Als Verbandsobmann der gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) kann ich zu Recht auf unsere Unternehmen stolz sein. Im abgelaufenen Jahr 2022 stellten die 182 GBV rund 16.700 Wohnungen fertig. Damit haben die GBV sechs Prozent mehr fertiggestellt als im Vorjahr und liegen auch vier Prozent über dem Zehn-Jahres-Durchschnitt von 16.100 Wohnungen. So schaffen wir Jahr für Jahr leistbares Wohnen für tausende Österreicherinnen und Österreicher.
Diese Bauleistung zeigt auch, dass wir ein bedeutender Wirtschaftsfaktor sind. Denn mit einem Investitionsvolumen von rund fünf Milliarden Euro für Neubau und Sanierung sind die GBV auch in Krisenzeiten ein wichtiger Konjunkturmotor und ein verlässlicher Partner für Wohnungssuchende, die Bauwirtschaft, die Banken und die Politik.
Knick beim Bauen
Für alle Bundesländer zeichnet sich aber bereits ein einheitlicher Trend ab: 2023 wird die Bauleistung voraussichtlich annähernd gleichbleiben, und ab 2024 scheint die Baukonjunktur deutlich zurückzugehen. Die Zahl der in Bau befindlichen GBV-Wohnungen beläuft sich mit Anfang 2023 auf 29.200. Dieser Wert liegt acht Prozent unter dem Zehn-Jahres-Durchschnitt von 31.700. Noch deutlicher sind die Baubewilligungen zurückgegangen, die mit 12.700 um 24 Prozent unter dem Zehn-Jahres-Schnitt von 16.800 liegen.
Die Gründe für den Rückgang an Baubewilligungen sind vielfältig. Das beginnt bei den viel zu hohen Grundstückskosten in vielen Ballungsräumen. Aber auch die enorm gestiegenen Baupreise und die höheren Kreditzinsen machen sich bemerkbar. Die Materialkosten sind innerhalb von drei Jahren um 36 Prozent gestiegen, die Arbeitskosten um neun Prozent. Die Steigerung war rasant und es zeichnet sich noch kein Rückgang ab, sondern eine Stabilisierung auf einem sehr hohen Kostenniveau.
Reaktionen nötig
Der starke Rückgang der Baubewilligungen zeigt den Ernst der Lage. Vor allem bei der Wohnbauförderung herrscht aus meiner Sicht Handlungsbedarf. Beim Thema Wohnen ist und war das seit Jahrzehnten bewährte System der österreichischen Wohnbauförderung ein weit über die Grenzen Österreichs geschätztes Mittel für leistbares Wohnen. Doch genau hier gab es in den letzten Jahren immer mehr finanzielle Rückschritte. Die öffentliche Hand konnte in den letzten mehr als zehn Jahren aufgrund der günstigen Kapitalmarktzinsen erhebliche Mittel bei der Wohnbauförderung einsparen. Während vor 25 Jahren rund 2,3 Milliarden Euro (rund 1,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) für Wohnbauförderung eingesetzt wurden, belaufen sich die Wohnbauförderungsmittel zuletzt nur noch auf 1,8 Milliarden (rund 0,4 Prozent des BIP). Ich denke, nunmehr ist es wieder erforderlich, diese Mittel aufzustocken. Nur so kann man langfristig leistbares Wohnen für möglichst viele Menschen in Österreich gewährleisten.