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Effizienz + Energie = Erfolg?

Real Circle 05. Im Park Hyatt gingen auf Einladung von Energiekomfort und ImmoFokus Immobilienexperten der Frage nach, ob sich Maßnahmen in Energieeffizienz lohnen. Ist Energieeffizienz ein bestimmender Erfolgsfaktor?
Michael Neubauer

Real Circle 05. Im Park Hyatt gingen auf Einladung von Energiekomfort und ImmoFokus Immobilienexperten der Frage nach, ob sich Maßnahmen in Energieeffizienz lohnen. Ist Energieeffizienz ein bestimmender Erfolgsfaktor?

Wenn man von Energiesparen spricht, sieht Markus Werner von Werner Consult vor allem in der Planungsphase Einsparungspotenzial: „Gerade in der Entstehung eines Projektes können sehr viele Weichen gestellt werden und das wird von vielen Bauherren in dieser Phase noch nicht erkannt. Da passiert leider noch viel Unfug, wenn ich das so sagen darf. Dort geht viel Potenzial verloren.“ Thomas Tischler von der Österreichischen Facility Management GmbH stimmte dem zu und ergänzte: „Oft ist es nur noch mit hohen Investitionen möglich, nachträglich Verbesserungen zu erzielen.“ Auch die Käufer sehen sich heute ein Objekt viel genauer an. Wichtig ist, was der Betrieb kostet und wie man das effizienter gestalten kann. „Dann ist auch ein Haus wertvoller für den Weiterverkauf“, gab Silvia Wustinger-Renezeder von 6B47 zu bedenken und erhielt Zustimmung aus der Runde. „Man kann es sich auch nicht mehr leisten, eine schlechte Technik oder Energiebilanz abzuliefern“, so Tischler weiter. Dabei seien Zertifizierungen jedoch nicht zwingend erforderlich. Und auch das Passivhaus sei nicht mehr so attraktiv, wie es noch vor einigen Jahren war.

Vor allem die Gebäudeautomation biete Möglichkeiten, ein Gebäude energieeffizienter zu nutzen. „Die Erfahrung zeigt, dass es viele kleine Rädchen gibt, die man drehen kann und die nicht einmal einer Investition bedürfen“, gab Tischler zu bedenken. Gleichzeitig entstehe jedoch Bedarf eines gewissen Knowhows. Hier sei auch das Nutzerverhalten selbst ein sehr heißes Thema. Legt man im eigenen Heim noch ein klügeres Verhalten an den Tag, ist einem im Büro Energiesparen nicht mehr so wichtig. Dennoch kommt es in beiden Bereichen zu Mängeln durch die falsche Anwendung der Nutzer. „Hier ist es besser, wenn man wieder einfach baut, damit man es nicht so kompliziert hat und die Leute besser damit umgehen können“, argumentierte Wustinger-Renezeder. Durch Bevormundung könne nichts erreicht werden, es müsse ein Grundverständnis geweckt werden, war man sich einig. Wolfgang Schmalzhofer, BK-Factory: „Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass es schon die Technik um der Technik willen ist – oft ist weniger mehr!“ Man sah aber auch die Nutzer in der Pflicht, selbst Bewusstsein für Energieeffizienz zu entwickeln. „Vor allem im Wohnungsbereich ist es extrem schwierig, energieeinsparende Maßnahmen vor allem dann zu erzielen, wenn die Individualität des Nutzers eingeschränkt wird“, erklärte Tischler. So spiele auch das Facility Management bei der Energieeinsparung eine tragende Rolle, stoße aber spätestens bei der Wohnungstür an seine Grenzen. „Es ist wichtig, dass jemand den Weg mitgeht“, zeigte Tischler weiter auf. Es sei auch eine Generationenfrage. Vor allem in der jungen Generation sah die Runde Potenzial, frühzeitig durch die richtige Technologie ein Bewusstsein für Energieeffizienz zu schaffen.

RealCircle (Energieeffizienz) _ 002 @ cityfoto

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Einschulung ein wichtiger Bereich

„Ein Haus kann A++ beim Energieausweis haben, die Nutzer machen immer B draus“, zitierte Rainer Loos (WSE) gleich zu Beginn der Diskussion einen Experten. Und dieser Befund zog sich wie ein roter Faden durch das Gespräch. Hermann Kolar (Energiecomfort) pflichtete dem uneingeschränkt bei: „Wir betreuen eine ganze Reihe unterschiedlicher Gebäude im laufenden Betrieb und ein ganz wichtiger Bereich ist die Einschulung der Nutzer auf das Gebäude.“ Man könne, und hier waren sich alle einig, zwar in der Planung die schönsten Zielsetzungen vorgeben und auch im Bau umsetzen, entscheidend sei aber, wie das Gebäude später „gebraucht“ werde. Was generell jedoch auch angemerkt wurde: Die notwendigen Investitionen, um einen möglichst hohen Grad an Energieeffizienz zu erreichen, lassen sich nur schwer wieder verdienen.

