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Einigung über Mietpreisbremse droht zu platzen

Die Einigung über eine Mietpreisbremse, die die starken Steigerungen bei den Richtwertmieten abfedern sollte, droht zu platzen. Bis zur heutigen Sondersitzung des Nationalrats konnten sich ÖVP und Grüne auf keinen gemeinsamen Antrag einigen. Damit ist ein Beschluss noch vor Inkrafttreten der nächsten Richtwert-Erhöhung unwahrscheinlich geworden.
Michael Neubauer
Verhandlungen scheitern
Verhandlungen scheitern
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Die Ausgangsposition ist so, dass die Richtwertmieten, die sich am Verbraucherpreisindex orientieren, ab 1. April um 8,6 Prozent steigen sollen. Dies wollte man in der Koalition an sich verhindern. Ein zuletzt diskutiertes Modell sah vor, dass die Erhöhung über mehrere Jahre gestreckt werden soll. VP-Verhandler Andreas Ottenschläger erklärte gegenüber der APA, dass seine Partei hier für zwei Jahre eingetreten sei. Die Grünen wollten die Erhöhung dem Vernehmen nach über drei Jahre strecken.

Ottenschläger betont, dass die Erhöhung in dieser Dimension für manche Haushalte sicher eine Herausforderung sei, andererseits müssten sich auch die Vermieter auf die geltenden Regelungen verlassen können. Zudem kämen auf diese etwa in Sachen thermischer Sanierung entsprechende Herausforderungen zu. Diesbezüglich plädiert die ÖVP für eine Sanierungsoffensive unter anderem mit attraktiveren Abschreibungsmöglichkeiten. Hier sei man mit den Grünen auch nahe beisammen gewesen, erklärte der ÖVP-Verhandler.

Gehakt hat es in einer anderen Angelegenheit. Denn die Volkspartei wollte die Mietpreisbremse mit einem Freibetrag bei der Grunderwerbssteuer (laut Auskunft des Finanzministeriums beispielsweise 500.000 Euro) kombinieren. Zudem sollte u.a. die Eintragungsgebühr fallen. Ottenschläger argumentiert, dass man jungen Menschen so den Erwerb von Eigentum erleichtern habe wollen.

Die Grünen sehen das ein wenig anders. Die steuerfreien 500.000 Euro würden auch Leute lukrieren, die sich eine Millionen-Villa kaufen. Zudem fehle die Gegenfinanzierung. Da gehe es um dreistellige Millionenbeträge, die ausfielen, so die Grünen laut Ö1-"Morgenjournal".

Laut Finanzministerium handelt es sich um keine neue Forderung, die Vorschläge zur Grunderwerbssteuer seien bereits vor Monaten an den Koalitionspartner übermittelt worden, hieß es gegenüber der APA. "Es muss um mehr gehen als um Mieten, man muss auch an die anderen denken, die nicht in Richtwert-Mieten wohnen", sagte Rupert Reif, Pressesprecher des Finanzministers Magnus Brunner (ÖVP), zur APA. Nur geschätzt 300.000 bis 400.000 Mieten in Österreich zählten zu den Richtwerten, drei Viertel davon seien Altbaumieten in Wien. Es gehe vielmehr um ein generelles Wohnpaket, ein Teil davon sei die Mietpreisbremse.

"Dass ÖVP und Grüne eine bereits kolportiere Einigung über eine Mietpreisbremse platzen lassen und damit zulassen, dass hunderttausende Mieter*innen fast zehn Prozent mehr Miete zahlen müssen, ist eine 'sozialpolitische Katastrophe'", so SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried in einer ersten Reaktion. Die Folgen: Betrug die Richtwertmiete zum Beispiel einer 80-Quadratmeter-Wohnung in Bregenz im April 2022 784,9 Euro, wird sie ab Mai 2023 - nach zwei Erhöhungen - 903,6 Euro betragen. "Das sind Mehrkosten für die Mieter*innen von 1.423,9 Euro im Jahr - also fast zwei Monatsmieten", rechnete Leichtfried vor.

"Die Miete ist einer der Preistreiber, die es den Menschen immer schwieriger macht, ihr Leben zu bestreiten - die Politik kann es sich nicht leisten hier untätig zu bleiben, da muss jetzt gehandelt werden", so ÖGB-Vizepräsidentin Korinna Schuhmann zum Verhandlungsstopp der Regierungsparteien. Das vorläufige Scheitern der Mietpreisbremse sei eine "Katastrophe für mindestens 400.000 Haushalte in Österreich, deren Miete in wenigen Wochen noch einmal deutlich in die Höhe schnellen könnte".

"Die Regierung muss jetzt handeln", forderte AK-Präsidentin Renate Anderl. "Es ist jetzt keine Zeit für Streitereien." Die Bundesregierung müsse das sofort angehen und ein Gesetz auf den Weg bringen. "Dass Mietendeckel funktionieren, zeigen Erfahrungen in Europa, zum Beispiel Spanien, Portugal etwa haben die Mieten bei zwei Prozent gedeckelt, Frankreich bei 3,5 Prozent." Es sei "unredlich, aus der finanziellen Zwangslage der Mieterinnen und Mieter politischen Gewinn für andere Gruppen erzielen zu wollen, die finanziell wohl deutlich bessergestellt sind".

"Die unablässigen Mieterhöhungen haben zusammen mit explodierenden Energiepreisen und verteuerten Lebensmitteln viele Menschen in finanzielle Not gebracht", betonte der Präsident der Mietervereinigung Österreichs, Georg Niedermühlbichler. "Wir fordern seit Monaten eine Mietpreisbremse, um Mieterinnen und Mieter endlich zu entlasten", so der MVÖ-Chef in einer Aussendung. "Dass die Mieten wirksam begrenzt werden können, zeigen zahlreiche Länder in Europa vor."

Aus der Opposition meldete sich - neben der SPÖ - auch die FPÖ zu Wort: "Jetzt ist die Katze aus dem Sack: Die ÖVP wollte Mieter niemals vor der Inflation schützen", sagte Bautensprecher NAbg. Philipp Schrangl und bezeichnete die Bundesregierung als "Wohnkostentreiber Nummer eins".

Noch ist der Zug nicht ganz abgefahren. Ob es bis Anfang April noch Bewegung geben wird, könne er jetzt nicht sagen, meint Ottenschläger. An sich habe man konstruktiv verhandelt, sei sich aber nicht ausreichend näher gekommen. Der normale parlamentarische Weg, der heute die Zuweisung eines entsprechenden Antrags und den Beschluss kommende Woche vorgesehen hatte, kann jedenfalls nicht beschritten werden. Etwa über Sondersitzungen wäre eine entsprechende Vereinbarung aber noch rechtzeitig umzusetzen, sollte das gewünscht sein.

Von Expertenseite käme Rückenwind für eine Lösung: "Die Aufteilung der Erhöhung der Richtwertmieten auf 3 Jahre wäre eine sinnvolle Lösung in einer höchst schwierigen Situation", schreibt Wifo-Chef Gabriel Felbermayr am Freitag auf Twitter. Die Förderung der thermischen Sanierung ist aus seiner Sicht ein taugliches Gegengeschäft. "Grundsteuer und Grunderwerbssteuer gehören reformiert. Aber im Rahmen des Finanzausgleichs und als Teil eines Pakets", so Felbermayr. (apa)