Signa-Gründer René Benko soll die Macht im Signa-Konzern abgeben. Benko zieht sich aus der Führung der Signa Gruppe zurück. Das hat Signa bekanntgegeben. Ein Schritt, der allseits erwartet wurde. Aber: Die Machtverhältnisse sind damit wohl nicht geklärt.
Denn Benko hat nur den Vorsitz des Beirats der Signa Holding abgetreten. Benkos Posten wird vom Insolvenzverwalter und Unternehmenssanierer Arndt Geiwitz übernommen. Der hatte bereits zweimal die Signa-Tochter Galeria Karstadt Kaufhof durch ein Insolvenzverfahren geführt. Der Haken an der Sache: Der Beirat verfügt über keine operative Befugnis, sondern besitzt lediglich beratende Funktion.
Eines gleich vorweg: Als Insolvenzverwalter werde Geiwitz bei Signa nicht in Erscheinung treten, so die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Denn Geiwitz sei eindeutig Partei: Zweimal habe Benko ihn schon als Generalbevollmächtigten engagiert, um die Warenhauskette Galeria vor dem Aus zu bewahren.
In einem Brief an Benko hatten vor mehreren Wochen mehrere Investoren der weit verzweigten Signa Gruppe gefordert, dass der Firmengründer seine Anteile als Haupteigner treuhänderisch an Geiwitz übergibt – und somit auch die Position als Generalbevollmächtigter.
Allein die Tatsache, dass dieser Brief an die Öffentlichkeit geriet, lässt auf heftige Streitigkeiten zwischen den Investoren und Benko schließen. Normalerweise werden derartige Diskussionen diskreter abgewickelt. Dass Benko die Macht nicht so ohne weiteres abgeben wird, lässt die SIGNA Pressemitteilung vermuten. Geiwitz werde zwar auch den Vorsitz des Gesellschafter-Komitees der Signa Holding übernehmen, aber „die Familie Benko Privatstiftung bleibt weiterhin größter Gesellschafter der Holding“. Alle wichtigen Entscheidungen dürften damit auch in Zukunft bei Benko liegen, urteilt nicht nur die Süddeutsche Zeitung. „Formal richtig ist zwar, dass sich Benko aus der Führung der pleitebedrohten Signa-Gruppe zurückzieht. Der Milliardär tritt als Vorsitzender des Beirats der Signa Holding zurück. In dieser Funktion hatte er allerdings ohnehin keine operative Befugnis. „Der Rückzug ist insofern eher etwas für die Fassade“, bringt es die Süddeutsche Zeitung auf den Punkt und kritisiert das Vorgehen scharf: Geiwitz übernehme also nicht die Funktion des Generalbevollmächtigen, wie mehrere Investoren in einem Brief an Benko gefordert hatten, darunter auchHaselsteiner.
Die Formulierung in der Signa-Presseausendung „Die Familie Benko Privatstiftung bleibt weiterhin größter Gesellschafter der Holding“, lässt den Eindruck zu, dass Geiwitz das von den Investoren gewünschte Recht zum Durchgreifen verwehrt bleibt, damit damit dürfte Benko weiterhin das letzte Wort haben.
Es bleibt also unklar, wer nun bei Signa die Fäden in der Hand hat. Eines scheint aber auch klar: Geiwitz soll die Insolvenz verhindern. Dafür müsse er das verstrickte Firmendickicht durchdringen, heißt es etwa bei der Immobilien Zeitung. Viele wichtige Informationen habe allerdings ausschließlich Benko selbst. Ohne aktive Mitwirkung von Benko wird es wohl schwierig werden, Transparenz in die aktuelle Finanzlage zu bringen und damit schwer werden, Geldgeber zu finden, die bereit sind, frisches Kapital für die Konsolidierung der Unternehmensgruppe zu investieren.
Für Beobachter steht daher außer Zweifel, dass Benko bis zur Übergabe an Geiwitz das Sagen hatte. Selbst soll sich Benko auch des Öfteren „Chairman“ genannt haben. Über seine Familienstiftung hält der 46-Jährige außerdem indirekt die Mehrheit der Anteile an der Holding.
Benko - faktischer Geschäftsführer?