Nachhaltigkeit keine Kaufentscheidung

Sascha Nevoral (6B47) gestand zwar zu, dass gerade im Wohnbau die nachhaltige Errichtung quasi vorausgesetzt werde, entscheidendes Kriterium für einen Kaufabschluss sei sie aber nicht. „Man kennt das: Man findet eine wunderschöne Altbauwohnung in bester Lage zu einem anständigen Preis, da wird dann nicht mehr so genau hingeschaut.“ Aber: „Bei neuen Wohnungen sind die Anforderungen hoch.“ Er plauderte auch aus dem Nähkästchen: „Bei der Errichtung von sogenannten Passivhäusern ist es absolut notwendig, dass alle Beteiligten über entsprechende Erfahrung verfügen. Wenn da nicht jede Dichtung passt, kann man es vergessen. Ein Passivhaus ist ein Hochtechnologieprodukt.“ Und wieder sei der Nutzer entscheidend, man brauche einiges an Know-how, um ein solches Gebäude entsprechend zu bedienen und die Möglichkeiten optimal auszuschöpfen. Hermann Kolar verwies zum Beispiel auf Pflegeheime: „Einem älteren Menschen zu sagen, er darf jetzt nicht mehr das Fenster aufmachen, wenn er frische Luft braucht, erfordert sehr viel sensiblen Umgang.“

Für Michael Gratz (WS-System) gilt: „Passivhäuser im Sinne von ,keine Heiztechnik‘ sind sowieso tot. Aber: Mit dem Einbau entsprechender Systeme sind bis zu 30 Prozent Einsparungen möglich.“ Ins gleiche Horn stießen auch Kolar und Nevoral. Entscheidend seien eben nicht Begrifflichkeiten, sondern die individuellen Maßnahmen. Wärmepumpen, Photovoltaikanlagen und smarte Gebäudeautomation würden viel mehr zur wirkungsvollen Energienutzung beitragen. „Bestimmte Zielgruppen verlangen zwar nach dem Konzept Passivhaus, das ist aber eine kleine Minderheit“, waren die Diskutanten überzeugt. Immer wieder wurde auch das Kostenargument aufs Tapet gebracht. So stellte Loos in Frage, ob sich beispielsweise die Investitionen im Schulneubau – wo schon das Energieeffizienzgesetz sehr enge Maßstäbe setze – jemals in Bezug auf die Lebenszykluskosten rechnen würden. Hier ergänzte auch Hermann Kolar: „Und natürlich brauchen diese Systeme auch mehr Wartung.“

Photovoltaik ist im Vormarsch

Ähnlich verhält es sich mit den Plusenergiehäusern. Energieversorger werden immer notwendig sein. Photovoltaik ist natürlich am Vormarsch, über Fernwärme in Großstädten können viele Haushalte versorgt werden. Knackpunkt sind aber nach wie vor die im Moment noch vergleichsweise niedrigen Energiekosten. Und auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen erschweren die gemeinschaftliche Nutzung von Energie. Eingespeist darf der Strom ja nur zu den großen Versorgern werden, die „Nachbarschaftshilfe“ im Sinne der gemeinsamen Nutzung ist nur in Sondermodellen möglich. So wird es beispielsweise im Betreuten Wohnen über den Betreiber und über Energiecontracting möglich, Anlagen zur Energiegewinnung wirtschaftlicher zu nützen.

Energie nach Bedarf über Apps bestellen

Gratz: „Sinnvoll ist am ehesten noch ,Power-to-Heat‘, also die Nutzung der Energie für das Heizen.“ Für die Zukunft wurden aber natürlich auch Modelle in den Raum gestellt, wo Nutzer bei Versorgern Energie nach Bedarf über Apps zu bestellen. Sharing-Formen wie bei Uber oder Airbnb wurden als eher unwahrscheinlich bezeichnet. Loos: „Wir denken sehr viel über eigene Energiegewinnung nach. Aber was mache ich in einer Schule in den zwei Sommermonaten mit dem Strom? Das rechnet sich meistens leider nicht.“ Und Hermann Kolar plauderte aus der Schule: „Im privaten Bereich schaffen das viele, weil es um die eigene Geldbörse geht. Im Büro werden Klima und Heizung so verwendet, wie man es braucht, ohne Blick auf die Kosten. Daran wird im gewerblichen Bereich ein Plusenergiesystem immer scheitern.“

RealCircle (Energieeffizienz) _ 079 @ cityfoto

RealCircle (Energieeffizienz) _ 079 @ cityfoto

Altbestand Sargnagel jeder CO2-Bilanz?

