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Eierlegende Wollmilchsau

Die Nachhaltigkeitsinitiative UMWELT+BAUEN stellte ein Programm zur Umsetzung des europäischen Aufbauplans „Next Generation EU“ in Österreich vor. Es geht um die Wohnhaussanierung, die Sanierung kommunaler Infrastruktur und die Sanierung öffentlicher Gebäude.
Michael Neubauer
NEUBAUER, Michael
NEUBAUER, Michael
© REMG

Die Baubranche boomt, allerorts herrschen Engpässen bei Baumaterialien - der Ruf nach einem Konjunkturprogramm wirkt auf den ersten Blick weit hergeholt. 

Dessen ist sich Robert Schmid, Obmann des Fachverbandes Steine+Keramik, durchaus bewusst. "Aber es kommen auch andere Zeiten und darauf muss man vorbereitet sein. Das Thema muss viel langfristiger angegangen werden."  Im Rahmen der Nachhaltigkeitsinitiative UMWELT+BAUEN hat man deshalb ein Konjunkturprogramm bis 2040 ausgearbeitet, von dem die Bauwirtschaft, die Haushalte und Unternehmen, die Energieversorger und letztendlich die gesamte Bevölkerung profitieren soll. 

Ein Plan, der an eine eierlegende Wollmilchsau erinnert. Auf den Punkt gebracht: Die Ziele sind ehrgeizig - aber Papier ist geduldig. Die Initiative ist auf drei Stufen aufgebaut und soll in Etappen bis 2040 umgesetzt werden und beinhaltet:

  • Sanierung der 60.000 öffentlichen Gebäude
  • Innovative Sanierung bis zum Haus (Infrastruktur)
  • Sanierung und Nachverdichtung am und im Haus (Wohngebäude)

So weit so gut. Auch weitere Punkte lesen sich auf den ersten Blick sehr gut. Doch Papier ist eben geduldig.

  • EU-Programme und niedriges Zinsniveau für Investitionen in die Infrastruktur von Gebäuden, in die Sanierung öffentlicher Gebäude und von Wohngebäuden zum „Rausfinanzieren aus der Krise“ nutzen. 
  • Gemeinden, Städte und Infrastruktur zu Gewinnern der Krise machen.
  • Konjunktur ankurbeln, Klima schützen, Arbeitsplätze sichern und Wohnen lebenswerter machen – all das ist möglich über eine klimafitte Gebäudesanierungsoffensive für Infrastruktur und Wohnen. 
  • Hunderttausende Altbauwohnungen klimafit und digital ins 21. Jahrhundert bringen. 
  • Durch klimafitte Wohnungen und zeitgemäße Infrastruktur Energie sparen, Betriebskosten leistbarer machen und Klima schützen.
  • Unterstützung des Klimaschutzprogrammes KLIMAAKTIV des Bundes. 
  • Wohnkostenanteil am Haushaltseinkommen stabilisieren. 
  • Mit der Initiative können jährlich bis zu 100.000 Arbeitsplätze geschaffen und gesichert werden.

Doch wer soll das finanzieren? 

  • Zusätzliche Mittel sollen passend zu den jeweiligen Investitionen aus drei antriebsstärkenden Quellen kommen (Wohnbauförderung, EIB-Programme, EU-Aufbauplan).
  • Die klimafitte Umrüstung der Gebäude kann als nachhaltige Nutzungssicherung auf Zeiträume von bis zu 30 Jahren verteilt werden.
  • Die Koordination der Finanzierungsmittel von Bund, Ländern, EU-Wiederaufbaufonds, EIB, privaten Finanzierungsquellen ermöglicht langfristige Lastenverteilung der Investitionen und verstärkt den Antriebseffekt.

Wie soll das funktionieren? Bis 2040 müssen die Gebäude "klima-fit" sein, doch die Sanierungsrate ist derzeit so niedrig wie seit zehn Jahren nicht mehr. Hat sich jemand ausgerechnet wieviel das kosten wird. Auch wenn "die klimafitte Umrüstung der Gebäude als nachhaltige Nutzungssicherung auf Zeiträume von bis zu 30 Jahren verteilt werden kann", muss diese erst einmal finanziert werden.

Keine Rede im Papier ist von längst fälligen Änderungen im Wohnungseigentums- und Mietrecht. Stichwort Neuregelung der Rücklage und effizientere Regelungen der Willensbildung. "Hunderttausende Altbauwohnungen klimafit und digital ins 21. Jahrhundert bringen." Auch hier stellt sich die Frage, wie soll das funktionieren? Im Mietrecht wäre ein besonders starker Treiber, wenn Wohnungen im Vollanwendungsbereich (also vor 1945 errichtete Gebäuden) "bei entsprechend hoher Qualität der Sanierung" angemessen vermietet werden könnten. Doch davon kein Wort. Vielleicht sollte auch die Aussetzung der Erhöhung der Richtwertmieten nicht immer wieder als Weisheit letzter Schluss eingesetzt werden. Rechtssicherheit sieht anders aus. 

Immobilien-Eigentümer und Vermieter wurden von der Bundesregierung in der Pandemie bisher eiskalt im Regen stehen gelassen. Für eine klimafitte Gebäudesanierungsoffensive sollen sie jetzt in ihre Taschen greifen? Da sind wohl nun in einem ersten Schritt vertrauensbildnde Maßnahmen von Nöten.