Möglicherweise ist Benko daher als „faktischer Geschäftsführer“ zu bezeichnen, den auch Haftungen treffen können. Rechtsanwalt und Immobilienrechts-Experte Alfred Nemetschke (Nemetschke Huber Koloseus Rechtsanwälte GmbH): „Faktischer Geschäftsführer ist, wer - ohne förmlich bestellt zu sein - maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung nimmt, womit es nicht darauf ankommt, ob es sich um einen Angestellten, Gesellschafter, Angehörigen oder Außenstehenden handelt. Regelmäßig wird faktische Geschäftsführung dann bejaht, wenn die eigentlich bestellten Geschäftsführer als Strohmänner ihre Organfunktionen nicht ausüben und stattdessen ein anderer (meist ein Mehrheitsgesellschafter) die Gesellschaft tatsächlich leitet. Zumeist wird auch ein nach außen erkennbares Gerieren wie ein Geschäftsführer als erforderlich erachtet.
Für den Fall der Konkursverschleppungshaftung ist aus der Teleologie des § 69 Abs 3 IO eine Orientierung an der formellen Organfunktion zu fordern und daher zu verlangen, dass es sich beim faktischen Geschäftsführer um eine Person handelt, die dauerhaft und ausgeprägt den Platz eines zum Insolvenzantrag legitimierten Organs einnimmt."
Restrukturierung
Geiwitz hat mittlerweile Ralf Schmitz als neuen CRO (Chief Restructuring Officer) an Bord geholt. „Ziel ist es, bis Ende des Monats November einen Plan für die wesentlichen Schritte der Restrukturierung zu erarbeiten und den Gesellschaftern zu präsentieren. Wir werden diese wichtigen Aufgaben mit Bedacht und Vernunft angehen. Es gilt zum einen alle Bereiche der Signa Gruppe auf den Prüfstand zu stellen und zum anderen langfristige Lösungen zu finden. Mit diesem nächsten konsequenten Schritt schaffen wir weiteres Vertrauen in der jetzigen Situation. Die Qualität des SIGNA Prime Portfolios ist hervorragend, die Entwicklungsperspektive der Development-Projekte, die in den Toplagen der deutschsprachigen Metropolen liegen, ist sehr gut,“ wird Geiwitz in einer Signa-Pressemeldung zitiert.
In der Zwischenzeit haben die Liquiditätsprobleme bereits zu etlichen Planungs- und Baustopps der beiden Tochterfirmen Signa Prime und Signa Development geführt. Betroffen sind etwa der Bau des Hamburger Elbtowers und die Planungen der Karstadt-Standorte in Berlin, darunter der am Kurfürstendamm. Beim Umbau der Alten Akademie in München soll es vorerst weitergehen.
Gruppe benötigt frsiches Geld
Wie es um die Finanzen der Signa-Gruppe wirklich steht, sei von außen kaum einzuschätzen, so Leonhard Dobusch, Ökonom und wissenschaftlicher Leiter des arbeitnehmernahen Momentum Instituts, der sich seit langem mit dem Konzern beschäftigt. Die Gruppe benötigt aber wohl rasch frisches Geld, um ihr Geschäftsmodell aufrechtzuerhalten, erklärt Dobusch.
Nach Ansicht des deutschen Handelsexperten Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein deuten alle Signale darauf hin, „dass es nicht nur Zahlungsschwierigkeiten gibt, sondern das Unternehmen unter Umständen kurz vor einer Insolvenz unter Umständen steht". Ob Geiwitz die Restrukturierung gelingen werde, sei jedoch fraglich, so Heinemann. In den nächsten Wochen stünden etliche Refinanzierungen an, und die Banken seien von der deutschen Bankenaufsicht angewiesen worden, "genauer hinzuschauen, was offensichtlich in der Vergangenheit nicht der Fall war. Und da wage ich zu bezweifeln, dass die Banken einfach nur durch ein Schönreden sich hinhalten lassen." Vieles sei bei dem Firmengeflecht von rund 1.000 Firmen unklar, so der Experte. Zwischen diesen Firmen würden auch Geschäfte laufen und die gegenseitigen Haftungen seien nicht geklärt.
Den vollständigen Artikel finden Sie in der Ausgabe 05/2023 des ImmoFokus.