„Dass der Altbestand der Sargnagel jeder CO2-Bilanz sei“, das wollte die Diskussionsrunde mit Sandra Bauernfeind, Geschäftsführerin EHL-Immobilien, Theres Göschl, 6B47 Wohnbauträger, Oliver Pelz, Geschäftsführer Donau-Finanz und Christoph Augustin, Managing Director ECE Projektmanagement Austria, nicht so hart formuliert wissen. Dass die derzeitigen Energiepreise nicht anregend für thermische Sanierungen seien, darin waren sie sich aber sofort einig.

Ebenfalls herrschte Einigkeit, dass Bauträger in erster Linie ihren Investoren verantwortlich sind und gesellschaftspolitische Ziele wie eine bessere Umwelt schwer in Zahlen abzubilden sind. Energetische Sanierungen sind aber bei „alten Neubauten“ der 60er und 70er Jahre sinnvoll, da seit dieser Zeit die Bauweise der Wände und Fenster wesentlich schlechter wurde, als sie noch in der Gründerzeit war. Der historische Baubestand hat meist reich gegliederte Fassaden, da kann man nur bedingt Wärmedämmungen anbringen, z.B. auf der obersten Geschoßdecke oder im Keller. Die Baumaterialien blieben aber auch bis in die frühen 60er Jahre annähernd gleich – dicke Vollziegelwände und Kastenfenster, die dünnen Wände aus Mantelbeton und die Verbundglasfenster kamen erst in den 60- und 70er Jahren in Mode.

Bei gewerblichen Immobilien können energetische Verbesserungen nur im Rahmen von Refurbishments durchgesetzt werden, da hier für die neuen/alten Mieter neben der Steigerung der Attraktivität der Immobilie und des Komforts letztendlich niedrige Betriebskosten zählen. Heutigen Investoren und kommerziellen Mietern ist aber auch eine Zertifizierung wichtig, die nur bei Neubauten oder mit umfassenden Generalsanierungen erreicht werden kann. In einem Shoppingcenter wird heute jedoch an erster Stelle gutes Klima erwartet, auch gutes Licht ist ein Thema - einen niedrigen Energieverbrauch kann man den Konsumenten nicht verkaufen.

Mogelpackung Energieausweis?

Und was ist mit Energieausweis? Ist dieser in der heutigen Form eine Mogelpackung? Bauernfeind hatte gleich eine treffende Antwort parat: „Der Aussagewert des Energieausweises ist ungefähr so verbindlich wie die Plaketten am Kühlschrank!“ Er sei nur ein Anhaltspunkt, aber bei der Vermietung von Wohnungen sicher keine Entscheidungsgrundlage „Da will man doch gerne ein kühles Schlafzimmer und der SUV steht in der Garage.“ Oliver Pelz ergänzte: „Entscheidender für den Energieverbrauch ist das Nutzerverhalten, man kann auch mit einem Auto, für das 5,4 Liter pro 100 Kilometer angegeben werden, mit 9 Litern fahren.“

Bei Sanierungen gebe der Energieausweis aber einen guten Vergleich zwischen vorher und nachher. Daher ist er auch ein Indikator für die erwartbaren Nebenkosten, die doch ein nicht unwesentlicher Entscheidungsparameter bei Verwertungen sind. Es machen aber zu viele Anbieter Werbung mit den Verbrauchswerten, die aber dann nie in der Realität zu halten sind.

Heftig diskutiert wurde, in welchem Maß Immobilien für die CO2-Bilanz verantwortlich seien. Auch hier hatte Bauernfeind einen passenden Vergleich: „Die CO2-Belastung von Klimaanlagen ist kein wirkliches Thema, die wird zu einem großen Teil durch den Methan- ausstoß der Kühe, den Hausbrand von Öl und Holz und die LKWs verursacht!“ Auch über die Erzeugung der Energie machte man sich Gedanken, unter anderem meinte ECE-Manager Augustin: „Wesentlich wäre, wenn die Konsumenten auf grüne Energie umsteigen würden, Windenergie, Wasserkraft, Sonnennutzung – das sollten die Verbraucher bei den Energieversorgern aktiv verlangen und von der Politik aktiv gefördert werden. Nachhaltigkeit ist nicht nur Technik allein, es kann nicht alles der Wirtschaftlichkeit untergeordnet sein. Viele Maßnahmen und Investitionen werden viel zu kurzfristig gedacht. Nachhaltigkeit bedeutet, dass Investitionen für eine Zukunft getätigt werden, die man selbst nicht mehr erlebt.“

