 2022 den konkreten Wohnbedarf quantitativ erhoben und dabei kein Überschreiten der erforderlichen Quote von zwei Prozent erkannt hatte. Demnach seien derzeit 2.232 Anträge von insgesamt 4.630 Wohnungssuchenden registriert. Ihnen stünden 2.052 bereits geplante geförderte Wohnungen bzw. Wohneinheiten gegenüber. Ziehe man diese von der Zahl der Anträge ab, benötige es weitere 180 Wohnungen. 2.315 Personen hätten somit einen konkreten Wohnungsbedarf. Im Verhältnis zu 132.594 mit Hauptwohnsitz in der Landeshauptstadt gemeldeten Personen seien das 1,74 Prozent und damit weniger als die erforderlichen zwei Prozent, verlautete es aus dem Landhaus. Die Landesregierung sah ein Auslangen mit gelinderen Mitteln denn einer Notstandsverordnung, etwa der Ausweisung von Vorbehaltsflächen und Vertragsraumordnung.
Damit wird das seit 1974 bestehende und seitdem noch nie angewandte Bodenbeschaffungsgesetz weiter in der Schublade bleiben. Innsbruck hatte sich davon Fortschritte im Bereich leistbares Wohnen versprochen. Das Gesetz ermöglicht es Städten unter anderem, in Kaufverträge für Baugrundstücke einzutreten und in letzter Konsequenz sogar zu Enteignungen zu greifen.
Die Entscheidung des Landes hatte scharfe Kritik vor allem von Grünen und SPÖ zur Folge, die seit der heurigen Wahl mit der Liste "JA - Jetzt Innsbruck" von Bürgermeister Johannes Anzengruber die Landeshauptstadt regieren. Die Stadt-SPÖ kritisierte zwar auch die Landesregierung als solche, schoss sich aber vor allem auf ihren Koalitionspartner auf Landesebene, die Volkspartei, ein. Die ÖVP versuche "eindeutig, leistbares Wohnen absichtlich zu sabotieren, um die Immobilienlobby zu schützen", hieß es unter anderem von den Stadt-Roten. (apa)