Energieeffizienz in den Köpfen verankern

Stellt sich die Frage, wie dieses nachhaltige Denken, wie Energieeffizienz in den Köpfen der Verantwortlichen verankert werden kann. „Die Optionen liegen auf dem Tisch. Fördern, zwingen oder gar nichts tun“, brachte es Martina Jochmann, Energiekomfort, auf den Punkt. Wobei sie im selben Atemzug Zwang gleich wieder von der Liste strich. „Es müssen Anreize geschaffen werden.“ Doch wie soll das bei den aktuell niedrigen Energiepreisen funktionieren? Sind die Preise im Keller, will niemand investieren – weil die Energie ja so billig ist.Ist sie hingegen teuer, ist kein Geld zum Investieren da, weil … eben, die Energiekosten jeden Spielraum nehmen. „In Rumänien wird derzeit ein höchst aktuelles Projekt diskutiert“, brachte sich Harald Engelke, IMMOFINANZ AG, in die Diskussion ein. „Rumänien hat eine relativ hohe Grundsteuer. Ist die Immobilie zertifiziert, zahlt man weniger. Bei Top-energieeffizienten Gebäuden soll die Steuer sogar komplett entfallen.“ Das sollte doch Anreiz genug sein. Doch da kommt auch schon der Minuspunkt. Solange man die Grundsteuer auf den Mieter umlegen kann, wird die Bereitschaft der Eigentümer zu investieren gering sein. „Denn das ist das eigentliche Problem“, meldete sich nun auch Thomas Gell, Vienna Estate Immobilien AG, zu Wort. „Das Hauptproblem ist zum Beispiel in Zinshäusern, dass derjenige der investiert, in Folge nicht von den Einsparungsmaßnahmen profitiert – egal ob es sich um eine Fenster- oder Kaminsanierung handelt.“ Denn auch im Wohnungseigentum ist die Sachlage alles andere als einfach, wenn viele unterschiedliche Interessen unter einen Hut gebracht werden müssen.

Warum aber sollte ein Wohnungseigentümer investieren, wenn er, sofern seine Wohnung unter den Vollanwendungsbereich des MRG fällt, nach der Sanierung keinen Cent Mietzinserhöhung lukrieren kann? Für Jochmann steht fest: „Die vielen Eintrittsrechte sollten auf Sinnhaftigkeit und Zweckmäßigkeit überprüft werden. Hier handelt es sich definitiv um Eingriffe in Eigentumsrechte.“ Hier wäre der Gesetzgeber gefordert, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu ändern. Ob man diesen großen Wurf der aktuellen Bundesregierung zutraut? Wohl eher nicht.

RealCircle (Energieeffizienz) _ 096 @ cityfoto

RealCircle (Energieeffizienz) _ 096 @ cityfoto

 System wird fehleranfälliger

Eines ist den Diskutanten klar. Die Bauphysik wird immer mehr ausgereizt. „Damit wird das System auch fehleranfälliger“, so Engelke. „Da können sich dann schon einmal die angestrebten Effekte in Luft auflösen.“ Engelke ist überzeugt, dass die Energieeffizienz durchaus gesteigert werden könnte. „Es sollte doch möglich sein, die Effizienz der Photovoltaik von derzeit 20 Prozent deutlich zu steigern.“ Die Solarthermie hingegen findet Engelke bereits ausgebaut. „Mit Photovoltaik und neuen Speichertechnologien könnten viele Probleme gelöst werden“, ist er überzeugt.

Das große Problem sei, dass bei vielen Privaten das Thema „Energieeffizienz“ keine Rolle spiele. Warum wir aber zu in Europa vorbildlichen Mülltrennern, Altglas- und Altpapiersammlern zählen – obwohl uns das keinen einzigen Cent Ersparnis bringt – blieb der Diskussionsrunde ein Rätsel. Obwohl - so ganz nicht stimmt das nicht, warf Jochmann ein. „Durch die Mülltrennung fällt weniger Restmüll an, der entsorgt werden muss – damit sollten die Müllgebühren auch sinken.“ Ob die Mieter soweit denken, darf aber bezweifelt werden. Das Resümee: „Energieeffizienz im privaten Bereich ist gut und lobenswert – am besten, es machen die anderen. Selbst werden Maßnahmen nur dann gesetzt, wenn sie nichts kosten, Einsparungen bringen und den Komfort erhöhen.“